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Tödlicher „Dooring“-Unfall in Köln vor Gericht„Sie hatte keine Chance auszuweichen“

Lesezeit 3 Minuten
Der Angeklagte verdeckte sein Gesicht vor den Fotografen im Gerichtssaal.

Der Angeklagte verdeckte sein Gesicht vor den Fotografen im Gerichtssaal.

Der tragische Unfall, bei dem eine 81-Jährige in Köln-Klettenberg ums Leben kam, wird vor dem Kölner Landgericht verhandelt. Der Angeklagte drückte sein Bedauern aus.

Es ist ein tragischer Unfall, mit dem sich das Amtsgericht seit Mittwoch beschäftigt. Am 23. Juli 2021 ist eine Seniorin (81) um 9.15 Uhr mit ihrem E-Bike auf der Luxemburger Straße in Richtung Innenstadt unterwegs. Kurz bevor sie das Haus mit der Nummer 307 in Klettenberg passiert, parkt dort ein 75-Jähriger sein Kfz der Marke BMW. Als der 75-Jährige aussteigen will und die Fahrertür öffnet, kommt es zur Kollision mit der E-Bike-Fahrerin. Die 81-Jährige stürzt, schlägt mit Rücken und Hinterkopf auf den Asphalt. Am Abend des gleichen Tages stirbt die Frau an einem Schädel-Hirn-Trauma.

Anwalt: Angeklagter konnte die Radfahrerin nicht sehen

Fahrlässige Tötung wirft die Staatsanwaltschaft dem BMW-Fahrer nun vor. Durch unachtsames Öffnen der Fahrertür — auch „Dooring“ genannt — in den Verkehrsraum des fließenden Verkehrs hinein und durch „die Missachtung der Rückschaupflicht beim Aussteigen“, habe der Angeklagte gegen die gesetzliche Sorgfaltspflicht im Straßenverkehr verstoßen“, sagte der Staatsanwalt. Dabei sei dem 75-Jährigen bewusst gewesen, dass er durch dieses Verhalten „zu einer erheblichen Gefährdung von Fahrradfahrern und zu Unfällen kommen kann, welche potenziell tödlich enden können“, hieß es in der Anklageschrift weiter.

Verteidiger Marco van Donzel-Giesen drückte für seinen Mandanten Bedauern über den Unfall und den Tod der Geschädigten aus. Zum Unfall erklärte er, dass sein Mandant die Stelle, an der der Unfall passiert sei, sehr gut kenne: „Darum ist er dort immer sehr vorsichtig.“ Nachdem sein Mandant die Autos von der vorherigen Grünphase an der Ampel zuvor durchgelassen habe, habe er erst leicht die Tür geöffnet, „das waren wenige Zentimeter“. Dann habe er sich mit dem Fuß voraus getastet, um dann durch die Türöffnung an der mittleren B-Säule seines Fahrzeugs nach hinten möglichen Verkehr zu erspähen. Dann habe es geknallt: „Er hat versucht Sorgfalt walten zu lassen. Er konnte die Fahrradfahrerin nicht sehen und hat sie nicht gesehen“, sagte van Donzel-Giesen weiter.

Zeugin: Sie hatte keine Chance auszuweichen

Die von einem Polizeibeamten (24) aufgenommene Aussage des Angeklagten, wonach er nach dem Unfall gesagt habe, er könne sich nicht erinnern, ob er in den Seiten- oder Rückspiegel geguckt oder einen Schulterblick gemacht habe, wies der Verteidiger zurück: „Diese Aussage hat mein Mandant nicht gemacht.“ Der Polizeibeamte bestand später auf der Richtigkeit seiner Aufzeichnungen. Ein Augenzeuge (31) der sich mit einem Freund gerade auf den Weg in den Urlaub befand der E-Bike-Fahrerin in etwa 100 bis 150 Metern folgte sagte: „Sie ist normal gefahren, die Tür ging auf und sie hatte keine Chance auszuweichen“, so der 31-Jährige. Die Frau sei völlig unkontrolliert durch die Luft geflogen und auf der Straße aufgeschlagen.

Sicher scheint, dass die E-Bike-Fahrerin keinen Helm getragen hatte. Rechtsmediziner Dr. Frank Glenewinkel stellte allerdings klar: „Ob ein Helm hier das Leben gerettet hätte, kann ich nicht sagen. Das wäre Spekulation.“ Der Prozess wird Ende Juni fortgesetzt.