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Ungewissheit für HändlerKölner Markthalle hat „erheblichen Sanierungsbedarf“

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Der Eingang der Großmarkthalle ist überdacht und  die Fassade eingezäunt – zur Sicherheit für Passanten.

Köln – Die schlechten Nachrichten reißen für die Händler am Großmarkt einfach nicht ab. Erst beschloss der Stadtrat in seiner letzen Sitzung im vergangenen Jahr, dass die Fläche für eine Verlagerung nach Marsdorf von 24 auf zehn Hektar verkleinert wird, nun kommt zudem heraus: Die unter Denkmalschutz stehende Markthalle auf dem Gelände in Raderberg wird wohl noch vor dem für 2025 geplanten Umzug geräumt werden müssen. Die Stadtverwaltung bestätigt auf Nachfrage der Rundschau: Für das Gebäude, das im Jahr 1939 Richtfest feierte, „besteht erheblicher Sanierungsbedarf, mit dem nicht bis zu einer Verlagerung des Großmarktbetriebes gewartet werden kann“.

Schwierige Umnutzungen

Immer wieder kommt es in Köln zu Überlegungen, wie mit alten Industriehallen und -denkmälern umgegangen werden soll. Vorschläge zur Nutzung gibt es viele, doch müssen diese dann auch finanziell umgesetzt werden, was oft genug ein teurer Spaß ist.

Auf dem Clouth-Gelände in Nippes etwa wurde zwar versucht, alte Gebäudeteile in das Neubau-Ensemble zu integrieren. Allerdings beschränkt sich das weitgehend auf ältere Fassadenteile, die ein neues Innenleben bekommen haben.

Im Gespräch war lange Zeit auch ein Abriss der baufälligen denkmalgeschützten Hallen 76 und 77 in Kalk. Nach vielen Protesten und Diskussionen um eine Umnutzung der alten KHD-Hallen hat der Rat der Stadt im September letzten Jahres beschlossen, 500 000 Euro für die Planung von „nutzungsunabhängigen Sicherungsmaßnahmen“ bereitzustellen. Besonders bei der Dachkonstruktion besteht Einsturzgefahr. Die Gesamtkosten der Sanierung werden derzeit auf etwa 18 Millionen Euro geschätzt.

Beispiele erfolgreicher Umnutzungen gibt es etwa in Ehrenfeld mit der Vulkan-Halle oder im Mülheimer „Schanzenviertel“, heute beliebter Medien- und Event-Standort. Allerdings fielen gerade in den ehemaligen Industrie-Standorten auch viele alte Hallen der Abrissbirne zum Opfer.

1920 wurde die Fußball-Tribüne im Weidenpescher Park direkt an der Rennbahn gebaut. Zwar unter Denkmalschutz stehend, verfällt sie zusehends. Immer wieder wurden Rettungspläne vorgestellt, getan hat sich bislang allerdings wenig. (two)

Dass es um das Schalenbetonwerk nicht zum Besten steht, ist augenfällig. Die Frontfassade mit dem Eingang ist abgezäunt und teils überdacht, damit Passanten keine herabstürzenden Bruchstücke auf den Kopf fallen. Wie schlecht es um das Gebäude tatsächlich bestellt ist, haben mittlerweile Experten untersucht: Seit Mitte des Jahres 2021 liege ein entsprechendes Gutachten vor, welches den Handlungsbedarf aufzeige, heißt es aus dem Presseamt.

„Aktuell nicht einsturzgefährdet“

Michael Rieke, Sprecher der Interessengemeinschaft Großmarkt, kann zwar so schnell nichts mehr schocken, doch diese Nachricht lässt ihn dennoch tief durchatmen: „In dem Arbeitskreis zu Verlagerung ist uns noch Ende 2021 angedeutet worden, dass ein Gutachten in der Mache sei und dass es nach ersten Informationen nicht gut um die Halle steht. Aber, dass die Ergebnisse schon seit Monaten vorliegen und die Baufälligkeit bescheinigen, hat uns keiner gesagt.“

Dennoch hat es wohl bei den Andeutungen nicht an Dramatik gemangelt: „Das Wort Einsturzgefahr hat keiner in den Mund genommen. Aber der Vergleich zum Stadtarchiv wurde gezogen“, so Rieke. Und in diesem Zusammenhang sei angesprochen worden, die rund 30 in der Halle untergebrachten Händler könnten in leerstehende Hallen im Osten des Großmarktgeländes verlagert werden.

Stetige Ungewissheit über die Umsiedlung nach Marsdorf

Die Pressestelle der Stadt will versachlichen: „Nach aktuellen Erkenntnissen der Fachverwaltung ist die Halle derzeit nicht einsturzgefährdet“, so eine Sprecherin. Und auch der Umzug innerhalb des Großmarktes sei noch nicht ausgemacht: „Für die notwendige Sanierung werden aktuell verschiedene Varianten geprüft, mit dem Ziel einer möglichst geringen Belastung des Großmarktbetriebes. Soweit Nutzflächen unter dem Dach der Großmarkthalle ganz oder teilweise während der Arbeiten nicht zur Verfügung stehen können, ist eine entsprechende Verlagerung innerhalb des Großmarktgeländes vorgesehen.“

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Sorge beim Blick nach oben habe er beim Gang durch die Halle, sagt der Sprecher der IG Großmarkt, Michael Rieke

„Geringe Belastung für den Großmarktbetrieb“ – Rieke hört die Worte wohl, aber es fehlt ihm der Glaube. „Wir werden drangsaliert, auf eine subtile Art und Weise“, sagt er. Stetige Ungewissheit über die Umsiedlung nach Marsdorf, Unklarheit über den Zustand der Markthalle, für Rieke steht dahinter die Strategie, die Händler zu zermürben, ihnen Zukunftsperspektiven zu nehmen, so dass sie abspringen und sich der Umzug nach Marsdorf von alleine erledigt.

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Der Ratsbeschluss zur Verlagerung des Großmarktes stammt aus dem Jahr 2007. Die Umsetzung wurde aber immer wieder verschoben. In Raderberg muss er dem Siedlungsprojekt Parkstadt Süd weichen. In diesem neuen Wohnviertel soll die denkmalgeschützte Markthalle erhalten bleiben.