Wahl zum DezernentenKienitz war am Ende der einzige Bewerber – Krach bei den Grünen
Köln – Sein schwaches Ergebnis von 39 Nein-Stimmen und nur 50 Ja-Stimmen bei seiner Wahl zum Beigeordneten am vorigen Donnerstag im Stadtrat war für CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz (45) nur ein Vorgeschmack auf die Kritik, die danach auf ihn und die Union einprasselte. Die Berufung des Ratspolitikers zum Chef des neu gegründeten Dezernats für „Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit“ hatte bereits im Vorfeld in der grünen Ratsfraktion für intensive Debatten gesorgt – am Ende trugen die 26 Grünen im Rat seine Wahl jedoch geschlossen mit.
Die Bündnistreue für den von der CDU vorgeschlagenen Kandidaten hielt trotz der geheimen Abstimmung. Anders lief es in der Kreismitgliederversammlung der Grünen am Montagabend.
Max Beckhaus, Fraktionschef in der Bezirksvertretung Nippes, verlangte per Antrag von der Ratsfraktion, „den Fall wieder aufzurollen und den Juniorpartner CDU aufzufordern, den Zweitbesten aus dem Bewerbungsverfahren (...) für das wichtige Amt des Stadtentwicklungsdezernenten vorzuschlagen“. Im Klartext: Kienitz’ Wahl sollte rückgängig gemacht und ein anderer Bewerber gewählt werden.
Norbert Rüther
Der Psychiater Norbert Rüther (70) war eine der schillerndsten Figuren des Kölner Müllskandals und der SPD-Parteispendenaffäre. Der Chef der SPD-Ratsfraktion wurde im Juni 2002 verhaftet. Vor Gericht gestand er, von Müllunternehmer Hellmut Trienekens 75 000 Euro in bar und ohne Quittung angenommen und an die SPD weitergeleitet zu haben. Insgesamt nahm Rüther illegale Parteispenden in sechsstelliger Höhe an. Er wurde 2005 wegen Bestechlichkeit zu 27 Monaten Haft verurteilt. Das Verfahren wurde neu aufgerollt, 2008 bekam er 18 Monate auf Bewährung. (fu)
Weiter heißt es in dem Antrag: „Sollte sich die CDU nicht darauf einlassen, dann soll die nächste Kreismitgliederversammlung darüber befinden, ob eine Weiterführung der Kooperation unter diesen Umständen statthaft ist.“ Für den Antrag stimmten 49 Grüne, 68 waren dagegen, 32 enthielten sich. Damit war der Vorstoß abgelehnt – doch das Votum war nicht gerade ein klares Bekenntnis für Kienitz und das Bündnis mit der CDU.
„Wir wollten unseren Unmut kundtun und klare Kante zeigen“, erklärte Beckhaus. Kienitz, der 2018 im Stadtwerke-Skandal die geheimen Absprachen von SPD, CDU und Grünen mitunterzeichnet hatte, „hat sich als Beteiligter dieser Affäre ins politische Abseits manövriert, er ist als Beigeordneter nicht tragbar“, so Beckhaus.
Wie bei allen neu gewählten Dezernenten überprüft die Bezirksregierung Köln jetzt auch bei Kienitz, ob er die fachliche Eignung für den neuen Posten besitzt. Dafür hat sie vier Wochen Zeit. Erst wenn die Behörde grünes Licht gibt, kann die Ernennung zum Beigeordneten erfolgen. Kurios: Schon vor der Wahl hatte sich der frühere SPD-Politiker Norbert Rüther (siehe Info-Text) schriftlich an die Regierungspräsidentin gewandt, Kienitz’ Qualifikation angezweifelt und eine sorgfältige Prüfung gefordert. Die findet allerdings von Amts wegen ohnehin statt.
Am Ende der einzige Bewerber
Wie die Rundschau erfuhr, war Kienitz am Ende der einzige Bewerber für den mit mehr als 11 000 Euro im Monat vergüteten Posten. Laut einem vertraulichen Bericht der Personalberatung zfm hatten sich auf die Anzeige der Stadt Köln 46 Personen beworben. 45 von ihnen stufte zfm als nicht geeignet ein – sie hätten die geforderten Kriterien nicht erfüllt. Mit der einen Person habe man ein Eignungsinterview geführt, danach habe diese ihre Bewerbung zurückgezogen. 59 potenzielle Bewerber habe man per Direktansprache akquiriert, hiervon hätten sich jedoch 47 „aufgrund mangelnder fachlicher wie persönlicher Voraussetzungen“ als ungeeignet erwiesen oder seien nicht interessiert gewiesen.
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Laut dem Bericht wurden mit sieben Interessenten Gespräche geführt , die sich dann jedoch einer nach dem anderen entschieden, keine Bewerbung abzugeben. „Der verbliebene Interessent hat sich mit Datum 19. Juni 2021 offiziell auf die ausgeschrieben Position beworben. Hierbei handelt es sich um den Bewerber Niklas Kienitz. Aufgrund der geführten, mehrstufigen Gespräche, der persönlichen und fachlichen Eignung, seiner Erfahrung sowie der Umfeldeignung wurde Herr Niklas Kienitz als am besten geeigneter Kandidat identifiziert“, heißt es in dem Bericht.
Kienitz selbst wollte sich auf Anfrage nicht äußern.