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Integrationsminister Stamp im Interview„Wir ersetzen Dealer durch Azubis“

Lesezeit 3 Minuten
Joachim Stamp

Joachim Stamp (FDP)

  1. Vize-Ministerpräsident und NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) reist am Wochenende ins afrikanische Partnerland Ghana.
  2. Zuvor sprach er mit Matthias Korfmann über Abschiebung und Arbeitskräfte aus dem Ausland.

Herr Stamp, was führt Sie nach Ghana?

Mein Ziel, nicht nur bei dieser Reise, ist: Irreguläre Migration reduzieren und reguläre Migration insbesondere in den Arbeitsmarkt fördern. Wir eröffnen ein Informations- und Förderzentrum für Rückkehrer am Flughafen in Accra. Ich möchte in Ghana darüber sprechen, wie man Menschen im Land halten oder bei ihrer Rückkehr zügig reintegrieren kann und wie legale Zuwanderung nach Deutschland möglich ist. Ich denke an Jobbörsen und Visa-Erleichterungen etwa für Studierende und Azubis.

Brauchen wir Zuwanderung aus Afrika?

Das NRW-Handwerk und die Industrie- und Handelskammern erwarten, dass wir uns um Zuwanderung von dringend benötigten Arbeitskräften kümmern. Fachkräftemangel wird zur Bedrohung für unseren Wohlstand.

NRW-Zahlen

Der Zulauf von Geflüchteten nach NRW geht laut Landesregierung nach einem Anstieg im vorigen Jahr wieder zurück. Im November wurden rund 4600 Geflüchtete registriert, im Januar etwa 2500. Hauptherkunftsländer: Syrien, Irak, Afghanistan. Im Jahr 2021 hat NRW laut Bundesstatistik 31500 Flüchtlinge aufgenommen. Abgeschoben wurden rund 2900 Menschen (Bund: rund 12000). Mitte Februar waren 11571 Asylsuchende in Landeseinrichtungen untergebracht. Aus Ghana, das als „sicheres Herkunftsland“ gilt, kamen 2021 insgesamt 150 Asylsuchende. Anerkennungsquote: ein Prozent. 85 Ghanaer wurden abgeschoben. (mk)

Sie waren an den Ampel-Verhandlungen zur Migration beteiligt. Worum geht es da?

Wir organisieren einerseits reguläre Arbeitsmigration, andererseits müssen wir konsequent diejenigen abschieben, die sich hier nicht an die Spielregeln halten. Bildlich zugespitzt ersetzen wir die Dealer aus dem Görlitzer Park in Berlin durch Landsleute von ihnen, die hier arbeiten, studieren oder eine Ausbildung machen. Dafür brauchen wir praxistaugliche Migrationsabkommen mit den wesentlichen Herkunftsländern.

Das wären viele Länder.

Es sollte mit dem Maghreb, also Tunesien, Algerien und Marokko begonnen werden. Von dort kommen viele Asylsuchende, aber weniger als zehn Prozent werden anerkannt.

Viele bleiben dennoch.

Die Asylverfahren sind zu lang und das Rückführungsmanagement zwischen Bund, Ländern und Kommunen insgesamt nicht immer gut genug abgestimmt. Nötig ist eine Beschleunigung und qualitative Verbesserung der Verfahren: Gerichte werden eingeschaltet, die Verfahren verlängern sich weiter, die Menschen sind dann schon teilintegriert.

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Integration ist ja gut…

Stimmt. Wer in den zurückliegenden Jahren die ungewisse Verfahrenszeit genutzt hat, sich zu integrieren, die deutsche Sprache zu lernen, straffrei ist und Arbeit hat, der soll bleiben können. Wir können es uns nicht erlauben, eine einzige Arbeitskraft, die sich integriert hat und an die Spielregeln hält, abzuschieben. Es darf aber nicht so bleiben wie bislang, dass jemand über einen Asylantrag kommt, der keinerlei Chance auf Asyl hat, um sich dann hier eine Arbeit zu suchen. Dafür will der Bund parallel die „Bluecard“ reformieren. Dann reicht ein Arbeitsvertrag für die legale Einreise. Das war bisher nicht möglich, deshalb nahmen viele den Umweg über das Asyl. Wer künftig weiter diesen Umweg nimmt, darf nicht belohnt werden. Der wird zurückgeschickt.

Asyl ist aber ein Menschenrecht.

Humanitärer Schutz wird natürlich nicht abgeschafft. Der gilt weiter für jene, die individuell verfolgt oder Bürgerkriegsflüchtlinge sind, sie machen aber nur ein Drittel der Asylsuchenden aus. Das heißt, zwei Drittel derer, die wir im Asylsystem haben, gehören nicht dorthin. Menschen, die in Deutschland arbeiten wollen, sollten eine faire Chance auf den regulären Arbeitsmarkt haben. Stattdessen landen sie bei uns in Unterbringungseinrichtungen, ihre Verfahren dauern Jahre, um dann doch oft mit einer Ablehnung zu enden. Und zehn Kilometer weiter gibt es einen Betrieb, der sie gerne ausbilden würde.