Jüdisches Leben vor 1700 JahrenSpektakuläre Vatikan-Leihgabe in Köln eingetroffen
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Köln – „Handle with care“ lautet der Imperativ in weißen Großbuchstaben auf der roten 50 Kilogramm schweren Transportkiste aus Rom. Am späten Mittwochabend war das Dekret Kaiser Konstantins aus dem Jahre 321 in Köln angekommen. Unter den Argusaugen der Vatikan-Kurierin Adalgisa Ottaviani entfernt ein Speditionsmitarbeiter 48 Schrauben und mehrere Schutzvorrichtungen. Die einzelnen Urkundenblätter wurden aus dem Codex Theodosianus, einer spätantiken Gesetzessammlung, herausgelöst und luftdicht verpackt.
Beweis für 1700 Jahre Judentum nördlich der Alpen
Das Dokument belegt die mindestens 1700-jährige Existenz von Jüdinnen und Juden nördlich der Alpen. Vom 15. September bis 11. Oktober wird die Leihgabe der Bibliotheca Vaticana anlässlich der Ausstellung „In die Weite. Aspekte jüdischen Lebens in Deutschland“ als Kooperation von LVR-MiQua und Kolumba zu sehen sein, im Rahmen der Jahresausstellung in Kolumba, die bis 15. August 2022 präsentiert wird.
Im Dezember 321 erließ Kaiser Konstantin ein an Köln adressiertes, im ganzen Reich gültiges Gesetz. Es besagte, dass Juden Ämter in den Kurien, den römischen Stadträten, bekleiden durften. Es ist die früheste Quelle zur Existenz von Jüdinnen und Juden in den nördlichen Provinzen des Reiches und damit in den heutigen deutschsprachigen Räumen. Es begründet das diesjährige Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ und ist Ursprung aller Überlegungen zu diesem Thema.
Lediglich zwei Fassungen des Gesetzes sind erhalten, darunter die älteste Abschrift aus dem 6. Jahrhundert, die in der Vatikanischen Bibliothek in Rom aufbewahrt wird. Nun ist es gelungen, das bedeutende Dokument zum Auftakt der Ausstellung für fünf Wochen nach Köln zu holen. Solche frühen und einzigartigen Quellen sind eigentlich mit einer grundsätzlichen Ausleihsperre versehen.
Kardinal Woelki, Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, und Ulrike Lubek, Direktorin des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) nahmen die wertvolle Leihgabe in Empfang.
Herzstück der Ausstellung im Kölner Kolumba
„Dass diese kostbare Quelle jüdischen Lebens als Herzstück der Jubiläumsausstellung nun in Köln angekommen ist, ist ein starkes Symbol der engen Verbundenheit und Solidarität zwischen Juden und Christen in unserer Stadt. Gerade in einer Zeit, in der wir es in Deutschland wieder vermehrt mit antisemitischen Anfeindungen zu tun haben, ist es umso wichtiger zu zeigen, wie bedeutend jüdisches Leben für unsere Geschichte und Kultur sowie für den jüdisch-christlichen Dialog ist“, so ein sichtlich bewegter Kardinal Woelki bei der Ankunft des Dekrets in Kolumba.
Abraham Lehrer, Vorstand der Synagogengemeinde Köln, sagte: „Die Ausstellung wird ein Ereignis von außergewöhnlichem Interesse, das national und international Beachtung finden wird.
Die Ausstellung
Die gemeinsame Ausstellung von Kolumba und LVR-MiQua beabsichtigt anhand zahlreicher Objekte, Zugänge zur Vergangenheit und Gegenwart eines vielfältigen jüdischen Lebens in Deutschland zu schaffen. Die scheinbare Zusammenhanglosigkeit, so die Ankündigung, die Lücken und das Verlorene finden ihre Reflektion in den Kunstwerken der Kolumba-Sammlung eine emotionale und assoziative Erweiterung bieten. (bro)
www.kolumba.de
Es ist eine große Geste und zeugt von Vertrauen, dass dieses außergewöhnliche historische Zeugnis zu Gast sein kann und so dem breiten Publikum zugänglich gemacht wird. Dafür ist die jüdische Gemeinde dem Vatikan und Papst Franziskus sehr dankbar.“
LVR-Direktorin Ulrike Lubek betonte gemeinsame Werte wie Integration und Partizipation - und ihre Vorfreude. „Solch ein wertvolles Stück nun ausstellen zu dürfen, ist selbst für den LVR, der mit seinen Museen und Kultureinrichtungen jahrzehntelange Erfahrungen hat, ein absolutes Highlight in diesem Jahr.“