Bei den Produktionen in der Spielzeit 2024/25 ist die Oper noch immer auf Unwägbarkeiten beim Umzug gefasst.
Von Schöpfung bis Ende der MenschheitDas bietet die Opern-Spielzeit 2024/25 in Köln
Als Opernintendant Hein Mulders gestern bei der Vorstellung der Spielzeit 2024/25 von 14 Millionen Zuschauern sprach, nahm ihm das jeder ab. Seit anderthalb Jahren, so Mulders, verfolgten die Programmmacher des großen Straßenfegers des öffentlich-rechtlichen Fernsehens das Ziel, die Eröffnung der Saison nach dem Sommer als integralen Bestandteil einer Tatort-Serie aufzugreifen. Schauplätze sollen das Staatenhaus und das Operngebäude am Offenbachplatz sein. Über den Plot verriet Mulders nichts.
Nabucco letztmals 1958
Aber auch sein eigenes Drehbuch dürfte spannend sein. Vier Punkte wolle er abarbeiten, sagte der Niederländer. „Zwei schöne und zwei Problematische.“ Das Positive kam zuerst: Mit der Broschüre geht die Oper neue Wege – auch mit Blick auf den Neustart am Offenbachplatz. Sinnliche Bilder machte Porträtfotografin Theresa Rothwangl von Sängern, die zur jeweiligen Inszenierung von Haydns „Schöpfung“, Händels „Orlando“, Verdis „Nabucco“ (erstmals wieder seit 1958 in Köln), „Elektra“ von Strauss, Mozarts „Don Giovanni“ oder „La Bohème“ von Puccini passen.
Nun, und eine gute Nachricht sei auch das mit dem „Tatort“, denn das schaffe Medienpräsenz, so der Intendant. Die hat das Haus aber auch so, und damit kam Mulders zum Schmerzlichen. Über den Fortschritt der Baustelle am Offenbach konnte er nur wenig vermelden. „Derzeit ist nicht bekannt, wann eröffnet wird. Es wird noch einige Monate brauchen.“ Auch wie lange die Hängepartie der Musiker in der Causa François-Xavier Roth – er hatte bei der Präsentation der Spielzeit 2023/24 noch mit Mulders auf dem Podium gesessen –insgesamt dauern werde, sei offen.
Nach den MeToo-Vorwürfen von Musikerinnen und Musikern gegen den Generalmusikdirektor werde derzeit geklärt, wie das Arbeitsverhältnis in der nächsten Spielzeit aussehe: „Wir gehen konsequent und direkt damit um. Die Recherche kann lange dauern, vielleicht ganz schnell, oder auch lang – wir wissen es nicht“, sagte Mulders. Man sei sehr betroffen von der Affäre. In Abstimmung mit Roths Agenten habe man entschieden, zwei Opernpremieren nach der Sommerpause mit anderem Dirigenten zu eröffnen.
Fokus auf starke Frauen
„Im Lauf der Saison erhoffen uns mehr Klarheit“, so Mulders. Haydns „Schöpfung“ zur Eröffnung der Spielzeit wird Marc Minkowski am 5. Oktober dirigieren. Die Inszenierung macht die britische Regisseurin, Designerin und Choreographin Melly Still und gibt damit ihr Debüt an einem deutschen Theater. Ein Tag darauf ist die Premiere von Strauss' Elektra, das Dirigat übernimmt Felix Bender. Aus drucktechnischen Gründen steht im Programm noch Roth. Der Fokus der Spielzeit, so Dramaturgin Svenja Gottsmann, liege auf starken Frauen. So feiert am 11. Mai die Operette „Eine Frau von Format“ des ungarisch-österreichischen Komponisten Michael Krasznay-Krausz aus dem Jahr 1927 Premiere. Diese galt lange Zeit als verschollen.
In Zusammenarbeit mit dem Acht-Brücken-Festival folgt am 18. Mai „La Passion de Simone“, in der die vor einem Jahr verstorbene Komponistin Kaija Saariaho, die auch Porträtkünstlerin des Kölner Festivals ist, die Geschichte der französischen Mystikerin und Philosophin Simone Weil erzählt. Diese verweigerte aus Solidarität mit den Opfern des Zweiten Weltkriegs jegliches Essen und starb 1943 an Hunger und Herzinsuffizienz.
Karl Kraus vertont
Die visionären und heute so aktuellen Kriegsbilder, die Karl Kraus 1915 bis 1922 als Reaktion auf den Ersten Weltkrieg in seinem Buch „Die letzten Tage der Menschheit“ verfasste, sind Grundlage für Philippe Manourys gleichnamige Oper, die am 27. Juni Uraufführung unter anderen mit Mezzosopranistin Sängerin Anne Sofie von Otter feiert. Das Libretto stammt von Patrick Hahn und Nicolas Stemann. 248 Personen in 220 Szenen kommen bei Kraus vor. Wie die Besteigung des Mount Everest sei es gewesen, daraus die Szenen für die Oper zu wählen, erklärte Hahn. Es seien gute Geschichten, die Manoury – Experte für computergestützte Komposition – wunderbar musikalisch zu erzählen verstehe. Verbunden werden die beiden Kurzopern „Le Rossignol“ von Igor Strawinsky und „Les Mamelles de Tirésias“ von Francis Poulenc.
Die Premiere am 26. April steht allerdings noch ein bisschen unter Vorbehalt. Denn sollte der Umzug an den Offenbachplatz bis dahin nicht erfolgt sein, müsse um ein Jahr verschoben werden, sagte Mulders. Eine Alternative habe er. „Die Baustelle ist im Endstadium, wir halten an der Hoffnung fest.“ Die Wiederaufnahme von George Bizets „Carmen“ am 23. März wird Kölns künftiger GMD Andrés Orozco-Estrada dirigieren. Für die Premiere von Astor Piazollas „María de Buenos Aires “ (1968) konnte die argentinische Dirigentin Natalia Salinas gewonnen werden. Für Güte, Großzügigkeit und Freundlichkeit steht „Ihsane“. Das Ballett von Sidi Larbi Cherkaous wird am 18. und 19. Januar Zuversicht vermitteln.
Die Kinderoper führt „Superheldennormalos“ am 25. April auf, ein Gemeinschaftsprojekt von 130 Schülern aus fünf Kölner Schulen und einem Jugendzentrum. Für die erste Spielzeithälfte beginnt der Vorverkauf am 26. Juni. www.oper.koeln.de