Schlechter ScherzHerbert Geiss über neue Masken und Schunkeln auf Abstand
- 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche hat Deiters in Frechen.
- Bis auf weiteres ist das Geschäft geschlossen, niemand hat derzeit Lust, sich zu verkleiden. Wann kommt das wieder?
- Mit Deiters-Chef Herbert Geiss sprach Jens Meifert.
Herr Geiss, fiese Einstiegsthese: Das Kostüm der nächsten Session ist der Mundschutz.
(lacht) Maskenhändler waren wir schon immer, nur nicht in dieser Form. Wir haben tatsächlich zügig unsere Produktion umgestellt und Mund- und Nasenmasken in hoher Zahl bestellt, auch um den Rufen von Krisenstäben und Verwaltungen nachkommen zu können.
Den riesigen Bedarf konnte anfangs niemand decken. Wir haben diese in den umliegenden Kreisen, aber auch in ganz Deutschland an Kliniken und Kommunen ausgeliefert.
Wo haben Sie die so schnell herbekommen?
Aus unseren Produktionsstätten in Fernost, aus China vor allem. Es ist aber nicht so, dass wir damit reich werden könnten. Normalerweise zahlen wir zwei, drei Euro pro Kilo Luftfracht, jetzt sind es 24 Euro. Das macht viel aus. Wir waren kurz vor der Stornierung, aber über die Masse rechnet es sich dann doch.
Wie viel haben Sie inzwischen verkauft?
Mehr als eine Million Masken. Der Bedarf ist immer noch da, nur: Die einfachen medizinischen Masken drücken auf die Psyche, jetzt geht es in farbige Trends. Wir versuchen da professionelles Material anzubieten, zweilagig, damit ein Taschentuch eingelegt werden kann, mit Drahtverstärkung als Nasenbügel natürlich, so dass es bequem ist und gut aussieht.
Die Leute denken sich doch: Wenn ich die Dinger schon tragen muss, dann sollen sie wenigstens schön aussehen. Wir haben auch eine Sessionsmaske im Programm. 5000 Stück zunächst, das Festkomitee haben wir gerade damit ausgestattet.
Der medizinische Mundschutz kostet bei Ihnen 85 Cent, die Textilmaske 7,99. Euro. Ihr neues Kerngeschäft?
Es gibt nun mal die Pflicht, die Masken zu tragen, also mischen wir da mit. Das Kölner Logo oder die rot-weiß-gestreifte Maske funktionieren gut. Aber das kann natürlich nicht annähernd auffangen, was uns im Kostümgeschäft weggebrochen ist. Wir haben im Frühjahr auch in normalen Zeiten keine Hochkonjunktur, aber wir verkaufen schon etwas zu Anlässen wie Junggesellenabschieden, Sommerfesten, Mottopartys, Kindergeburtstagen, Festivals oder „Jeck im Sunnesching“.
Jetzt sind knapp 90 Prozent der Umsätze weggebrochen, es macht keinen Sinn, die Geschäfte zu öffnen. Aber vor allem durch das Verbot von Großveranstaltungen und dadurch, dass keinerlei Partys und Festivitäten stattfinden können, sind wir beim Kunden gerade so gar nicht im Fokus.
Wie sehr sind Sie vom Karneval abhängig?
Wir machen 65 Prozent des Umsatzes damit. Wenn das nun ein oder eineinhalb Jahr so weitergeht, müssen wir nicht Insolvenz anmelden, aber dann sind es sehr tiefe Einschnitte.
Als Unternehmer denkt man doch: Was könnte mein Geschäft gefährden. Hätten Sie sich eine solche Situation vorstellen können?
Nein, null. Vor sechs Wochen konnte keiner ahnen, was da über uns hereinbricht. Karneval wurde immer gefeiert, selbst während des Golfkriegs, weil die Leute sich das nicht verbieten lassen. Es gibt Krisen, die man selbst herbeigeführt hat, aber für Corona kann keiner etwas.
Was glauben Sie, wird bald wieder gefeiert? Wird es eine Karnevalssession geben?
Ich bin kein Virologe und kein Mediziner, aber wir müssen schon auch sehen, dass wir mit den aktuellen Maßnahmen auch unseren Wohlstand und damit unser Wohlbefinden aufs Spiel setzen. Die Politik muss die Entscheidungen treffen, und das ist unglaublich schwer. Ich glaube aber, dass wir in vier bis sechs Wochen viel weiter sein werden. Und dass die Leute große Lust haben, wieder rauszugehen.
Aber Schunkeln auf Abstand geht nicht.
Nein, das wird nicht funktionieren. Wir können viel über Hygienemaßnahmen sprechen, aber wir können nicht solche Konzept einfach auf den Karneval übertragen. Möglicherweise messen wir im Gürzenich die Temperatur der Gäste, von mir aus, aber wir werden keine Sitzung per Videokonferenz abhalten. Das ist nicht mehr lustig, das funktioniert nicht. Ich bin mir aber sicher: Der Elfte Elfte wird stattfinden. Halloween auch.
Sie verkaufen Kostüme, aber auch Spaß und Lebensfreude. Sind die Leute schon so weit?
Es gibt Optimisten und Pessimisten. Ich glaube, dass wir durch diese Krise kommen und daran wachsen werden. Die Leute werden auch im privaten Kreis wieder feiern, schon bald. Eins weiß ich sicher: Das, was wir jetzt erleben, wird nicht die Normalität.
Sie haben vermutlich längst die neuen Karnevalskostüme geordert. Bleibt es bei den Großbestellungen?
Ja, wir glauben an das, was wir hier tun. Wir planen mit 111 Prozent, keine Abstriche.
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Sie verkaufen auch den Mottoschal, der ist nur ein Jahr aktuell. Bestellen Sie auch den wie gewohnt?
Auch den. Da waren wir zuletzt bei 50 000 Stück, das müssen wir in vier Wochen entscheiden, damit wir ihn pünktlich haben.
Wird es den Coranavirus als Kostüm geben?
Das möchte ich nicht, das wäre makaber.
Ärzte, Krankenschwester, Pfleger?
Warum nicht? Das haben wir in den Schaufenstern dekoriert und uns auf dem Weg bei den Helfern bedankt. Dadurch wird in meinen Augen niemand ins Lächerliche gezogen. Wer sich verkleidet, sucht sich doch gerne ein Heldenkostüm. Das kann also Ausdruck von Respekt sein. Vielleicht sehen wir in der nächsten Session viele Supermarktkassiererinnen.