lit. CologneBonnie Garmus „Eine Frage der Chemie“ überrascht die Verlagswelt

Bonnie Garmus will der Chemienobelpreisträgerin ihr Buch schicken.
Copyright: Thomas Brill
Köln – „I’ll send her a book“ – „Ich schicke ihr ein Buch“ scherzte Bonnie Garmus auf die Frage von Moderatorin Angela Spizig, was sie dazu sage, dass mit Carolyn A. Bertozzi unter den diesjährigen Chemie-Nobelpreisträgern eine Frau sei.
In den 50er und 60er Jahren, in denen Garmus Bestseller „Eine Frage der Chemie“ spielt, wäre das noch ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Frauen waren in wissenschaftlichen Berufen absolute Ausnahmen. Denjenigen, die es dennoch schafften, ihr Studium abzuschließen und eine Anstellung zu ergattern, wurde das Leben von den männlichen Kollegen alles andere als einfach gemacht. Das erfährt auch die Chemikerin Elizabeth Zott, die, trotz brillanter Examensnoten, von ihren Kollegen im Forschungsinstitut wie eine Hilfskraft behandelt und sogar bewusst ausgebremst wird.
Überraschung für die Verlagswelt
Dieser Situation entkommt sie schließlich indem sie – durch Zufall und eigentlich wider Willen – zur beliebtesten Fernsehköchin der Nation mutiert.
Das Buch, das Garmus im Rahmen der lit.Cologne Spezial vorstellte, hat eine Erfolgsgeschichte, wie es sie selbst in der an Überraschungen nicht gerade armen Verlagswelt nicht oft gibt. Obwohl sie – schon damals mit dem Ziel, das fiktive Schreiben einmal zu ihrem Beruf zu machen – englische Literatur studierte, sollte es noch Jahrzehnte dauern, bis der Wunsch endlich in Erfüllung ging.
Dazwischen passierte das, was Garmus lapidar „das Leben“ nennt. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie bei wissenschaftlichen Unternehmen, wo ihre Aufgabe darin bestand, trockene Fakten so in Worte zu fassen, dass sie auch von fachfremden Laien verstanden wurden. Aus heutiger Sicht kann man das als Steilvorlage für ihr Erfolgsbuch verstehen.
Rechte in 35 Länder verkauft
Natürlich habe sie in all den Jahren nie ihr eigentliches Ziel aus den Augen verloren, bestätigte sie auf Nachfrage von Spizig. Für die Öffentlichkeit sei „Eine Frage der Chemie“ ihr literarisches Debüt, für sie selber aber genau genommen schon ihr „zweieinhalbter“ Roman.
Neben einem angefangenen und nie beendeten Entwurf habe sie sich schon einmal mit einem fertigen Manuskript bei Verlagen und Agenturen beworben, aber nur Absagen kassiert. Dementsprechend gering seien auch ihre Erfolgserwartungen gewesen, als sie für ihr jüngstes Werk dann doch einen Vertrag bekam.
Was seither geschehen sei – alleine die Übersetzungsrechte wurden in 35 Länder verkauft – könne sie immer noch kaum glauben. Tatsächlich eine ziemlich einmalige Erfolgsgeschichte – zumal die „Jungautorin“ dafür erst einmal 65 Jahre alt werden musste.
Großartige Lesung
Apropos unvollendeter Entwurf: Auch wenn dieser nach wie vor in der Schublade dümpelt, stellte er doch eine wichtige Weiche: In dem Plot taucht erstmals eine Nebenfigur namens Elizabeth Zott auf. Dass diese zur Heldin eines eigenen Romans wurde, war, wie Garmus es schildert, ein Zufall – oder Schicksal: In einem Abteilungsmeeting bei ihrem damaligen Arbeitgeber wurde sie von männlichen Kollegen herablassend behandelt und sogar sexistisch beleidigt. „Als ich daraufhin an meinen Schreibtisch zurückkehrte, war mir plötzlich, als säße Elizabeth Zott auf dem Stuhl neben mir und blinzelte mir verschwörerisch zu.“
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Großen Anteil am Gelingen des Abends hatte auch Nina Kunzendorf, die mit großer Empathie aus der deutschen Übersetzung las. Das erkannte auch die Autorin, die die vielfach ausgezeichnete Schauspielerin mit einem spontanen „You are amazing!“ – „Sie sind großartig!“ würdigte.