Konzert in der Lanxess ArenaUdo Jürgens machte Kölner glücklich
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Köln – In einer Fernsehdokumentation zu seinem 80. Geburtstag hat Udo Jürgens auf seine Karreire zurückgeblickt und festgestellt: "Ich hab' keinen Abend in den Sand gesetzt." Warum sollte er jetzt damit anfangen? In der Kölner Lanxess-Arena bewies Jürgens, dass der Titel seiner Tournee, "Mitten im Leben", Programm ist. Vom triumphalen Auftakt bis zum Ende mit obligatorischem Bademantel und später noch in Jeans und Turnschuhen war der Sänger voll da, hochkonzentriert, charismatisch und überaus beweglich. Die Achtzig nimmt ihm niemand ab.
Udo Jürgens verabschiedete sich nach drei intensiven Stunden mit einem melancholischen Akzent von den 10 000 Zuhörern in der Kölner Arena. Begleitet von der wunderschönen Moskauer Geigerin Asya Sorshneva, sang Jürgens von den Hochgefühlen während eines Auftritts und von der Leere, die den Künstler nach dem Konzert erwarte. Triumphe sind für ihn untrennbar mit Traurigkeit verbunden. Aufhören kann, will und darf er aber nicht. Am 28. März 2015 schon kehrt er in die Lanxess-Arena zurück. Im Konzert spielten Jürgens und das Orchester Pepe Lienhard alte und neue Songs, zwischendurch reflektierte der Sänger immer wieder übers Weltpolitische, über Religiöses, Selbstverantwortung, NSA-Überwachung und den Zustand des Planeten. Manchmal kam man sich da vor wie auf einem Grünen- oder Piraten-Parteitag. Das Publikum honorierte die Einlassungen immer wieder mit viel Applaus. Udo Jürgens ist auf dem besten Wege, der Helmut Schmidt des deutschen Schlagers zu werden. Die Widerständigkeit und Unangepasstheit des Sängers spiegelte gleich der Eröffnungstitel, "Die Welt braucht Lieder", in dem es heißt: "Wehe, wenn du verlernst, Kontra zu geben!"
Der drahtige Mann im edlen Dreiteiler nimmt die "Mitten im Leben"-Tournee zum Anlass, Zwischenbilanz zu ziehen. 38 Jahre spiele er mit Pepe Lienhard zusammen, der in Ehren ergraute Schlagzeuger Peter Lübke sei auch schon lange dabei. Aber bevor eine sentimentale "Weißt du noch?"-Stimmung aufkommen konnte, gaben sie wieder Gas. Dramatisch anschwellende Soundwellen, Bläsersalven, Schlagzeugattacken und dramatische Gitarrensoli (Oliver Keller) akzentuierten zum Beispiel die Botschaft von "Der gläserne Mensch" und "Der Mann ist das Problem".
Jürgens sang "Ich will, ich kann" im Duett mit der explosiv souligen New Yorkerin Dorothea Lorraine. "Die Sonne und du" erschien im Reggae-Gewand, "Die Krone der Schöpfung" war ein ehrgeiziger Ausflug in Jürgens' sinfonisches Oeuvre.
Um fünf nach zehn feierte die Arena dann eine New-York-Party mit, versteht sich, "Ich war noch niemals in New York". Danach ging es Schlag auf Schlag und Hit auf Hit: "Griechischer Wein", "Ein ehrenwertes Haus", "Aber bitte mit Sahne", "Immer wieder geht die Sonne auf", "17 Jahr, blondes Haar". Der ganz gegenwärtig, nicht retrospektiv arrangierte Hit "Griechischer Wein" erschien so vital, als sei er gerade erst entstanden. Kein Wunder, dass es Jürgens immer noch Spaß macht, die alten Lieder zu singen.10 000 Menschen feierten den bedeutendsten Vertreter des deutschsprachigen Pop. Er genoss es sichtlich, Rührung war durchaus im Spiel. Und immer wieder, unübersehbar: Demut.
Udo Jürgenstritt im Rahmen seiner "Mitten im Leben"-Tournee 2015 in Bielefeld (21. März), Dortmund (25. März), Oberhausen (27. März),Köln (28. März)und Münster (30. März) auf.