Starke TrockenheitStadt Köln entwickelt Handlungskonzept gegen die Dürre
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Der April ist viel zu trocken, es herrscht Waldbrandgefahr und Landwirte leiden.
In Gärten und auf Balkonen wird bereits fleißig gegossen. Was es nun zu beachten gilt.
Köln – Der Ratschlag des Experten ist eindeutig: „Einen Wasserschlauch kaufen“, sagt Bernhard Rüb von der Landwirtschaftskammer NRW. „Oder eine Gießkanne.“ Ohne geht es auf dem Balkon oder im heimischen Garten nicht mehr. Es regnet viel zu wenig, als dass die Pflanzen dort sich selbst versorgen könnten. Es sei denn, sie wurzeln metertief. Die oberen Erdschichten sind jedenfalls staubtrocken.
Nur zwei Niederschläge in einem Monat
Die Messstation am Flughafen Köln Bonn hat für den April nur am 13. und am 19. Niederschlag registriert. Einmal 0,7 Liter pro Quadratmeter, einmal 0,2. Es hat also ein bisschen getröpfelt. Laut dem Wetterdienst Wetterkontor entspricht der Regen bislang zwei Prozent der Durchschnittsmenge für April. Eine „Dürre“ möchte Bernhard Rüb das noch nicht nennen, aber es sei schon eine „ausgeprägte Frühjahrstrockenheit“. Die hat bereits in Gummersbach die ersten Waldbrände begünstigt (wir berichteten) und macht Bauer wie Gärtner allmählich nervös: Was jetzt gesät wird, kann ohne Wasser nicht keimen, erklärt der Fachmann. Wie soll das weitergehen? „Es kommt entscheidend auf die Entwicklungen der kommenden Wochen an“, sagt Bernhard Rüb.
Waldbrandgefahr steigt, Rheinpegel fällt
1,79 Meter hatte der Kölner Rheinpegel Mittwochnachmittag, Tendenz leicht sinkend. Für die Schifffahrt gibt es Konsequenzen ab einem Pegelstand von 1,39 Metern, weil dann die Fahrrinne möglicherweise nicht mehr tief genug ist. Der niedrigste Pegel wurde nach dem heißen Sommer und Herbst am 23. Oktober 2018 mit einem Stand von 69 Zentimetern gemessen. Der Normalwasserstand des Rheins liegt bei 3,21 Metern – das ist der Durchschnittswert aus zehn Jahren. Die Robinie (Foto) wurde zum Baum des Jahres 2020 gekürt. Sie stammt aus Nordamerika, ist aber schon seit mehr als 200 Jahren auch in Mitteleuropa zu Hause. Robinien wachsen in Köln auch als Straßenbäume. Grund: Sie können „sehr gut Trockenheit vertragen“, teilt die Stadt mit.
4 ist die aktuelle Warnstufe für die Waldbrandgefahr in Köln. Es ist die zweithöchste Stufe. Vor allem in den Kiefern- und Fichtenwaldgebieten bestehe eine besonders hohe Gefahr. „Hier reicht ein Funke!“, erklärt Dr. Joachim Bauer vom Grünflächenamt. Kiefern und Fichten befinden sich im rechtsrheinischen Kölner Wald am Höhenfelder See, auch zum Beispiel am Fühlinger See. Rauchen, offenes Feuer und Grillen sind verboten. Es wurden Schilder aufgestellt, die auf die Gefahr hinweisen. (kl)
Auch bei der Stadt Köln beobachtet man diese ganz genau und bereitet sich nach zwei zu heißen und trockenen Sommern bereits auf den Fall der Fälle vor – auch wenn es aktuell noch keine Probleme für die Bäume gibt. „Es hat zuvor lange geregnet. Im Untergrund ist es feucht“, betont Dr. Joachim Bauer vom Grünflächenamt. „Wir gehen davon aus, dass die meisten Bäume noch gut zurechtkommen.“ Tatsächlich fiel laut Wetterkontor im Februar fast doppelt so viel Niederschlag wie im Durchschnitt der letzten 40 Jahre, im März war es immerhin noch ein Drittel mehr. Mitte März ließ der Regen dann schlagartig nach – bis jetzt.
Die Stadt hat ein „Handlungskonzept Trockenheitsphasen“ entwickelt, nachdem in den vergangenen beiden Jahren „die Vegetationsflächen in den Grünanlagen austrockneten und auch der Baumbestand zum Teil in Mitleidenschaft gezogen wurde“, wie es heißt. Im Stadtwald mussten Hunderte Bäume gefällt werden, weil sie von Fäule und Pilzen befallen waren. Von zwei Sommern geschwächt hatten sie keine Widerstandskraft mehr. Der Kölner Wald, der 4000 Hektar groß ist, wird sich überwiegend selbst erneuern. Um Straßenbäume, von denen es 80 000 in der Stadt gibt, und die Grünflächen kümmert sich das Amt, zum Teil gemeinsam mit den Kölnern. In einer neu erstellten Prioritätenliste stehen die „Schmuckanlagen“ ganz oben: im Botanischen Garten, im Rheinpark, an Deutzer Brücke, Roncalliplatz, Heinzelmännchenbrunnen und in Rodenkirchen gießt die Stadt. Ersatz- und Neupflanzungen von Bäumen werden von beauftragten Unternehmen gegossen. „Sinnvoll“ sei eine Bewässerung von Bäumen an „Extremstandorten“, etwa auf Tiefgaragen oder in Pflanztöpfen. Baumscheiben oder Grünflächen könnten auch im Rahmen einer Patenschaft betreut werden.
Winterdienstfahrzeug wird zur Bewässerung umgerüstet
Weitere Maßnahmen sind vorbereitet. Die Rheinenergie stellt wieder Standrohre zur Verfügung, die Stadt investiert 100 000 Euro in 70-Liter-Wassersäcke. 1000 davon sollen nach den ersten Tests im vergangenen Jahr an Baumpaten abgegeben werden. Die Wassersäcke werden um die Baumstämme gebunden. Eine Internetseite soll Kölner informieren, die beim Gießen helfen wollen.
Und dann hat das Grünflächenamt noch vier „Bewässerungskombinationen“ gekauft. Die Gießarme samt 2000-Liter-Tank können an Winterdienstfahrzeuge montiert werden: Schneepflug ab, Gießarm dran. Der Fahrer muss nicht mehr aussteigen, er gießt per Joystick. Das System wurde 2019 mit einem Mietmodell getestet. Man war begeistert, zumal das Winterfahrzeug nun im Sommer nicht mehr rumstehen muss. Der Finanzausschuss hat am 23. März dafür 95 200 Euro freigegeben.