Neues Regelwerk geplantWie hoch soll in Köln gebaut werden?
- Das geltende Höhenkonzept in Köln soll ausgeweitet und modifiziert werden.
- Neue Häuser dürfen bislang nicht höher als 22,50 Meter sein, um die vielen Kirchen nicht zuzubauen. Aber ist das Regelwerk noch zeitgemäß angesichts einer wachsenden Bevölkerung und einer begrenzten Fläche?
- Zuletzt haben immer mehr Interessenten bei den Verantwortlichen angefrgt: Dabei ging es um Bauten von 65, 80 oder 100 Meter Höhe.
Köln – Der Kölner Stadtrat will das bislang geltende Höhenkonzept für neue Hochhäuser auf einen deutlichen größeren Teil der Stadt ausweiten und modifizieren. So sollen Experten klare Kriterien entwickeln, wo neue Hochhäuser gebaut werden dürfen – und zwar auf beiden Seiten des Rheins bis zum Äußeren Grüngürtel statt wie bislang nur in der erweiterten Innenstadt. Das sieht ein Antrag von SPD, CDU, Grüne, Linke und FDP vor, den der Stadtrat am 26. März berät. Da die fünf größten Fraktionen sich zusammengetan haben, gilt eine Mehrheit als sicher.
Reinhard Angelis, Chef des Kölner Ablegers des Bundes Deutscher Architekten, sagte: „Ich finde es gut, dass die Stadt proaktiv agiert und ihre Planungshoheit verteidigt beziehungsweise zurückgewinnt.“ 2019 gab es 430 Hochhäuser in Köln, laut Definition gehört dazu jedes Haus über 22 Meter. Das höchste ist der Kölnturm im Mediapark mit 149 Meter. Als Maß der Dinge gilt in Köln der Dom (157 Meter) und die freie Sicht auf die Kirche.
Viele Anfragen für Hochhäuser bei der Stadt
Bislang gilt das Höhenkonzept seit 2007 nur für die Fläche zwischen Rhein und Innerer Kanalstraße, neue Häuser dürfen nicht höher als 22,50 Meter sein, um die vielen Kirchen nicht zuzubauen. Aber ist das Regelwerk noch zeitgemäß angesichts einer wachsenden Bevölkerung und einer begrenzten Fläche? Muss Köln mehr in die Höhe bauen, um nicht weitere Grünflächen preiszugeben? Bekommt Köln jetzt mehr Hochhäuser? Eigentlich gelten sie seit den 70ern und den Hochhaussiedlungen in Chorweiler als verpönt.
Das bislang geltende Höhenkonzept
2005 hat der Zwist um geplante, mehr als hundert Meter hohe Hochhäuser in Deutz sogar dazu geführt, dass die Unesco den Kölner Dom auf die Liste der gefährdeten Güter setzte. Die Unesco fürchtete um den unverstellten Blick auf den Dom.
Der Streit war der Ausgangspunkt für das Höhenkonzept, das der Stadtrat dann 2007 beschloss. Es galt für den Bereich vom Rhein bis zur Inneren Kanalstraße (siehe Info-Grafik) und sollte vor allem die Kirchen und ihre Wirkung im Stadtbild schützen. Je nach Lage in dem Gebiet durften neue Häuser die Traufhöhe von 13,50 bis 22,50 Metern nicht überschreiten. Vereinfacht gesagt ist die Traufhöhe häufig dort, wo die Regenrinne angebracht ist. Per Definition gilt in Deutschland ein Haus über 22 Meter als Hochhaus.
Allerdings ist das bis heute gültige Höhenkonzept nur ein Rahmenwerk, Ausnahmen kann der Stadtrat erlauben oder ein Gericht verfügen wie beispielsweise 2012: Damals urteilte das Oberverwaltungsgericht Münster, dass die Kirche St. Gereon durch die Aufstockung von zwei benachbarten Wohnhäusern nicht beeinträchtigt wird. Das Höhenkonzept spielte bei der Analyse der Richter keine große Rolle. Ein Jahr später war es beim Verwaltungssitz der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main am Breslauer Platz ähnlich. Laut Baudezernent Markus Greitemann könnte das bei dem neuen Regelwerk auch passieren.
Der frühere Baudezernent Franz-Josef Höing bezeichnet das Erscheinungsbild der Stadt samt Tom als „Tafelsilber“, er sagte 2017: „Wir sind gut beraten, damit vorsichtig umzugehen.“
Sein Nachfolger Greitemann sagte: „Wir müssen sehr bewusst mit der Silhouette umgehen. Ich will hier in Köln kein Mainhattan entwickeln.“ Mit diesem Begriff wird Frankfurt am Main häufig wegen seiner Hochhäuser in Anlehnung an Manhattan bezeichnet. Greitemann sagte: „Das neue Höhenkonzept gibt uns Leitlinien und eine bessere Grundlage, um über Hochhausprojekte zu entscheiden.“ In einer wachsenden Stadt müsse man erwägen, höher zu bauen „und Hochpunkte zu setzen.“ (mhe)
Grünen-Geschäftsführer Lino Hammer sagte: „Das bedeutete nicht, dass wir jetzt überall Hochhäuser hinstellen. Wir brauchen Kriterien, wo Hochhäuser vorstellbar sind und wo nicht.“ Und Michael Weisenstein, Fraktionsgeschäftsführer der Linken, sagte: „Es geht schon darum, das Konzept von 2007 zu erhalten, es soll aber erneuert werden. Zusätzlich wollen wir schauen, wo man wie hoch bauen darf.“ Baudezernent Markus Greitemann begrüßt das neue Regelwerk (siehe auch Info-Kasten), externe Spezialisten sollen es für die Stadt erarbeiten. Die Experten sollen historische Gegebenheiten berücksichtigen, zusätzlich Blickachsen, mögliche Schatten und Klimaeffekte.
Immer mehr Interessenten
Der Anlass für das neue Konzept sollen die geplanten Hochhäuser am Fernsehturm „Colonius“ sein. Seit drei Jahren stockt das Projekt, zunächst sollten dort zwei Wohntürme entstehen, einer davon rund 130 Meter hoch. Doch Streit über die Zahl öffentlich geförderter Wohnungen mit vergleichsweise günstigen Mieten und die Gestaltung der Häuser führten zu vielen Planänderungen. Voriges Jahr sollten es plötzlich Bürotürme werden. Mittlerweile ist der frühere Investor abgesprungen, ein neuer hat übernommen, doch auch über seine Pläne diskutiert der Stadtrat noch – schließlich lägen die neuen Häuser direkt am Grüngürtel.
Laut Greitemann haben zuletzt immer mehr Interessenten bei ihm angefragt, es ging um Bauten von 65, 80 oder 100 Meter Höhe. Wie die Rundschau berichtete, will unter anderem die Telekom ebenfalls nahe des „Colonius“ neu bauen, auch am Friesenplatz könnte ein altes Hochhaus ersetzt werden. Hinzu kommen wohl Pläne der Versicherung DEVK am Zoo.
Das könnte Sie auch interessieren:
Nachdem Hochhäuser lange Jahre verschrieen waren, hatte sich der Trend seit etwa 2010 gedreht, berichtete Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School in Bochum. Vornholz sagte aber: „Der Hype ist jetzt vorbei, die Hochhäuser lassen sich nicht so leicht umsetzen, weil es sich häufig nicht rechnet.“ Das gilt vor allem für Wohnhochhäuser, die auf zahlungskräftige Menschen setzen. Die gibt es aber eben nur in begrenzter Anzahl, deshalb sieht Vornholz Hochhäuser eher als Lösung für gemischte Nutzungen. Und: Hochhäuser zu bauen ist sehr teuer. Architekt Angelis fordert, Standort, Nutzung und Verkehrsanbindung gut zu prüfen: „Es darf aber nicht nur eine rein ästhetische Debatte sein und wo der wenigste Widerstand der Bürger zu erwarten ist.“