Hunderte Menschen haben in Köln gegen das Konzert des „Pink-Floyd“-Mitgründers Roger Waters in Köln protestiert. Am Morgen hatte OB Reker klare Worte gefunden.
Proteste wegen AntisemitismusSo lief die Demo gegen Roger Waters in Köln
„Shalom und Frieden für alle.“ Unter dem großen Schriftzug am Römisch-Germanischen Museum versammelten sich am Montag um 17 Uhr hunderte Menschen, um gegen das Konzert des „Pink-Floyd“-Mitgründers Roger Waters in Köln zu protestieren. „Gegen jeden Antisemitismus“ lautete die Botschaft der Demo, zu der die Synagogen-Gemeinde, die beiden großen Kirchen und mehrere Organisationen aufgerufen hatten. Köln mache nicht mit, wenn Waters zum Boykott von Israel aufrufe, rief Oberbürgermeisterin Henriette Reker der Menge zu.
Regenbogenfahnen auf der Deutzer Brücke
Am Morgen hatte die OB mit klaren Worten eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung im Wallraf-Richartz-Museum zum Thema „Antisemitismus in Kunst und Kultur“ eröffnet. „Hier ist die Grenze des Hinnehmbaren überschritten. Wir dulden keinen Antisemitismus in unserer Stadt. Köln zeigt Flagge für Vielfalt und Respekt.“ Anlass: das Konzert des wegen seiner Israel-Kritik hoch umstrittenen Waters am Dienstag in der Lanxess-Arena. Auf der Deutzer Brücke sollen an dem Tag Regenbogen-Fahnen gehisst werden.
Stella Leder vom Institut Soziale Plastik, Potsdam/Berlin, kritisierte in ihrem Impulsvortrag, dass der Protest gegen die seit Jahren bekannt antisemitischen Auftritte von Roger Waters sich nur langsam formiert habe. „Offenbar wird Antisemitismus oft nicht erkannt oder nicht sehr schnell erkannt“, so Leder. Dies gelte insbesondere für israelbezogenen Antisemitismus und die BDS (Boykott, Desinvestitionen, Sanktionen). Diese Boykottkampagne – zu deren prominentesten Unterstützern Roger Waters gehört – richte sich gegen den Staat Israel und die gesamte israelische Gesellschaft. Der Boykott ziele auch auf Kultureinrichtungen, Künstlerinnen und Künstler.
In der sich anschließenden Podiumsdiskussion bedauerte Leder ebenso wie Abraham Lehrer, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln, dass kein Verbot des Waters-Konzerts in der Lanxess-Arena ausgesprochen werden konnte. „Ich mag seine Musik, bin mit Pink Floyd groß geworden. Aber hier wird unter dem Deckmantel der Kunst antisemitische Hetze betrieben.“ Kulturdezernent Stefan Charles hingegen hielt Verbote für problematisch, eine demokratische Stadtgesellschaft müsse solche Spannungen aushalten. „Hier muss man aufklärend an die Öffentlichkeit gehen.“ Lehrer beobachtet einen oft hilflosen Umgang mit Antisemitismus in Schulen und regte die Ansiedlung eines Instituts der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem in Köln für eine entsprechende Fortbildung von Pädagogen an.
„Nicht aufgrund konkreter politischer Haltungen, sondern wegen ihrer jüdisch-israelischen Herkunft. Schon hier ist die irrationale Obsession zu erkennen, die Antisemitismus schon immer kennzeichnet.“ Die zentrale Vorstellung des antisemitischen Weltbildes von einer übermächtigen und verborgenen Instanz, die für alles Böse in der Welt verantwortlich ist, werde auf Israel übertragen, so Leder. Die Funktion von BDS sei die Aktualisierung antisemitischer Weltbilder und deren Verbreitung. Manche Kulturinstitutionen hätten bisher keinen Umgang mit der Kampagne BDS gefunden und sich eher offen für sie gezeigt. „Die Folge ist eine eskalierende Dynamik, in der sich Antisemitismus weiter ausbreitet und sich immer lauter und dreister artikuliert.“
Tour-Auftakt
Die Lichter sind noch an, das Konzert hat noch nicht begonnen, da dringt Roger Waters Stimme durch die Lautsprecher: „Ein Gericht in Frankfurt hat entschieden, dass ich kein Antisemit bin. Ausgezeichnet“, ruft der Pink-Floyd-Mitbegründer auf Englisch durch die Hamburger Arena. Die Worte leuchten über der Bühne.
6500 Besucher verfolgten den Deutschland-Auftakt seiner „This Is Not A Drill“-Tour. Es gab viel Applaus. Er verurteile Antisemitismus“, sagt der 79-Jährige. „Und ich kann gar nicht sagen, wie sehr wir uns auf den Auftritt in Frankfurt freuen.“ In Frankfurt wollten die Stadt und das Land Hessen den Auftritt des Sängers am 28. Mai verhindern – Waters hatte gegen den Beschluss geklagt und Recht bekommen. Am Montag teilten die Stadt Frankfurt und das Land Hessen mit, in dem Rechtsstreit mangels Aussicht auf Erfolg nicht in die nächste Instanz gehen zu wollen. (dpa)