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„Schön, dass Du da bist!“Wie ukrainische Kinder in Kölns Schulen aufgenommen werden

Lesezeit 5 Minuten
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Selbst gebastelte Friedenstauben aus Papier schmücken die Fenster in der Seiteneinsteigerklasse.

Köln – Die neuen ukrainischen Kinder kommen mit Nichts in die Seiteneinsteigerklasse am Dreikönigsgymnasium (DKG) – Mäppchen, Stifte und was man sonst so für den Unterricht braucht, das haben die meisten auf der Flucht mit ihrem alten Zuhause zurückgelassen. Im wohnlich eingerichteten Raum warten Klassenlehrerin Carolin Falk und die anderen Schülerinnen und Schüler schon auf die Gäste. Weiße Friedenstauben aus Papier schmücken die Fenster.

Hilfe beim Weg in den Alltag

Hey, schön, dass Du da bist!“, begrüßt ein Mädchen die Neuen, andere sprechen Englisch oder übersetzen ins Ukrainische und helfen bei ersten Schritten in den Kölner Schulalltag. Schnell ist die erste Scheu überwunden, ein kleiner Fundus organisiert mit Papier und Material fürs eigene Fach. Auch Kollegium und Förderverein leisten Unterstützung. Carolin Falk ruft mit Worten und Gesten dazu auf, die Tische zum Halbkreis aufzustellen. „Einen wunderschönen guten Morgen zusammen!“ Wer kann, spricht ihr nach. Alle verstehen intuitiv: Sie sind jetzt Teil der DKG-Familie.

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Hilfe beim Vokabeln-Lernen: Viele Gegenstände sind beschriftet. 

Am diesem Tag kommen gleich drei junge ukrainische Gäste in diese eine Seiteneinsteigerklasse der Schule; sie zählt jetzt sieben ukrainische Kinder und acht Jugendliche aus anderen Ländern. Im Gefühlsrucksack tragen viele traumatische Erlebnisse, Bilder von Bomben, Terror und Zerstörung, Angst um Familie und Freunde.

Ein Ball hilft beim Kennenlernen

Die Klassenlehrerin lädt zum Kennenlernspiel ein, bei dem sich alle einen Ball zuwerfen. An der Tafel stehen neben den Vokabeln der Woche „kalt“ und „begrüßen“ auch „jünger/älter als“, „größer/kleiner als“ und die Namen von allen: Von Aleksandr, Ali, Cecilia, Daria, Jean, Luci, Margerita, Mehmed bis Sasha (geändert). Der Ball fliegt von Pult zu Pult. Jeder wählt einen passenden Satz. Ali ist jünger als Luci, Daria kleiner als Jean... Es wird gelacht.

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Hilfe beim Vokabeln-Lernen: Viele Gegenstände sind beschriftet.

Daria ist schon seit drei Wochen da. Die 14-Jährige flüchtete mit Mutter und Schwester aus Zaporozhye und erzählt auf Englisch, dass sie nun bei einer Gastfamilie wohnt und das Schulsystem in ihrer Heimat ganz anders ist. „Dort gibt es nur eine Schule für alle und man darf nicht nach draußen gehen.“ Sie wünscht sich sehr, bald wieder in die Ukraine zurückzukehren. Die Meisten haben nichts mehr von ihrer alten Schule gehört. Einige nehmen weiter am staatlich organisierten, ukrainischen Online-Unterricht teil. Ein Mädchen möchte in Köln bleiben und am DKG ihr Abitur machen, wie drei frühere Seiteneinsteiger letztes Jahr. „Es ist gut in dieser Klasse“, sagt Mehmed, „aber auch schwer.“

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Integration in Förderklassen

Täglich kommen neue Flüchtlingsfamilien in Köln an, etliche Schulen haben bereits Gastschülerinnen und -schüler aufgenommen. Über das Kommunale Integrationszentrum werden sie dann offiziell den Seiteneinsteigerklassen zugewiesen. Auch Schulen, die keine Seiteneinsteigerkasse haben, integrieren bereits geflüchtete Kinder und Jugendliche in ihren Klassen.

Die Vorbereitungen für die Einrichtung internationaler Förderklassen laufen auf Hochtouren, Möglichkeiten und Kapazitäten werden gerade ausgelotet. Laut Bezirksregierung Köln (Stand März) gibt es derzeit in Vorbereitungsklassen der Stadt insgesamt 330 Plätze an Grundschulen und 850 Plätze in der Sekundarstufe I. Weitere könnten bei Bedarf gebildet werden. (MW)

Zahlen

8753 Schülerinnen und Schüler wurden bereits an fast 2000 Schulen in NRW aufgenommen (Stichtag 6. April) und erhalten eine Erstförderung, teilte das Land mit. Unter den Flüchtlingen aus der Ukraine sind auch in Köln viele Mütter mit Kindern. Etliche Kinder wurden bereits als Gäste in Kölner Schulen aufgenommen, andere sind schon in Seiteneinsteigerklassen wie am Dreikönigsgymnasium an der Escher Straße. Ziel ist neben dem Erlernen der deutschen Sprache die zügige Integration in den Regelunterricht. (MW)

Neue Sprache, für viele auch neue Schrift, das sind Herausforderungen. Die 10- bis 16-Jährigen kommen mit unterschiedlichsten Vorkenntnissen. In den ersten Tagen loten die Lehrkräfte den Wissensstand aus und stellen dann für jedes Kind ein individuelles Förderkonzept und den passenden Stundenplan zusammen. Alle werden auch in eine zweite Lerngruppe in regulären Fächern am Gymnasium im Interim an der Escher Straße integriert. Beim Sport, in Mathe oder Kunst kann das oft schnell gehen, sagt Schulleiterin Barbara Wachten. „Das Konzept der Binnendifferenzierung würde man sich so eigentlich für jede Klasse wünschen.“

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Ein bisschen Normalität nach oft traumatischen Fluchterfahrungen:  Neue „Seiteneinsteiger “ werden sofort in den Unterricht einbezogen. 

Die Gruppenzusammensetzung ändert sich oft. Es findet ein ständiger Wechsel zwischen individuellem, eigenverantwortlichen Lernen und Arbeit in Kleingruppen statt. Von der ersten bis zur 5. Stunde wird hier mal spielerischer, mal schon recht anspruchsvoll die Deutsche Sprache erlernt. „Flexibilität ist mein zweiter Vorname“, sagt Falk. Bei der komplexen Mischung – von Grammatik bis zum Zahlenlernen – behält sie den Überblick. Dazu gehört ein Fundus an „Hosentaschenstunden“, an geplanten Unterrichtsstunden, die je nach Gruppenzusammensetzung „spontan umgedacht werden müssen, weil die Tür aufgeht und jemand Neues dasteht oder ein Elternbrief erklärt werden muss“.

Viele Kinder kommen mit traumatischen Erlebnissen

Die Herausforderungen sind auch psychologisch groß. Manche Kinder treten eine Flucht nach innen an. Andere erzählen von Verzweiflung, zerstörten Kinderzimmern und Vätern, die ihre Heimat verteidigen. Es sei eine Gratwanderung, „man muss vorsichtig sein“, sagt Falk mit Blick auf Gespräche.

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Vermitteln müssen man etwa bei aus Russland und der Ukraine stammenden Kindern, denen sie sagt: „Hier sind wir alle eine Familie!“ So fühlt es sich für einige schon an: Ein Kind kam lieber erschöpft mit Fieber in die Schule, statt in der Flüchtlingsunterkunft zu bleiben, und schlief auf dem Klassensofa. Die wichtigste „Maßgabe der Integrationsarbeit“, resümiert die Schulleiterin: „Kinder brauchen Kinder. Jugendliche brauchen Jugendliche!“ Egal in welchem Land.