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„Häuser mit Historie“Einblicke in das gotische Bürgerhaus „Saaleck“ in der Innenstadt

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Spielelemente der Gotik: Eckwärter und Kreuzstockfenster sind Teil der rekonstruierten Fassade.

  1. Im Schatten des Doms stehen viele stolze Gebäude mit eigener Architektur und Geschichte.
  2. Anselm Weyer stellt sie in unserer Reihe „Häuser mit Historie“ in loser Folge vor.
  3. Er beginnt mit Haus Saaleck.

Köln – Nein, als Baudenkmal aufnehmen wollte Stadtkonservatorin Hiltrud Kier das Haus Saaleck keinesfalls. Im Jahr 1976 erstellte sie das neue Denkmälerverzeichnis der Stadt Köln für die Altstadt. Die Entscheidung muss überraschen, hatte ihre Amtsvorgängerin Hanna Adenauer doch 1967 geschrieben, es handele „sich bei Haus Saaleck um eines der charakteristischsten gotischen Baudenkmale der Stadt“. Warum steht es also erst seit dem 6. Januar 1989 unter Denkmalschutz?

Seinen Namen trägt das spätgotische Bürgerhaus aus dem Jahr 1461 mit Kreuzstockfenstern, polygonalen Eckwarten und achteckige Türmchen an den Hausecken, weil es einst an den erzbischöflichen Palast, genannt „Saal“, angrenzte, also an der Ecke zum Saal stand. Das Innere des dreigeschossigen Gebäudes brannte in der „Nacht der tausend Bomber“ am 31. März 1942 völlig aus, während die Fassade signifikante Schäden erlitt.

Amtssitz von Stadtkonservator und Kulturdezernent

Die Stadt erwarb die Ruine 1952, damit diese fachgerecht neu erstehen und als Amtssitz von Stadtkonservator und Kulturdezernent dienen könne.

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An der Straße Am Hof steht Haus Saaleck. Es wurde nach dem Krieg neu aufgebaut.

Der städtischen Hochbauverwaltung und dem beauftragten Architekten Hans Koep fiel jedoch schnell auf, dass es wesentlich kostengünstiger wäre, wenn man den Fassadentorso nicht aufwendig sichern und in die Rekonstruktion integrieren, sondern ihn einfach komplett abtragen und das Haus nach alten Vorbildern neu bauen würde. 1954 ließ man verlauten, man wolle „Haus Saaleck ohne Furcht restaurieren“. Furchtlos, weil man eben nicht den Vorkriegszustand wiederherstellte, sondern das 15. Jahrhundert zum Maßstab nahm.

Keiner wollte das „gotische Märchen“

Die großen Schaufenster im Erdgeschoss, hieß es, seien erst im 19. Jahrhundert in die original geschlossene Front des Kaufmanns-Hauses eingefügt worden. Auf welches Datenmaterial sich diese These stützte, ist schleierhaft, denn aller Wahrscheinlichkeit nach wies es sehr wohl zur Erbauungszeit Fensteröffnungen auf. Vom Haus Saaleck, das quasi nur noch aus der Erdgeschossfassade bestand, erklärte man also das Erdgeschoss als nicht erhaltenswert, zumal dieses aus Sandstein errichtet worden sei, während das originale Gebäude doch aus Tuff und Trachyt bestanden habe.

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Zwar warnte Stadtkonservatorin Hanna Adenauer am 17. März 1955, dass dem Bauwerk „in Zukunft der Charakter eines Denkmalbaus abgesprochen werden“ müsse. Und auch der erst 1955 zum neuen Kulturdezernenten gewählte Kurt Hackenberg teilte der Kölnischen Rundschau mit, dass er nicht in das „gotische Märchen“ einzuziehen gedenke. Unter den fassungslosen Augen der Denkmalschützer folgte trotzdem nach sorgfältiger Nummerierung der Steine der Abbruch der Ruine. An ihrer Stelle entstand bis 1956 die freie Rekonstruktion eines, so die Kölnische Rundschau im Jahr 1955, „historisierenden Neubaus“, ohne Verwendung des originalen Steinmaterials. Konsequent wurde der Innenraum des Neubaus dem Zeitgeschmack entsprechend gestaltet.

Die Stimmen wurden lauter

Als dann ab Ende der 1970er Jahre die Stimmen immer lauter wurden, dass man doch bitte das schöne Haus Saaleck in die Denkmalliste aufnehmen solle, überlegte Stadtkonservatorin Hiltrud Kier scharf, was daran denn schützenswert sein könnte. Eine Lösung fand sie, als ihr „bei der Bearbeitung der Denkmallisten für die Bauten der 1950er Jahre schlagartig bewusst wurde, dass es sich natürlich um ein Baudenkmal aus dieser Zeit handelt und sein Architekt eben Wilhelm Koep ist, in dessen Ouevre es sich anstandslos eingliedern lässt, wie zum Beispiel ein Vergleich mit der ebenfalls recht freien Kopie des 4711-Hauses am Offenbachplatz der 1950er Jahre zeigt“.Weil all dies heute weitgehend vergessen ist, erfreut man sich mittlerweile meist ohne Vorbehalt an der schönen gotischen Fassade, die es so zuvor nie gegeben hat und die heute durch eine Marienstatue sowie eine historische Ecklaterne geschmückt wird. Heute befindet sich im Gebäude die „Artothek“ der Stadt. Hier können wie in einer Bibliothek, Kunstgegenstände gegen günstige Gebühren ausgeliehen werden. Auch Ausstellungen sind zu sehen.Haus SaaleckAm Hof 50Wilhelm Koep1956