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Der Pionierpark mitten in KölnDas ist der Park, den keiner kennt - Obstbäume, Eidechsen und Bolzplatz

Lesezeit 4 Minuten
Im Westen des Grünzugs hat die Stadt 25 Obstbäume pflanzen lassen.

Im Westen des Pionierparks hat die Stadt 25 Obstbäume pflanzen lassen.

Der Pionierpark ist das erste Projekt der Parkstadt Süd und ein durchaus spannender Ort. Ein Ort, von dem kaum jemand in Köln weiß, dass es ihn gibt.

Die Idee der Zwischennutzung ist ein sehr dehnbarer Begriff. Im Pionierpark hat eine trinkfreudige Gruppe – Größe unbekannt – den Begriff am Wochenende auf ganz eigene Art und Weise definiert. Davon erzählen am Montagmorgen mehrere Dutzend geleerte Bierflaschen, die an einem Mülleimer angelehnt den Wegesrand säumen. Unter einer hölzernen Bank ein paar Meter weiter liegt eine Sektflasche, auf der Wiese nebenan spielt der Wind mit mehreren zerstückelten Papiertüten eines Lieferservices. Die gute Nachricht, die sich daraus ableiten lässt: In Ansätzen ist aus der Brache zwischen Bonner Straße und Vorgebirgsstraße ein lebendiger Ort geworden. Das war das Ziel der Stadt. Der 40.000 Quadratmeter große Pionierpark ist das erste gestaltete Areal des Stadtentwicklungsprojektes Parkstadt Süd.

Viel Platz zum Spazieren gibt es im Pionierpark.

Viel Platz zum Spazieren gibt es im Pionierpark.

Der Begriff der Zwischennutzung verrät es bereits: Der Pionierpark ist nur eine Übergangslösung. Hier, zwischen Großmarktgelände und Bonner Wall, soll in einer unbestimmten Zukunft der Grüngürtel seine Fortsetzung Richtung Rhein finden. Blöd nur, dass von dem durchaus spannenden Projekt kaum jemand weiß. „Die Nutzung ist zurzeit noch nicht so intensiv“, teilt die Verwaltung auf Anfrage mit. Das liege vor allem daran, dass es bislang nur einen einzigen Eingang gebe. Der liegt auf dem Bischofsweg, der nicht unbedingt dafür bekannt ist, Teil vieler Spaziergangs-Routen zu sein. Doch selbst wer hier vorbeigeht, könnte den Eingang zum Park als einen weiteren Zugang zum Großmarktgelände abstempeln. Ausgeschildert ist hier jedenfalls nichts.

Pionierpark in Köln: „Hier hat man seine Ruhe“

Die leeren Bierflaschen sind an diesem Tag das einzige Zeugnis menschlichen Lebens im Pionierpark. Bis auf eine Ausnahme: ein einsamer Spaziergänger mit Hund. „Es ist ein besonderer Ort. Hier hat man seine Ruhe“, sagt der Mann - und möchte dann lieber seine Ruhe haben. Besonders trifft es tatsächlich gut. In der angrenzenden Südstadt gibt es kaum einen Ort, an dem eine solche Stille herrscht. Ab und zu rauscht auf dem Bahndamm ein Zug vorbei, wer genau hinhört, kann je nach Tageszeit das rege Treiben des Großmarkts vernehmen.

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Natur trifft auf Streetart: Bunte Wildblumen vor den Holzzäunen des Großmarkt-Geländes.

Natur trifft auf Streetart: Bunte Wildblumen vor den Holzzäunen des Großmarkt-Geländes.

Leben herrscht im Pionierpark auch ohne Menschen zu jeder Zeit. Viel Erde und ein bisschen Rasen waren bei der Eröffnung im September 2022 das einzige, was hier zu sehen war. Mittlerweile summen die Bienchen über eine bunte Blumenwiese. Eine Vielzahl farbenprächtiger Wildblumen hat sich am Rande der Südstadt ein Zuhause geschaffen: die Gewöhnliche Wegwarte, Löwenzahn, Fliederspeer, Schafgarbe, Wiesen-Flockenblume, Moschus-Malve, Steinklee oder die mannshohe Windblumen-Königskerze. Im westlichen Teil hat die Stadt 25 Obstbäume pflanzen lassen: Apfelarten wie der Rote Münsterländer Borsfelder oder das Rheinische Seidenhemdchen, Birnenarten wie die Neue Poiteau oder die Weiße Spanische Kirsche.

Greifvögel, Füchse, Gänse und Eidechsen

Neben der artenreichen Flora hat auch die Fauna im Pionierpark einiges zu bieten. Neben den offensichtlichsten Bewohnern – unzähligen Krähen – berichtet das Grünflächenamt von Greifvögeln, Füchsen und Gänsearten. Und dann sind da noch die Mauereidechsen, die im Osten des Parks einen eingezäunten Steinhaufen spendiert bekommen haben.

Die Eidechsen-Felsen im Osten des Pionierparks.

Die Eidechsen-Felsen im Osten des Pionierparks.

Die bunte Blütenpracht im Kölner Pionierpark.

Die bunte Blütenpracht im Kölner Pionierpark.

Und auch für den Menschen hat das Grünflächenamt Anreize geliefert, dem Pionierpark einen Besuch abzustatten: einen Bolzplatz und ein Basketballkorb. Nutzungsrate: Luft nach oben. Schon bald könnte sich das ändern. Geht der Plan der Stadt auf, soll sich der Pionierpark bereits im kommenden Jahr im Osten öffnen und sich mit dem angrenzenden Sportpionierpark verbinden. Dort entsteht aktuell auf 29.000 Quadratmetern ein weiterer Grünzug mit Tischtennisplatten, Streetball-Fläche, Padel-Anlage, Discgolf-Stationen und weiteren Sportangeboten. Beide Parks verbinden letztlich den Bischofsweg mit der Bonner Straße – und dürften dadurch deutlich mehr Menschen anlocken.

Die Streetball-Fläche im Pionierpark, im Hintergrund die Schornsteine des Wasser- und Elektrizitätswerks am Bonner Wall.

Die Streetball-Fläche im Pionierpark, im Hintergrund die Schornsteine des Wasser- und Elektrizitätswerks am Bonner Wall.

Auch der Sportpionierpark ist ein Projekt auf Zeit. Steht der Entwurf des Inneren Grüngürtels irgendwann fest, werden beide Parks zurückgebaut. Denn bevor die finale Parkanlage entsteht, muss die Stadt umfangreiche Bodensanierungs-Arbeiten durchführen. Im Boden schlummern diverse Altlasten. Aktuell bedeckt ein Vliesstoff den Schotter, darüber wurde frische Erde angehäuft. Alle Sportgeräte und Anlagen finden dann anderswo oder im neuen Grüngürtel eine Heimat. Wann der Grüngürtel fertig wird, steht in den Sternen. Einen Mehrwert für den Kölner Süden werden der Pionierpark und der Sportpionierpark schon deutlich früher leisten. Und dann dürfte die Zwischennutzung weit mehr beinhalten als den kleinen Umtrunk am Wochenende.


Städtebauprojekt Parkstadt Süd

115 Hektar ist das Areal im Kölner Süden groß, auf dem in den kommenden Jahren das Stadtentwicklungsprojekt Parkstadt Süd entstehen soll. Vom Jean-Löring-Sportpark bis zum Rhein plant die Stadtverwaltung drei Quartiere mit gemischter Nutzung. Dabei sollen insgesamt rund 3300 neue Wohnungen in zentraler Lage entstehen. Mittendrin bleibt die denkmalgeschützte Großmarkthalle bestehen. Durch die Anlage von Parks und Grünflächen soll der Innere Grüngürtel von der Luxemburger Straße bis ans Rheinufer verlängert werden. Den Startschuss für das Vorhaben macht die GAG mit dem Neubauprojekt „SechtM“ an der Sechtemer Straße, das bereits rasant wächst.