Ähnlich wie der Sammler Ferdinand Franz Wallraf retteten die Brüder Boisserée während der Säkularisation Bilderschätze aus Köln.
Von Köln bis MünchenVom Aufstieg der Brüder Boisserée zu bedeutenden Sammlern
Ferdinand Franz Wallraf, dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 200. Mal jährt, gilt aufgrund seines unermüdlichen Einsatzes zur Rettung der Kölner Kunstschätze im Zuge der Säkularisation als herausragender Sammler und wichtiger Impulsgeber für die Stadt. Zeitgleich sammelten aber auch die Brüder Boisserée, die anders als Wallraf nicht alles in der Stadt halten wollten und vielmehr Handel mit den Bildern betrieben. Es gab einen Widerstreit. Aber wo sind ihre Bilder geblieben?
Betuchte Kaufmannsfamilie
Boisserée ist heute ein Name nicht nur in Köln, sondern auch in München. Im Karneval wird auch die Geschichte Kölns wieder lebendig. Sie reicht bis in die Zeit zurück, als die Stadt französisch besetzt war, in das Jahr 1804, als Napoleon sogar die Stadt besucht hat. Nach der Säkularisation 1803, wo die Klöster aufgelöst und die Kirchen geplündert wurden, führt die Geschichte in ein Jahr der großen Umbrüche. Der junge Sulpiz Boisserée (1783-1854) und sein Bruder Melchior (1786-1851) entstammten einer betuchten Kölner Kaufmannsfamilie, in der auf Bildung hoher Wert gelegt wurde.
So hatten die beiden sich 1803 auf eine Parisreise begeben, „um die unermesslichen Schätze zu sehen, welche die französischen Revolutionstruppen und die Armeen Napoleons aus ganz Europa im Louvre zusammengetragen hatten.“ Sie staunten vor dem 1528/29 entstandenen Schlachtenbildnis der „Alexanderschlacht“ von Albrecht Altdorfer, das für die Münchner Residenz gemalt wurde. Ab 1815 ist dieses Gemälde wieder zurück in der Alten Pinakothek. Für die beiden Brüder Boisserée hatte sich nach ihrer Rückkehr aus Paris die Welt verändert. Als sie einmal in Gesellschaft ihres Hauslehrers August Wilhelm von Schlegel über den Kölner Neumarkt gingen, begegneten ihnen Leute, die Bahren voller Kunstgegenstände zogen, mitten darin goldschimmernde Altarbilder.
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Tafelbild als Taubenschlag
Die Fuhre war auf dem Weg zu Trödlern und Händlern. „Manches Tafelbild war so sogar zu einem Fensterladen, Taubenschlag, Tischblatt oder Schirmdach, wenn nicht sogar als Brennmaterial verbraucht worden“, schreibt Sulpiz. Es galt zu retten, was zu retten war, und die Brüder Boisserée begannen zu sammeln. Schlegel schrieb darüber: „Es gehören diese Bilder… immer noch unter die sehr vorzüglichen und schönsten Altherthümer der niederdeutschen Kunst.“
Dass die Einschätzung nicht übertrieben ist, beweist der Besuch heute in der Alten Pinakothek in München. Prunkvoll ist der Bartholomäusaltar mit dem Heiligen in der Mitte umgeben von Agnes und Cäcilia, oder auch der kostbare Columbaaltar von Rogier von der Weyden mit dem Weihnachtsszenarium, in dem sich der Kölner Bürgermeister Hirz als Stifter verewigt hat. Stefan Lochner ist mit den Flügelgemälden aus seinem „Weltgerichtsaltar“ ebenso mit dabei wie Albrecht Dürer mit den Flügeln des Jabach-Altars.
Galerie im Minoritenviertel
Jabach war schon Finanzminister unter Ludwig XIV., wie der Kunsthistoriker und Mittelalterforscher Hans-Martin Schmidt berichtet, der die diese Kölner Altarbilder 1969 in seine Dissertation über den „Meister des Marienlebens“ einbezogen hat. Obwohl er die Spuren der Sammlung Boisserée genau verfolgt, ist und bleibt die Zuordnung schwierig, da die Werke nicht signiert waren und Imitationen nicht nur zulässig, sondern selbstverständlich waren. Die Sammlung Boisserée wuchs und wuchs. Die beiden Brüder wollten sie zunächst 1815 in Heidelberg, im damaligen Hauptquartier der alliierten Streitmächte, verkaufen, dann in Stuttgart, was sich mit dem Tod der jungen Königin Katharina zerschlug, bis der bayrische König Ludwig I. die Sammlung mit 215 Bildern für 140.000 Gulden für die Münchner Pinakothek erwarb.
1838 gründeten zwei Neffen der Brüder Boisserée im Kölner Minoritenviertel die Galerie Boisserée, die heute als die älteste, durchgängig bis heute betriebene Galerie Deutschlands gilt. Das Signum blieb, auch seitdem die Familie Schilling den Kunsthandel mit Grafik der Moderne bis heute weiterführt.