Nach dem Böller-Chaos im Rheingarten am Kölner Rheinufer in der Silvesternacht wird Kritik aus der Kommunalpolitik laut.
Silvesternacht in KölnKölner Grüne fordern größere Zone mit Böllerverbot
Ein spektakuläres Feuerwerk in der Silvesternacht steht einer Großstadt wie Köln sicher gut zu Gesicht, doch das wilde Zündeln Einzelner mit Knallkörpern inmitten von feiernden Menschenmengen am Rhein wirft eher Schatten als Licht auf die Rheinmetropole. Trotz einer Böllerverbotszone, zu dem nun zum zweiten Mal in Folge nicht nur der Dom und sein direktes Umfeld, sondern auch alle Bereiche bis zum linksrheinischen Rheinufer gehörten, explodierten dort Knallkörper am laufenden Band.
Manfred Richter, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und ordnungspolitischer Sprecher der Grünen: „Die Eindrücke aus der Silvesternacht kann ich leider bestätigen. Wir haben die Böllerverbotszone in dieser Form nun zum zweiten Mal gehabt, aber es ist eine mehrjährige Entwicklung, bis es vollständig umgesetzt wird.“ Die Grünen möchten die böllerfreien Zonen nun am liebsten ausweiten: „Böllerfreie Zonen leisten einen Beitrag, um Verletzungen zu vermeiden und Müll zu reduzieren. Die rechtlichen Grundlagen bieten keine Möglichkeit für ein stadtweites Böllerverbot. Die rechtlichen Grundlagen gibt es in den eng bebauten Gebieten. Dafür kann die Stadt eine Allgemeinverfügung erlassen, über die auch die Politik entscheidet.“
Rheingarten in Köln: Viel Zündelei und Böller
Der Rheingarten gehörte auch dieses Mal schon zur Böllerverbotszone — dennoch wird hier kräftig gezündelt. „Das Böllern in der überfüllten Innenstadt zum Schutz von Feiernden, Anwohnern und Haustieren einzudämmen, ist grundsätzlich richtig. Regeln und Verbote müssen dann aber auch klar kommuniziert und durchgesetzt werden“, meint Gerrit Krupp, ordnungspolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion. Schon früh habe man darauf hingewiesen, dass ein Verbot von Böllern schwer durchzusetzen sei, wenn Batterien und Raketen erlaubt bleiben. „Leider sehen wir uns in unserer Skepsis bestätigt. Das muss für die nächsten Jahreswechsel besser werden“, so Krupp.
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Bevor die Kölner Silvesternacht 2015 die Republik erschütterte und eine landesweite Debatte über Flüchtlinge und Willkommenskultur auslöste, war der Bahnhofsvorplatz Austragungsort von Böllerschlachten, auch auf den Rheinbrücken ging es oft wild zur Sache. Im Polizeipräsidium ist nun von einem „Verdrängungseffekt“ in Richtung Rheingarten die Rede. Stadt und Polizei wollen intern Bilanz ziehen. „Es ist jetzt Aufgabe der Stadtverwaltung, genau zu analysieren, wo das Konzept nachgeschärft werden muss – insbesondere auch im Bereich des Rheingartens“, sagt CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau. Mit der Analyse hat die Stadt nun angefangen: „Es müssen eventuelle Vorkommnisse gesammelt, geprüft und dann auch evaluiert werden. Dies wird Zeit in Anspruch nehmen. Daher kann es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Bewertung geben“, so eine Sprecherin.
Die Frage, wer da eigentlich am Kölner Rheinufer ins neue Jahr feiert, ist zuletzt im Jahr 2016 mit wissenschaftlicher Unterstützung beantwortet worden. Nach den massenhaften sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015 waren ein Jahr später Umfragen in Flüchtlingsunterkünften durchgeführt worden. Zudem hatte die Polizei Fragebögen an Menschen verschickt, deren Personalien bei Kontrollen aufgenommen worden waren. Das Ergebnis: Die überwiegende Zahl der Feiernden stammt aus Syrien, dem Irak und Deutschland.
Auf dem Kölner Bahnhofsvorplatz wird auch am Silvesterabend 2024 vornehmlich arabisch gesprochen. Viele junge Männer strömen vom Hauptbahnhof in Richtung Altstadt und Rheinufer. „Es geht den Feiernden um den Hotspot Köln, sie kommen ohne besonderen Plan in die Stadt und sind nicht verabredet“, hatte Professor Andreas Zick von der Universität Bielefeld damals festgestellt. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Böller explodiert in der Hand — Fingerkuppen amputiert
Die Folgen des Trubels machen sich bei einigen gastronomischen Betrieben in der Altstadt mit sinkenden Umsätzen bemerkbar. „Ich bin lange in der Altstadt und ich habe hier schon richtig Halligalli erlebt. Im Vergleich war es wirklich sehr schwach“, erzählt ein Kellner des Restaurants „Mama Leone“ am Buttermarkt. Ein ähnliches Phänomen erlebt die Gastro-Szene im Univiertel rund um die Zülpicher Straße schon seit vielen Jahren im Karneval. Sperrungen, Gewalteskalation und hohe Polizeipräsenz vertreiben die Stammklientel.
In der Altstadt und vor allem rund um den Rheingarten hatte die Polizei 62 Platzverweise ausgesprochen und 30 Personen in Gewahrsam genommen. In der Uniklinik mussten einem Mann die Fingerkuppen amputiert werden — ihm war ein Böller in der Hand explodiert. Insgesamt seien sechs Menschen mit Verbrennungen behandelt worden. (EB)