Am Mittwoch treten die Mitarbeiter in den städtischen Kitas in den Ausstand. Vor allem Krankenstand und Personalnot bringen die Einrichtungen an ihre Grenzen.
Am LimitWarum Beschäftigte in Kölner Kitas am Mittwoch streiken
Mit den Kindern auf die Arbeit, einen Babysitter bestellen oder doch Oma fragen? Berufstätige Eltern stehen vor einer Herausforderung: Alle städtischen Kitas bleiben am heutigen Mittwoch geschlossen. Die Gewerkschaft Verdi geht in die nächste Runde und hat bundesweit zu Streiks im Sozial- und Erziehungsdienst aufgerufen – bewusst am internationalen Frauentag. „Die Soziale Arbeit ist mit 83 Prozent eine Branche, in der überwiegend Frauen arbeiten“, erklärt die Gewerkschaft. Dabei seien die Arbeitsbedingungen in Einrichtungen wie Kindertagesstätten häufig prekär.
„Wir leiden nicht unter Belastung, sondern Überlastung“, betont Jessica Mestrum, Leiterin von „Louna Kitas“ in Junkersdorf. „Aktuell ist der Krankenstand besonders schlimm.“ Konsequenzen für Eltern und Kinder bleiben da nicht aus: „Bevor wir schließen, verkürzen wir dann lieber die Öffnungszeiten.“ Zu diesen Mitteln müsse die Kita glücklicherweise nur in Ausnahmefällen greifen. „Eltern bringen außerdem ständig kranke Kinder zu uns. Manchmal müssen wir ihnen verbieten, ihre Kinder in die Kita zu geben“, erklärt Mestrum. Wenn die Erkältungswelle vergeht, bleibt eines jedoch trotzdem erhalten: Der Fachkräftemangel.
„Es ist davon auszugehen, dass bis zum Jahr 2025 bis zu 1400 Erzieherinnen und Erzieher fehlen werden“, stellt die Stadt fest. Aktuell sollen in den städtischen Kitas 150 Angestellte fehlen. Zuspitzen wird sich die Lage vermutlich zum Schuljahr 2029/30, wenn der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz im Offenen Ganztag gültig wird. Fast ein Jahr lang hat Jacqueline Pohl, die Leiterin der evangelischen Kita „Kartause“, nach jemandem gesucht, den sie einstellen kann. Der hohe Krankenstand dramatisiert die Lage weiter: Obwohl sie bereits zahlreiche Überstunden angesammelt hat, hilft sie fast täglich in den Gruppen aus. Sei es, um Pausen abzulösen oder um kranke Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vertreten.
Themen wie der Personalmangel und der hohe Krankenstand bringen weitere Probleme mit sich, die noch viel tiefer gehen. „Dass viele Kinder Auffälligkeiten wie ADHS oder Autismus haben, ist momentan auch sehr belastend.“ In diesen Bereichen herrsche ein erhöhter Förderbedarf. Auch der Austausch mit Therapeuten und Ärzten müsse einen großen Raum einnehmen, erklärt Pohl. Die Betreuung von Kindern ist in jedem Fall nur ein Teil des Kita-Alltags von Pädagogen: Jeder Schützling muss in seiner Entwicklung genau dokumentiert werden. „Sehr viel Zeit und Muße“ benötige diese Arbeit. Dieses Maß an Bürokratie ist vom Land vorgeschrieben, um die Qualität in Kitas zu sicher. „Nach einem langen, lauten und anstrengend Tag ist man am Nachmittag aber oft nicht mehr so aufnahmefähig“, gibt Pohl zu bedenken.
Alltagshelfer sorgen für Entlastung
Etwas Entlastung brachte das „Kita-Helfer-Programm“ der Landesregierung. Seitdem können bezahlte Alltagshelfer ohne pädagogische Ausbildung dem Personal unter die Arme greifen. Mehr als die Hälfte aller städtischen Kitas setzen aktuell Alltagshelfer ein, teilt die Stadt auf Anfrage mit. „Die Helfer unterstützen die Fachkräfte bei der hygienischen Versorgung von Kindern, hauswirtschaftlichen Tätigkeiten, beim Umziehen, Schlafen legen, oder als Spielbegleitung“, erklärt Mestrum, die in ihrer Kita zwei bis drei Alltagshelfer für jeweils einen Tag einsetzt. Die Bewerberzahl sei hoch. Für mehr Helfer oder mehr Einsatztag pro Woche reiche das Budget jedoch nicht.
Weil das Programm vom Corona-Rettungsschirm des Landes finanziert wird, läuft es im Juli dieses Jahres aus. „Allerdings hoffen wir sehr auf eine Weiterführung, damit wir unsere gute Fee behalten können“, sagt Pohl, die ebenfalls eine Alltagshelferin in ihrer Kita eingestellt hat. Die Leiterin versichert: „Trotz der genannten Probleme arbeiten alle Mitarbeiter*innen nach wie vor gerne in ihrem Job.“ Bleibt fraglich, wie lange diese Leidenschaft die prekären Arbeitsbedingungen in Kindertagesstätten noch aufwiegen kann.