Die Liebesbeziehung zwischen Hollywood-Ikone Marlene Dietrich und dem gefeierten Autor Erich Maria Remarque wird in Thomas Hüetlins Buch „Man lebt sein Leben nur einmal“ lebendig.
Santa Clara Keller KölnMatthias Brandt liest aus Thomas Hüetlins „Man lebt sein Leben nur einmal“
Jeder dieser Männer könnte locker, allein, einen ganzen Abend bestreiten. So aber müssen Journalist und Autor Thomas Hüetlin, Verleger und Moderator Helge Malchow und Schauspieler Matthias Brandt gemeinsam mit 90 Minuten auskommen.
Aber durch dieses Trio gerät die (von der Buchhandlung Bittner veranstaltete) Präsentation von „Man lebt sein Leben nur einmal. Marlene Dietrich und Erich Maria Remarque – die Geschichte einer grenzenlosen Leidenschaft“ auch dreimal so gut. Donnerstag im restlos ausverkauften Santa Clara Keller weiß das Publikum das sehr zu schätzen.
Thomas Hüetlins akribische Recherche für sein Buch
Als „die Diva mit den blonden Locken“ und „der blendend aussehende Fremde in Blau“ im August 1937 in Venedig erstmals aufeinandertreffen, springt der erotische Funke sofort über. „Remarque holte sein goldenes Feuerzeug heraus und zündete ihre Zigarette an. Sie wölbte ihre blasse Hand schützend um seine braun gebrannte und inhalierte tief“, beschreibt Hüetlin das ganz im Stil der Filme, die die Dietrich zur „femme fatale“ stilisierten.
Von Brandt gelesen, sieht man das so bildhaft vor sich, als säße man gerade im Kino. Nicht nur körperlich fühlen sich Remarque und Marlene Dietrich voneinander angezogen. Intellektuell begegnen sich der gefeierte Autor von „Im Westen nichts Neues“ und die Hollywood-Ikone auf Augenhöhe.
Sie attestiert ihm hingerissen, „eins der größten Bücher unserer Zeit“ geschrieben zu haben, er gewahrt mit Entrücken, dass die „Shanghai Lily“ privat Rilke liest und aus dem Stehgreif seine Gedichte rezitieren kann. Noch etwas eint das glamouröse Paar. Beide sind Deutsche, die im Exil leben.
Und mehr als das. Hüetlin sagt: „Die sind gar nicht nur ins Exil gegangen. Die haben auch gegen die Nazis gekämpft, aber sie konnten nicht zurück in ihre Heimat, die ja aus der Weimarer Republik der Zwanziger Jahre bestand, das, was Hitler ,den Sündenpfuhl’ nannte. Diese Heimat kam ja nicht zurück. Sie sind sich gegenseitig Heimat gewesen.“
Liebesaffäre zwischen Dietrich und Remarque im Kontext ihrer Zeit
Statt stringent die „dramatische, abgründige und spektakuläre Liebesaffäre“ (Helge Malchow) der beiden zu erzählen, stellt Hüetlin sie in den Kontext ihrer Zeit, bewegt sich darin vor und zurück.
Man erlebt mit, wie Remarque am Radio das Knistern der Flammen hört, in denen seine Bücher verbrannt werden oder wie ein gutgelaunter Adolf Hitler am 15. März 1939 seine beiden Sekretärinnen begrüßt oder wie die Diva, die früher nie ohne ihre 32 Schrankkoffer auf Reisen ging, mit einem 27-Kilo-Rucksack loszieht, um für „ihre Boys“ an der Front in Afrika und Europa zu singen.
„Ich war ein gelernter Journalist, und das verlernt man auch nur schwer“, sagt Hüetlin, „das Buch wurde als Roman rezensiert, aber das ist es nicht. Es liest sich so, und das ist ja auch ein Kompliment, aber jedes Detail, das drinsteht, ist belegt.“
Recherchiert hat er in Erinnerungen und Biografien, Briefwechseln und Nachlässen, „60, 70, 80 Bücher“, schätzt er, habe er gelesen. Darunter auch Remarques 1000-seitiges Tagebuch, „für mich ist das ein unendlich reicher Quell gewesen, darin beschreibt er unheimlich präsent die Jahre mit Marlene, auch die Dinge, die nicht so schön gewesen sind.“
Matthias Brandt liest nicht nur (auch aus Remarques Roman „Arc de Triomphe“, der 1938 unter Flüchtlingen in Paris spielt), er beteiligt sich auch am Gespräch über „Man lebt sein Leben nur einmal“. Das Buch, so sagt er, sei ihm sehr nah: „Meine beiden Eltern waren Emigranten, für mich ist es auf dieser Ebene so leicht (nachzufühlen), inzwischen sitzt mir das in jeder Faser.“ Mit Blick auf seine Eltern urteilt er: „Es täte uns ganz gut, uns weniger zu bemitleiden und uns stärker darauf zu konzentrieren, Auseinandersetzungen wirklich anzunehmen.“
Thomas Hüetlin: „Man lebt sein Leben nur einmal. Marlene Dietrich und Erich Maria Remarque – die Geschichte einer grenzenlosen Leidenschaft. Kiepenheuer & Witsch, 340 S., 24 Euro.