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Interview

Schauspielerin Anna Loos
„Habe mich damals nach Freiheit gesehnt“

Lesezeit 5 Minuten
Jan Josef Liefers und seine Frau Anna Loos

Anna Loos (rechts) mit ihrem Ehemann Jan Josef Liefers

Die Schauspielerin und Musikerin Anna Loos spricht im Rundschau-Interview über die DDR, ihre Figur Helen Dorn und ihren Mann Jan Josef Liefers.

Seit zehn Jahren beschert Anna Loos mit ihrer Rolle der Helen Dorn dem ZDF prächtige Einschaltquoten. Bald läuft mit „Der deutsche Sizilianer“ bereits die 20. Episode der Krimireihe. Darüber hinaus ist sie als Musikerin unterwegs und tourt mit ihrem Ehemann Jan Josef Liefers mit einer szenischen Lesung. Wie sie das unter einen Hut bekommt, verrät sie Frank Jürgens.

Frau Loos, die Episode „Der deutsche Sizilianer“ aus der Reihe „Helen Dorn“ mit Ihnen als Titelfigur ist nun schon die 20. Episode im zehnten Jahr. Wurde da gefeiert?

Leider nein. Früher wurde auf jeden Fall viel mehr gefeiert bei Dreharbeiten. Zum Produktionsbeginn gab es immer ein WarmUp, auf dem sich alle kennen lernen konnten, wenn der Film zur Hälfte fertig war, gab es ein schönes Bergfest, um alle für ihre doch schon harte Arbeit am Set zu belohnen. Und zum Abschluss ein Abschlussfest, weil man das Schiff irgendwie, gegen alle Stürme, gemeinsam in den Hafen gebracht hat. Aber heute fehlt dazu oft leider die Zeit und auch irgendwie das Geld. Die Bedingungen werden nicht luxuriöser, sie werden härter, alles wird teurer, die Qualität soll bei weniger Geld, das zur Verfügung steht, gleich bleiben. Meine Produktionsfirma, Network Movie, versucht es trotzdem, allen Mitarbeitern so schön zu machen wie es eben geht und natürlich auch ab und an ein Fest zu geben, aber es ist einfach nicht mehr dasselbe. Um so wichtiger ist es heute, dass das Filmteam selbst sich stärkt, sich motiviert, gut miteinander umgeht, sich achtet und respektiert.

Die Folge „Der deutsche Sizilianer“ ist ja nicht nur ein spannender Krimi, sondern entwickelt sich auch zum Vater-Tochter-Drama. Was passiert da?

Da kann ich eigentlich gar nicht so viel zu sagen, dann müsste ich ja unseren Film spoilern. Aber es ist natürlich wieder eine spannende Geschichte. Helen Dorn wird dieses Mal sehr emotional, das gefällt mir persönlich sehr gut. [...] „Der deutsche Sizilianer“ ist eine Folge, in der man neue Seiten von Helen Dorn kennenlernen kann, ich freue mich darauf zu erfahren, wie unseren Zuschauern das gefällt.

Ich habe gesehen, Sie gehören jetzt auch zum festen Ensemble der neuen Reihe „Salzburg-Krimi“?

Ja, das ist eine Fortsetzung der österreichischen Fernsehserie „Meiberger – Im Kopf des Täters“ mit Fritz Karl in der Hauptrolle. Ich spiele eine Dekanin, also die Direktorin der Universität, an der Meiberger neben seinem Job bei der Polizei unterrichtet. Eines der Bücher, von denen die verfilmt werden, hat Fritz Karl selbst geschrieben, das hat mich wirklich überzeugt, abgesehen davon, dass er ein Kollege ist, mit dem ich sehr gern arbeite. Wir drehen gerade in Salzburg und Wien. Zwei sehr schöne Städte!

Neben der Schauspielerei machen Sie Musik. Seit dem Ausstieg bei Silly wandeln Sie auf Solopfaden. Woher nehmen Sie die Zeit?

Musik ist eine große Leidenschaft von mir. Das zweite Album habe ich angefangen zu schreiben, als der erste Lockdown kam. Da habe ich mich einfach hingesetzt und losgelegt.

Vor langer Zeit haben Sie auch mal in einer Punk-Band namens „Leck mich am Arsch“ gespielt?

Das ist aber sehr lange her, das war ja noch in der DDR.

Gab es da nicht Probleme mit den Staatsorganen?

Wir waren ja nicht Feeling B, das ist die Band, in der unter anderem der Keyboarder Flake von Rammstein gespielt hat. Ich weiß nicht, ob die damals Probleme hatten und welches Ausmaß diese hatten. Die haben im Osten Platten aufgenommen und Konzerttickets verkauft. Wir waren ja nur ein paar Jugendliche, die sich zusammengetan haben und in irgendwelchen Abrisshäusern gespielt haben. Wir waren keine offizielle Band, mit Plattenfirma und ausverkauften Hallen.

Die DDR ist längst Geschichte. Der Mauerfall liegt inzwischen 35 Jahre zurück. Ich habe allerdings den Eindruck, dass sich immer mehr Menschen nach autoritären Strukturen wie in der DDR zurücksehnen.

Die DDR war eine Diktatur, ihr trauere ich sicher nicht nach. Ich habe mich damals nach Freiheit gesehnt. Und brauche die Freiheit noch heute, wie die Luft zum atmen. Innere und äußere Freiheit und ebenso Frieden sind die Grundpfeiler des Lebens. Ich sehe mich in der Verantwortung, meinen Kindern diese Welt friedlich und in einem guten Zustand zu überlassen. Ich möchte nicht morgens für Karriere und Geld aufstehen, ich möchte an mir arbeiten und mich einbringen, so gut ich es eben kann. Ich glaube daran, dass jeder von uns die Kraft hat, entscheidend Dinge zu verändern, auch wenn man manchmal bei sich im Kleinen damit beginnt.

Neben Dreharbeiten und Musik sind Sie jetzt auch auf den Theaterbühnen unterwegs, erstmals gemeinsam mit Ihrem Mann Jan Josef Liefers. Das ist eine szenische Lesung nach Nick Hornbys Stück „State of the Union“. Worum geht es?

Es geht um ein Paar in einer Langzeitbeziehung, sie haben zwei Kinder. Sie ist Ärztin und er Autor. Die Beiden sind mit ihrer Ehe in eine gewisse Schieflage geraten und an einem dicken Knoten aus Frust, fehlender Kommunikation und unzureichender Selbstreflexion angekommen, und beschließen daher, zu einer Paartherapie zu gehen. Aber bevor die Beiden zu ihren Sitzungen gehen, treffen sie sich in einer Kneipe und therapieren sich dort selbst. Das ist wirklich sehr amüsant und ich sage mal, jeder, der in einer Langzeitbeziehung lebt oder gelebt hat, wird sich darin auch wiederfinden. Und diejenigen, die solch ein Abenteuer noch vor sich haben, bekommen einen unterhaltsamen Ausblick darauf.

Wenn ein Ehepaar auf einer Bühne ein Ehepaar spielt, wo verwischen da die Grenzen zwischen Fiktion und Wirklichkeit?

(lacht) Beim Catering wahrscheinlich! Nein. Wir lesen dort Rollen und sind eben nicht Jan Josef und Anna, das darf man nicht verwechseln. Aber Rollenspiele sollen ja durchaus ein probates Mittel für Paare sein, um das Verständnis für den anderen zu schärfen.