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Fotoschau Boris Becker in KölnÜber Drogenschmuggel und Selfiesticks

Lesezeit 4 Minuten
Boris Becker

Boris Becker erklärt anhand eines Modells das Konzept der Ausstellung.

  1. Ab dem 6. September ist in Köln die große Ausstellung „Boris Becker – Hochbunker“ zu sehen.
  2. Der Kölner Fotografen spricht über die neue Schau, Droggenschmuggel in einer Bowlingkugel und Selfiesticks.

Köln – Sie sehen wie Silos, Wassertürme, Kirchen oder Bauernhäuser aus – jene Hochbunker, die der Kölner Boris Becker in den 80er Jahren fotografierte und die ab 6. September in der SK-Stiftung Kultur zu sind. Der 1961 geborene Künstler sah als Heranwachsender „noch unglaublich viele Kriegsreste, natürlich auch Bunker. Neben dem Genovevabad stand so in Riesending, und es wurde gemunkelt, dass darin noch Waffen verborgen seien“.

Dass er dann 1984 in mehr als 45 deutschen Städten diese Bauten porträtierte, lag auch an Paul Virilios Pariser Schau „Bunker archéologie“ und sicher an seinem Lehrer Bernd Becher. Das Berliner Filmstudium hatte Becker aufgegeben, „und damals war die Düsseldorfer Akademie der einzige Ort, an dem man Fotografie als Kunst studieren konnte“.

Bernd und Hilla Becher wurden mit Serien von Fachwerkhäusern oder Hochöfen berühmt. Der Meisterschüler aber merkte, dass sich seine sehr unterschiedlichen Bunker dem Typischen verweigerten. „Auch weil sie eben Schutzbauten waren, und man der Bevölkerung suggerieren wollte, dass man die eigentlich nicht brauchte. So hat man sie versteckt.“

Blick auf Kokainschmuggel

Der Riss zwischen Fassade und dahinter verborgener Wahrheit zieht sich durch viele Becker-Serien. War ihm dies gleich zu Beginn klar? „Nein, das ergibt sich so. Ich glaube ja auch nicht, dass die Bechers damals gesagt haben: ,Wir werden jetzt weltberühmt mit der Erfindung der typologischen Fotografie.' Die wollten erst einmal die dem Untergang geweihten Fachwerkhäuser festhalten.“

Boris Beckers „Fakes“ sind da hintersinniger. Ein kommerzieller Auftrag für den Zoll brachte ihn auf jene Gegenstände, die zum Kokainschmuggel benutzt und entdeckt worden waren: etwa ein Friseurstuhl, eine Bowlingkugel. „Die Pressestelle des Zolls hat mich dann immer benachrichtigt, wenn etwas Neues hereingekommen war, das ich zeigen durfte.“

„Das hat etwas Perverses“

Was waren die bizarrsten Objekte? „Am traurigsten fand ich es immer, wenn Kinderspielzeug benutzt wurde, um Drogen zu verstecken, oder aus den Drogen Spielzeug gebaut wurde. Das hat etwas Perverses.“ Umgekehrt gebe es auch lustige Dinge: „Wenn das Rauschgift in Farbe gelöst wird und sich dann einer hinsetzt und ein kitschiges Bild damit malt. Auch ein Künstler“, schmunzelt Becker, „aber das Ganze ist natürlich ein gigantisches Verbrechen.“

Seine Motivsuche strategisch-gründlich wie bei den Hochbunkern ablaufen oder spontan wie beim poppigen Bild von den Kindergummistiefeln (aus der Serie „Artefakte“). Hier war eine Zeitungsmeldung der Auslöser, und der Bildtitel „Gestohlene Gummistiefel“ lässt beim Betrachter durchaus Raum für dunkle Ahnungen.

Becker_Bunker_Bremen_Hauptbahnhof

Hochbunker, Bremen, Hauptbahnhof, 1986.

Zweifel, Verunsicherung sät Becker bewusst, „denn ich finde es langweilig, alles zu erklären. Und wenn Menschen bei den Stiefeln an verschleppte Kinder oder heute vielleicht an Flüchtlingsboote denken, ist das ja noch besser. Bilder erzählen jetzt eine andere Geschichte als damals.“ Dieses quecksilbrige Eigenleben der Kunst passt bestens zu seiner Devise: „Wenn man denkt, man hat mich, dann bin ich schon wieder weg“.

Überall Selfiesticks

Was hält er von Selfiesticks? „Diesmal in Marokko, beim vielleicht letzten gemeinsamen Urlaub mit der ganzen Familie, habe ich ernsthaft darüber nachgedacht, einen zu kaufen. Aber vor Ort ist es schrecklich: Da laufen die Leute durch die Sehenswürdigkeiten und starren nur auf ihre Geräte“.

Wie gründlich touristische Fotografie misslingen kann, hat der Profi selbst erfahren: „Im Monument Valley wollte ich mittags in gleißender Sonne fotografieren. Die Bilder sahen miserabel aus. Ich habe mir dann einen Satz Dias mit Aufnahmen bei Sonnenuntergang gekauft.“

Instagram & Co.

Als Reaktion auf die Fotoschwemme auf Instagram & Co. arbeitet er aktuell wieder in Schwarzweiß, aber mit digitaler Mittelformatkamera. „Nicht aus Dunkelkammersentimentalität, aber um eine Bremse zu ziehen, das Bild erst einmal liegen zu lassen, vielleicht später zu vergrößern oder zu verwerfen, statt es gleich am Computer zu bearbeiten.“

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Was nervt ihn am aufwendigen Arbeiten mit Stativ und Großformat? „Wenn man gezielt irgendwo hinfährt, alles aufbaut, das Motiv so hat, wie man es will – und dann direkt neben einem jemand im Auto anhält, die Scheibe herunterkurbelt und das gleiche Bild macht. Dann frage ich mich: Was mache ich eigentlich hier?“

Und was sieht man wohl demnächst von Boris Becker? „Ich weiß, ich bin nicht gerade als Porträtfotograf bekannt geworden, aber ich habe in letzter Zeit oft Menschen fotografiert. Mal sehen, wo das hinführt.“

https://www.sk-kultur.de/aktuell/detail/news/boris-becker-hochbunker/