AboAbonnieren

„Studio Trafique“ öffnet den VorhangKöln-Nippes hat jetzt ein neues Theater

Lesezeit 4 Minuten
nab220503_Studio_Trafique_03

Studio Trafique:  (v.l.) Björn Gabriel, Anna Marienfeld, Stephan Weigelin, Lisa Reutelsterz und Franziska Schmitz

Köln – „Das war jetzt schon eine sehr antizyklische Entscheidung“, räumt Anna Marienfeld ein, „aber für uns ist es ein logischer Schritt – auch und gerade jetzt.“ Dass die Kultur und besonders die Theaterszene stark unter der Coronakrise zu leiden hatten, ist hinlänglich bekannt. Auch wenn, anders als in anderen Städten, in Köln (bisher) kein Theater pandemiebedingt schließen musste, sind die durch temporäre Veranstaltungsverbote und verringerte Auslastung verursachten wirtschaftlichen Schäden noch lange nicht überwunden.

Gespielt wird im ehemaligen Nippeser Schützenheim

Wenn man hört, dass in dieser Situation ein paar Menschen ein neues Theater eröffnen, weiß man zunächst nicht, ob man sie für ihren Mut bewundern oder für ihre sprichwörtliche Blauäugigkeit bedauern soll. Doch im Gespräch mit Anna Marienfeld und Björn Gabriel, Mitglieder der Gruppe Trafique und künftige Mitbetreiber des „Studio Trafique“, kommt man dann doch zu dem Schluss, dass das Ganze durchaus Hand und Fuß hat und wohldurchdacht ist.

Premieren

Mit „Lenz“ wird das Studio „Trafique“ (Merheimer Str. 292, Köln-Nippes) wird am 13. Mai um 20 Uhr eröffnet. Die Premiere ist bereits ausverkauft, für die Folgevorstellung am 14. Mai gab es bei Redaktionsschluss noch Restkarten. Die nächste Premiere (10. Juni) ist eine Wiederaufnahme von „Fassaden“.

Am 15. Juni ist ein „Tag der offenen Tür“ geplant. Ebenfalls in Planung ist ein Förderverein, in dem Interessierte Mitglied werden und das Theater unterstützen können. Infos unter studio-trafique.de. (dab)

Das sah auch die Jury des Kölner Kulturpreises so und kürte das Konzept noch vor der Eröffnung zum diesjährigen Preisträger in der neu geschaffenen Kategorie „Junge Initiativen“.

Gegründet wurde das Ensemble 2012 unter dem Namen „Sir Gabriel Dellmann“. Personelle Veränderungen und der Fokus auf den Kollektivgedanken führten schließlich zur Umbenennung. Heute besteht Trafique aus rund zehn Kernmitgliedern, die von Schauspiel über Regie und Dramaturgie bis hin zu Bühnenbild und Videokunst ein breites Spektrum abdecken. Dazu kommen immer wieder Kooperationen mit anderen freien Künstlern und Gruppen.

Gut eine Woche vor der Eröffnung am 13. Mai ist das „Studio Trafique“ in einem ehemaligen Nippeser Schützenheim noch eine Baustelle, in der sich Handwerker und freiwillige Helfer die Klinke in die Hand geben.

Zur Eröffnung gibt es „Lenz“ von Georg Büchner

Bis zu 70 Zuschauer finden Platz im Saal, der sich für Theater-, Tanz- und multimediale Performances gleichermaßen eignet und neben den Betreibern auch immer wieder Gästen eine Bühne bieten soll. Parallel zum Umbau wird für die Eröffnungspremiere geprobt: „Lenz“ von Georg Büchner. Das Besondere an der Inszenierung, sind sich Marienfeld und Gabriel einig, sei schwer mit Worten zu beschreiben, man müsse es schon sehen. Eines aber wird im Gespräch deutlich: In künstlerischer Hinsicht hat Trafique von der Pandemie sogar profitiert.

Schon immer gehörte es zum Konzept, Livetheater mit filmischen und digitalen Elementen zu mischen. Dies sollte sich als Vorteil erweisen, als sich im Zuge des ersten Lockdowns das Kulturgeschehen von der Bühne in den virtuellen Raum verlagerte. „Es ist ja nicht damit getan, einfach eine Videokamera aufzustellen und dann zu performen wie vor Live-Publikum.“

Das „Live-Bild-Theater“ schafft ein neues Genre

Also nutzte und vervollkommnete das Kollektiv die bis dato gewonnenen Kenntnisse – die jetzt wiederum den Weg zurück auf die Bühne finden. Unter der Bezeichnung „Live-Bild-Theater“ entstand ein regelrecht neues Genre. Gearbeitet wird mit virtuellen und Live-Elementen und verschiedenen Kameras, zwischen denen hin und her geschaltet wird. Das Ergebnis, so die Veranstalter, sei so konzipiert, dass man es nicht nur vor Ort, sondern wahlweise und ohne Qualitätsverlust auch als Live-Stream genießen könne. Dadurch erreiche man auch diejenigen, die sich aus gesundheitlichen Gründen noch nicht wieder ins Theater trauen.

Das könnte Sie auch interessieren:

Der Anruf, mit dem er über den Kölner Kulturpreis unterrichtet wurde, sei eine schöne und unerwartete Überraschung gewesen, erinnert sich Gabriel und fügt lachend hinzu: „Und bei der Preisverleihung am 30. Mai werden wir dann auch die genauen Gründe erfahren, warum gerade wir ausgezeichnet werden.“