Mainz – CDU-Chef Friedrich Merz ist in der TV-Talksendung mit Markus Lanz in die Kritik geraten und hat sich in Wortgefechten verteidigen müssen. Zur Debatte standen das Verhalten Deutschlands, des Bundeskanzlers Olaf Scholz sowie Merz' Aktionen als führender Oppositionspolitiker angesichts des Kriegs in der Ukraine.
Merz sah sich vor allem den Angriffen von Ulrike Herrmann, Wirtschaftsjournalistin der „taz“, die sich seit Jahren mit dem CDU-Chef beschäftigt, und Rüdiger von Fritsch, dem früheren Diplomaten der Bundesregierung in Russland, ausgesetzt.
Markus Lanz: Talk-Runde diskutiert Merz' Ukraine-Reise
Zunächst startete die Sendung friedlich, sogar mit Lachern auf allen Seiten. Markus Lanz führte ein, dass Olaf Scholz derzeit auf Reise in Litauen sei und richtete dann an Merz die Frage: „Wie konnte es passieren, dass er ihnen diesmal zuvor gekommen ist?“ „Ich mache meine Reisen, er macht seine“, antwortete Merz, der wohl schon wusste, auf welches Thema die Talk-Runde abzielte: Merz' Reise in die Ukraine.
Und so kam es: „Ich habe eine Einladung angenommen, ich habe mir ein Bild vor Ort gemacht“, erklärte Merz seinen Trip zum ukrainischen Präsidenten Selenskyj und in die ukrainische Hauptstadt Kiew Anfang Mai. Er habe sich die Frage gestellt, ob Deutschland genug tue, um die Ukraine zu unterstützen. Und er bekräftigte, dass Deutschland schneller Waffen liefern müsse: „Ich teile die Einschätzung, dass Diplomatie und Gespräche derzeit nicht helfen. Man muss diesem Land helfen, die militärische Aggression zu stoppen.“
Hier starteten im TV-Talk um Moderator Markus Lanz die ersten Angriffe: „Ich glaube, dass Herr Merz die Situation ein bisschen falsch darstellt, weil er ja so tut, als würden Scholz oder die Bundesregierung nicht helfen. Das ist aus meiner Sicht falsch“, sagte Ulrike Herrmann. Sie argumentierte, dass die USA als Führung der Nato vorgeben würden, was zu tun ist. Das begrüße sie auch, aber sie unterstellte Merz, dass er nicht anders als Scholz handeln würde: „Wenn Sie Kanzler wären, würden Sie auch tun, was die USA vorgeben.“
Lanz hakte nach: „Was würden Sie denn als Kanzler tun, Herr Merz?“. „Schneller Waffenauslieferungen erteilen. Ich bleibe bei meinem Eindruck, dass die Bundesregierung hier zögert und es eigentlich nicht will“, entgegnete Merz.
Wieder konterte Herrmann den CDU-Chef: „Sie tun so, als könnte man einfach den Schrank öffnen und liefern.“ Dabei müssten die schweren Waffen zunächst produziert werden, Munition und Ersatzteile müssten da sein, Soldatinnen und Soldaten an den gelieferten Waffen ausgebildet werden. „Bewerben Sie sich jetzt hier für die Stelle als Regierungssprecherin?“, fragte ein bereits sichtlich genervter Merz. „Nein, aber ich bin ja hier, um mit ihnen zu diskutieren“, konterte Herrmann cool.
Merz ging in die Offensive und machte seine Kritik an Olaf Scholz deutlich: „Ich habe das ungute Gefühl, dass es hier Dinge gibt, die wir als Opposition, die Öffentlichkeit nicht wissen, was da auch an Gesprächen mit der Regierung in Russland geführt wird“, lautete sein schwerer Angriff, der sich in der Talk-Runde größtenteils im Raum auflöste.
Ex-Diplomat Rüdiger von Fritsch attackiert Friedrich Merz
Noch deutlicher im Schlagabtausch wurde es zwischen Friedrich Merz und dem Ex-Diplomaten Rüdiger von Fritsch, der zwischen 2014 und 2019 als Botschafter in Russland war.
„Ihre Reise in die Ukraine fand ich nicht richtig“, warf von Fritsch dem CDU-Chef vor. Angesichts so einer internationalen Krise und Deutschland, dem so viel Verantwortung zugeschrieben werde, müsse man geschlossen agieren, argumentierte der Ex-Botschafter. „Diese Reise diente auch dazu, diese Regierung und unser Staatsoberhaupt zu düpieren.“
Das konnte Merz nicht auf sich sitzen lassen: „Es wurde wochenlang gewartet, dass jemand in die Ukraine reist. Ich habe den Bundeskanzler vorher informiert.“ „Aber Sie erwecken den Eindruck, dass ein Land, das führen soll, zerrissen ist“, entgegnete von Fritsch. „Es muss also erst jemand der Regierung reisen, bevor ich als Oppositionspolitiker reisen darf? Das kann es auch nicht sein“, fragte Merz provokant darauf. „Man muss als deutscher Vertreter die Politik der Regierung erklären können. Und man darf nicht den Eindruck erwecken, der ist entstanden, und ich vermute sogar, er war gezielt, dass man zeigen will: Ich reise und er nicht.“ Eine Einigung zwischen Merz und von Fritsch gab es an dieser Stelle nicht.
Herrmann legt nochmal gegen Merz nach
Die dritte Runde der Attacken gegen Merz übernahm dann wieder Ulrike Herrmann. Zunächst fragte Showmoderator Markus Lanz nach: „Haben Sie Herrn Selenskyj während der Reise alles erklärt?“. „Ja, ich habe den Beschluss erklärt, dass Waffen geliefert werden soll. Die Ukraine wusste bestens Bescheid“, antwortete Merz.
Einsatz Herrmann. „Das hießt, man brauchte ihre Reise gar nicht? Sie tun immer so, und das ist das irre an ihrer Argumentation, als gäbe es kein Telefon.“ Scholz reise zwar nicht nach Kiew, aber stünde im ständigen Kontakt mit dem ukrainischen Präsidenten. Merz schüttelte den Kopf und nickte ab.
An dem gesamten Talk-Abend hatte Friedrich Merz große Redeanteile, und der CDU-Chef machte seine Positionen im Ukraine-Krieg und seine Kritik an Olaf Scholz deutlich. Merz sah sich allerdings auch vielen Attacken ausgesetzt – einige erwiesen sich als Wirkungstreffer. (mab)