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Theodor-Wolff-PreisStadt-Anzeiger und Rundschau für „Flutprotokolle“ ausgezeichnet

Lesezeit 4 Minuten
TWP 2022 Sieger

Veit Ellerbrock und Sarah Uerlichs aus der Redaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bei der Preisverleihung in Berlin.

Berlin – Es sind Menschen wie Susanne Dunkel aus Erftstadt-Blessem, die sagt: „Wenn wir bei der Flut nicht aus dem Fenster geklettert wären, wären wir nicht mehr aus dem Haus gekommen.“ Oder Uwe Laubner aus dem Nachbarort Friesheim: „Wir stehen aktuell in einem Abrisshaus, es gibt keine Unterbringung für uns, wir wissen nicht, wo wir hinsollen.“ Oder Peter Lethert aus Bad Münstereifel: „Ich packe die Sache an, mit ganz viel Aktionismus, wie viele andere auch. Aber jetzt brauche ich Geduld und warte darauf, dass die Räume trocknen.“

Menschen, die alles verloren haben, die zwischen Angst, Erschöpfung, Verzweiflung und Hoffnung leben – in einer Welt, in der nach dem 14. Juli 2021 nichts mehr so ist, wie vor dieser verheerenden Flutnacht.

„Flutprotokolle“: Auszeichnung zum besten digitalen Lokalprojekt des Landes

Mehr als 60 Menschen haben aus dieser Welt in Trümmern für ein einzigartiges lokales Projekt berichtet. Die „Flutprotokolle“ entstanden in einer gemeinsamen Aktion der Redaktionen von „Kölnischer Rundschau“ und „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Jetzt hat das Video-Format eine besondere Anerkennung bekommen: Am Mittwochabend wurde es in Berlin mit dem renommierten Theodor-Wolff-Preis des Verbands der Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) als deutschlandweit bestes lokales Digitalprojekt ausgezeichnet.

„Die Flut war menschlich und journalistisch eine große Herausforderung. Wir sind stolz, dass unsere Arbeit nicht nur von den Betroffenen und unseren Leserinnen und Lesern geschätzt wird, sondern auch über unsere Regionen hinaus von einer Fachjury“, freut sich Sarah Uerlichs aus der Rhein-Erft-Redaktion für das ganze Team. „Die Flutprotokolle gehen weiter, wir bleiben dran.“

„Flutprotokolle“ sollen in Zukunft fortgeführt werden

Beteiligt an den „Flutprotokollen“ waren die Lokalredaktionen vor Ort, insbesondere im Kreis Euskirchen und im Rhein-Erft-Kreis, die die Gesprächspartner suchten, die Interviews führten, angeleitet und unterstützt von den Video-Kollegen und dem regionalen Online-Team.

Für die Chefredakteure von „Kölner Stadt-Anzeiger“, Carsten Fiedler, und „Kölnischer Rundschau“, Cordula von Wysocki, ist der Preis „eine hohe Anerkennung nicht nur für jedes einzelne dieser bewegenden Protokolle, sondern auch für die großartige Team-Leistung, die dahinter steckt und auf die wir stolz sein können“. Die „Flutprotokolle“ stehen auch für das Versprechen der Chefredaktionen beider Zeitungen, die Menschen in den Katastrophengebieten nicht zu vergessen – es wird die Video-Berichte deshalb auch weiterhin geben.

Besondere Auszeichnung für Zentrum für Pressefreiheit in Lwiw

Vor 60 Jahren wurde der Preis, der nach dem langjährigen Chefredakteur des Berliner Tageblatts benannt ist, zum ersten Mal verliehen. Der Vorsitzende des Kuratoriums, Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen, hob die besondere Bedeutung der Auszeichnung hervor: „Die gesamte Branche – und nicht einzelne Unternehmen oder Stiftungen – steht für ihn ein. Das Lokale wurde und wird genauso ernst und wichtig genommen wie die Disziplinen Meinung und Reportage.“

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Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs verliehen Jury und Kuratorium in diesem Jahr einen Sonderpreis, um die Journalistinnen und Journalisten zu ehren, die unter Gefahr für das eigene Leben aus dem Krisengebiet berichten. Die Auszeichnung ging an das Zentrum für Pressefreiheit in Lwiw, das gemeinsam von IMI (Institut für Masseninformation in der Ukraine) und der deutschen Organisation Reporter ohne Grenzen getragen wird.

Auszüge aus den „Flutprotokollen“

Wolfgang Bieberstein, Erftstadt-Bliesheim: „Nach der Flut ist es mir sehr schlecht gegangen. Ich habe keine Heizung mehr. Aber eine Familie aus Gymnich hilft mir sehr, sogar beim Tapezieren. Die haben sich einfach als Helfer angeboten. Ist das nicht einmalig?“

Jumna und Ramzia Al Merei, Kall: „Wir sind aus Syrien geflüchtet, wir haben zuvor fünf Jahre Krieg erlebt. Und als das Hochwasser kam, wurden wir an alles erinnert. Es kamen viele Menschen, die uns geholfen haben, auch die Bundeswehr und das Rote Kreuz. Ohne die wären wir gestorben. Im Moment haben wir einen Raum für neun Menschen, wir schlafen auf dem Boden auf Matratzen. Wir haben das Haus mit all unseren Sachen verloren. Wir wussten nicht, dass wir eine Versicherung für unsere Sachen hätten abschließen können. Aber Hauptsache, wir leben.“

Heike und Jörgen Carstensen, Weilerswist: „Es war fantastisch, wie auf einmal die Dorfgemeinschaft zusammengewachsen ist. Wir hoffen, dass diese Solidarität so bleibt. Und dass die Menschen beim nächsten Mal besser vorbereitet sind, zum Beispiel, dass man die Sirenensignale auch versteht, aber auch, dass Flächen zur Verfügung gestellt werden, um das Wasser abzufangen.“

Karl-Hubert Bonz, Löschgruppenführer aus Arloff: „Ich bin seit 37 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr. In der Flutnacht war das Wasser so hoch gestiegen, dass wir aus dem Gerätehaus nicht mehr rauskamen. Die ersten Tage habe ich nur funktioniert. Nach drei Tagen haben meine Kameraden übernommen, mein Haus war bis zum Erdgeschoss auch voll Wasser. Der einzige Wunsch, den ich für die Zukunft habe, ist, dass sowas nicht noch mal passiert.“ (red)