Die Uraufführung von Frank Pescis Oper "The Strangers" ist von Sakralmusik bis Jazz ein dichtes Klanggefüge. Einprägsame Melodien, gar Ohrwürmer, gibt es leider nicht.
Premiere in Köln„The Strangers“ klingen im Ohr nicht nach
Zwei Stunden währt der Kampf um Akzeptanz und Gerechtigkeit. Bis zur Erschöpfung aufgerüttelt hat das Publikum im Staatenhaus, Saal 3, die Uraufführung von Frank Pescis Oper „The Strangers“ in unmittelbarer Nähe der im Kreis wechselnden Bühnenplätze mitverfolgt – manchmal nur einen Schritt weit vom Geschehen und den Sängern entfernt.
In der Mitte der Bühne spielen 15 Musiker des Gürzenich-Orchesters unentwegt rasant unter Leitung von Harry Ogg. Pescis in der Sakralmusik wie im Jazz und der Kammermusik erfahrene Handschrift spinnt ein Netz aus atmosphärisch dichten, aufgekratzten, aber auch besinnlichen Klangfarben. Ohrwürmer wie sie sein Landsmann Leonard Bernstein in die Welt setzte, gibt es leider keine.
„The Strangers“ an der Oper Köln: Aufgebrachter Mob
In einer Zeitmaschine, die zwischen dem in der US-Geschichte wohl heftigsten Lynchmord an sizilianischen Einwanderern im New Orleans des Jahres 1890 und der Gegenwart pendelt. Zwischen Menschen mit Weste und Zylinder oder Ringelshirt und Basecap (auf das Wesentliche reduzierte Kostüme und Bühne: Luis F. Carvalho). Gepäck – ob Holzkoffer und Kissen, oder Rucksack und Isomatte – haben Migranten meist dabei.
Der einflussreiche William Parkerson (starker Bassbariton: David Howes) wettert gegen die zunehmende Einwanderung von „Landstreichern und Bettlern“. Er und die „guten Leute von New Orleans“ beschwören sizilianische Einwohner, die Kriminellen unter ihnen auszuliefern. Als Polizeichef David Hennessy (brillant: Bariton Miljenko Turk) auf offener Straße erschossen wird, fällt der Verdacht auf die Italiener.
Viele werden verhaftet, einige freigesprochen. Der rasende Mob tötet elf. Darunter Emmanuele „Mani“ Polizzi (berührend: Tenor John Heuzenroeder), der sich wohl auch aufgrund seiner Angst und inneren Unruhe verdächtig gemacht hat. Seine Geliebte Iania (mitreißend: Emily Hindrichs, Sopran) hält ihm die Treue.
Sinkendes Schiff im Traum
Sie wird aber in ein Intrigenspiel der Polizei verwickelt, die den Märtyrertod ihres Chefs rächen will, in dem sie gegen die „Mafia“ mobil macht. Billy O'Connor mit dem Bobby-Hut (wunderbar böse: Tenor Martin Koch) scheint seine eigene Migrationsgeschichte dabei verdrängt zu haben. Gruseln lässt seine Arie vom Traum eines sinkenden Schiffs mit Einwanderern.
In ihrer Inszenierung lässt Maria Lamont das Spiel um die Macht zeitlos erscheinen. Starke Stimmen in den Nebenrollen: Dalia Schaechter als Ianias Mutter, Maria Koroleva als Schwester, Regina Richter als Mutter des Polizeichefs und Adriana Bastidas-Gamboa als Zia Francesca.
Das Libretto von Andrew Altenbach vermittelt den historischen Stoff einfühlsam. Aber leider erst die Erläuterungen im Programmheft lassen die Handlung verstehen.
Zwei Stunden ohne Pause, wieder am 4., 6., 12 und 14. 10., je 19.30 Uhr, am 15. 10. um 18 Uhr.