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Serie „Häuser mit Historie“Als Kölns Herkules-Hochhaus noch eine Topadresse war

Lesezeit 3 Minuten

Hingucker: Das Gebäude bekam aufgrund der Farbwahl den Zusatz „Papageienhaus“.

  1. Bekannte Häuser im Schatten des Doms: In unserer Serie berichtet Anselm Weyer über Häuser mit Historie.
  2. Das Herkules-Hochhaus finden einige hässlich – für andere ist es Kult.

Köln – Als erstes Kölner „Super-Wohnhaus“ wurde das Herkules-Hochhaus zur Einweihung 1972 beworben, als exklusive Adresse, mit Pförtner am Eingang sowie Schwimmbad und Sauna im obersten Geschoss. Für „Komfort-Wohnungen“ waren die ersten vier Etagen reserviert. Schon 1978 aber schimpfte der Bund Deutscher Architekten auf den Architekten Peter Neufert, weil dieser „balkonlose, willkürliche bunte Herkuleshochhäuser mit ausschließlichem Blick auf Kölns markanten Stadtautobahnknoten“ baue. Der Kölner Verkehrsverein verlieh dem Haus 2005 seine „Saure Zitrone“, weil es architektonisch misslungen und an der falschen Stelle platziert sei.

Dass das Herkules-Hochhaus steht, wo es steht, ist einem Stadtentwicklungskonzept von 1960 zu verdanken. Dieses hatte gefordert, im Umfeld des Stadtkerns mit Hochhäusern die Ausfallstraßen Kölns zu markieren. Dezidiert diktierten zudem Baudirektor Harald Ludmann und Werner Baecker, Leiter des Bauaufsichts- und Stadtplanungsamts, wie hoch, breit und tief das Haus zu werden habe, während die Bauherren auf eine hohe Ausnutzung und wirtschaftliche Bauweise achteten.

In diesem Sinne entwarf Peter Neufert das 102 Meter hohe Gebäude, benannt nach der anliegenden Straße, am Autobahnzubringer in Neuehrenfeld. Mit 427 Wohnungen auf 31 Etagen zuzüglich drei Kellergeschossen leistete es die von der Stadt gewünschte Wohnverdichtung durch vertikale Anordnung in Zentrumsnähe, die das nächtliche Aussterben der Innenstadt verhindern sollte. Nach Erteilung der Baugenehmigung im November 1969 errichtete Neufert in Schottenbauweise einen mit vier Aufzügen erschlossenen Turm mit parallelem Parkdeck, einer Büroscheibe sowie einem Zwischenbau. Seitdem ragt er wie ein solitärer Fremdkörper aus seiner signifikant niedrigeren Nachbarbebauung.

Spitznamen „Papageienhaus“

Die farbenfrohe Fassade brachte dem Wohnturm schnell den Spitznamen „Papageienhaus“ ein: rote, blaue, hellviolette und organge emaillierte Metallbleche werden durchbrochen von silbern abgesetzten und in freiem Rhythmus verteilten Fenstern, deren Muster sich nach zehn Etagen wiederholt. Als Neufert seinen Entwurf dem Künstler Josef Albers zeigte, soll dieser den Bau als „zu bunt“ kritisiert und vorgeschlagen haben, ihn doch lieber ganz weiß zu gestalten. Aber das Bunte war es gerade, das Neufert der in graue Monotonie mündenden Stadtplanung entgegensetzen wollte. „Wo bleibt der Ausdruck des Geistes dieser Stadt, der in jedem seiner Bürger lebt?“, hatte er schon 1966 beim Richtfest eines seiner Häuser gefragt.

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„Diese kölschen Bürger, die so heiter sind, voll des Sinnes für das Leben und den Fortschritt? Was wird aus ihr, wenn man jede Transponierung dieses Geistes in die wirklichkeitsnahe Architektur unterbindet? Was wird die Generation unserer Kindheit zu unseren Bauten sagen? Wie werden diese Kinder über die Farblosigkeit und die Mittelmäßigkeit dieser Bauten urteilen und wen werden sie zur Rechenschaft ziehen?“

Seine Funktion als Wahrzeichen erfüllt das „vertikale Veedel“ zunehmend gut und genießt als mutiger Farbklecks in der monochromen Skyline einen gewissen Kultstatus.

Herkules-Hochhaus

Graeftstraße 1Peter Neufert1972