Meltem Kaptan„Mich hat die unglaubliche Kraft von Rabiye Kurnaz fasziniert“
- Meltem Kaptan spielt in Andreas Dresens Kinofilm „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ eine ungewöhnliche Frau, die darum kämpfte, ihren Sohn aus dem US-Gefangenenlager Guantánamo zu befreien.
- Eva Burghardt sprach mit der Kölnerin.
Köln – Sie sind vor allem als Komikerin aus Live-Shows bekannt. Wieso jetzt ein Spielfilm?
Als ich das Drehbuch zugeschickt bekam, habe ich es in einem Rutsch durchgelesen und dachte: „Du musst diese Rolle spielen.“
Warum das?
Mich hat die unglaubliche Kraft von Rabiye Kurnaz fasziniert. Diese Mutter, die bereit ist, für ihr Kind bis ans Ende der Welt zu gehen. Ich wollte unbedingt wissen, woher dieses Steh-auf-Männchen seine Kraft nimmt.
Und haben Sie es rausgefunden?
Für mich sind das ganz klar zwei Dinge: Das Mutter sein und der Humor. Letzteres haben wir gemeinsam.
Zur Person
Geboren in Gütersloh (1980) hat Meltem Kaptan in Köln ihre Heimat gefunden. Bislang war sie als Kabarettistin der TV-Show „Ladies Night“, bekannt. Sie lud zum Backen vor der Kamera und führte in der WDR TV-Show „Koch mal Anders“ in die Kunst des Bauchtanzes ein. Bei der Berlinale 2022 gab es für sie den Silbernen Bären für die beste Hauptrolle. (EB)
Sonst nichts?
Sie ist eine ganze andere Frau als ich. Allein, dass sie Mutter ist und ich nicht. Da ist eine ganz andere Verbindung. Ich finde gut, dass der Film zeigt, wie sehr eine Mutter bereit ist, für ihr Kind an ihr Äußerstes zu gehen. So oft werden Frauen mit Kindern als Mütter einfach belächelt. Das sollte nicht so sein.
In dem Film geht eine Mutter bis ans Äußerste und verklagt den Präsident der Vereinigten Staaten.
Und das ist auch richtig so. In dem Film wird deutlich, welche Wellen solch eine Ungerechtigkeit schlagen kann und wie sehr Menschen bereit sind, für ihre Kinder zu kämpfen. Fünf Jahre gibt Rabiye Kurnaz alles für ihren Sohn und verliert trotzdem nicht die Hoffnung.
Wie war es, die echte Rabiye Kurnaz zu treffen?
Das war aufregend. Wir haben uns mehrmals getroffen. Einmal habe ich einen Tag mit ihr in Bremen verbracht. Wir sind mit ihrem Auto rumgefahren. Als ich ihren rabiaten Fahrstil kennenlernte, habe ich gedacht: „Oh Gott, und so musst du nach 15 Jahren Autofahr-Abstinenz bald durch die Gegend fahren.“ (lacht)
Wie haben Sie sich sonst auf die Rolle vorbereitet?
Zuerst habe ich zugehört und zugesehen. Wie spricht sie? Wie bewegt sie sich? Das wollte ich verinnerlichen. Ich habe mir jedes kleine Schnipselchen aus Interviews mit ihr angesehen und ihre Gestik, Mimik und Sprache studiert.
Offensichtlich mit Erfolg. Sie haben nicht nur den silbernen Bären bekommen, auch von Familie Kurnaz gab es Lob.
Ja, das hat mich besonders gefreut. Rabiye sagte, als sie den Film gesehen hat, musste sie sich immer wieder erinnern: „Das auf der Leinwand bist nicht du, das ist Meltem Kaptan.“
Wie geht es für Meltem Kaptan nach diesem Erfolg jetzt weiter? Gibt es viele Rollenangebote?
Ja, die gibt es. Dabei freut mich besonders, dass es viele verschiedene Drehbücher gibt und ich nicht nur in der Rolle der türkischen Mutter gesehen werde.
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Müssen Sie sich jetzt entscheiden, Comedy oder Schauspiel?
Warum sollte ich? Ich finde es wichtig, als Künstlerin die Freiheit zu haben und das zu machen, was ich will. Das Leben ist nicht nur lustig oder nur traurig, und genau so will ich nicht nur das eine oder andere machen. Es gibt viele spannende Angebote seit der Berlinale.
Können Sie seitdem überhaupt noch unerkannt durch Köln gehen?
Es ist wirklich verrückt in welchen möglichen und unmöglichen Situationen jetzt Menschen auf mich zukommen und sich für mich freuen. Das ist schön.