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Rhein-HochwasserRund 50 Binnenschiffe stecken im Niehler Hafen fest

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Im Niehler Hafen liegen derzeit rund 80 Schiffe.

Köln – Ron Brevoord steckt fest. Sein 135 Meter langes Binnenfrachtschiff, die „Caron“, kann und darf weder vor noch zurück. Nicht zurück nach Rotterdam, wo es her kommt. Nicht nach Rheinbrohl, wo es nach rund 40 Stunden Fahrt eintreffen und 4200 Tonnen Sand abliefern sollte. Seit vergangenem Sonntag liegt Brevoord mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Niehler Hafen. Das Hochwasser hat ihn dazu gezwungen. „Sowas gehört dazu“, sagt Bredvoord. „Das ist die Natur. Ab und zu kommt es einfach vor.“ Seit Mittwochnachmittag hat der Rhein die Hochwassermarke 2 von 8,30 Meter erreicht, die Schifffahrt ist seitdem verboten.

Viele Binnenschiffer suchten im Niehler Hafen nach einem Stellplatz. Etwa 30 Flusskreuzer liegen dort zu dieser Zeit regulär. Rund 50 Binnenschiffe sind seit Ende vergangener Woche dazu gekommen, sagt ein Sprecher der HGK (Häfen und Güterverkehr Köln), der der Hafen gehört. Wann die Schiffe ihre Fahrt unterbrochen hätten, hänge vom Zielort ab. Andere Rheinabschnitte, wie der zwischen Koblenz und Wiesbaden wurden beispielsweise schon früher gesperrt. Wer dorthin wollte, musste bereits vorher stoppen. Schon seit Ende der vergangenen Woche legten viele Schiffe in Niehl an. „Nun ist der Hafen voll“, sagt der HGK-Sprecher.

Deck auf Vordermann bringen

Ron Brevoord sieht das gelassen. Denn die Situation hat auch ihr Gutes. Dinge, die sonst liegen bleiben, kann er endlich erledigen. Brevoord und seine Mannschaft lackieren zum Beispiel den Maschinenraum und bringen das Deck mit kleineren Arbeiten wieder auf Vordermann. „Es gibt genug zu tun, aber manchmal kommt auch Langeweile auf“, sagt er. Eigentlich kann so ein Hochwasser eine willkommene Abwechslung für den Alltag sein, zum Beispiel mit einem Ausflug ins Phantasialand. Sowas funktioniert in der Corona-Zeit nicht. „Maximal ein bisschen spazieren und einkaufen. Mehr geht nicht“, sagt Brevoord. Auch mit anderen gestrandeten Schiffsleuten könne er sich nicht treffen.

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Jolanta Ibrom, Inhaberin der „Hafen Gaststätte“

Die Welt der Binnenschiffer ist klein. Man kennt sich. Man tauscht sich aus. Nur eben nicht jetzt. „Die Kontaktbeschränkungen gelten auch für uns.“ So verbringt er die Zeit mit seiner Familie größtenteils unter Deck. Dort hat er eine 170 Quadratmeter-Wohnung. Die „Caron“ ist sein Zuhause, bis auf eine Woche im Jahr lebt er dort. Bestens ausgestattet mit allem, was er braucht.

Der Kölner Pegel

Am Freitagabend zeigte der Kölner Pegel einen Wasserstand von 8,62 Metern. Die Stadtentwässerungsbetriebe (StEB) prognostizieren einen etwa gleichbleibenden Wasserstand für das Wochenende. Erst zu Beginn der kommenden Woche werde er sinken, so die Prognose. Bereits am Donnerstag hatte die StEB vereinzelt Tore in der Altstadt aufgestellt, die die Lücken zwischen den Mauern schließen sollten. Am Freitag kamen weitere Tore in der Altstadt, in Rodenkirchen und in Porz dazu.

Aufgrund der teilweise abweichenden Wettervorhersagen unterliegen Prognosen zur Entwicklung des Wasserstandes immer einer gewissen Unsicherheit. (sim)

Wenn es nach Jolanta Ibrom geht, wäre es besser, wenn nicht jeder Schiffer seine eigene Küche hätte. Ibrom arbeitet seit 22 Jahren in der „Hafen Gaststätte“ am Hafenbecken 1 des Niehler Hafens. Hinter der Theke hat sie einige Salate und belegte Brötchen vorbereitet. Obwohl der Hafen voll ist, bleibt der Ansturm bei ihr aus. „Die kochen alle selbst“, sagt sie. „Die haben richtige Luxusküchen da unten drin.“ Sonst sei ihr Lokal ein beliebter Treffpunkt der Schiffer, gerade zu Hochwasserzeiten. Nun darf nur eine Person gleichzeitig eintreten. Das lockt kaum jemanden an. Kundschaft gibt es trotzdem. Niemand von den Schiffen, dafür Polizisten, Mitarbeiter des Ordnungsamts oder Lkw-Fahrer.

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Immer wiederkehrende Ausnahmesituation: Ron Brevoord sitzt mit seinem Binnenfrachtschiff „Caron“ im Niehler Hafen fest.

Von denen sind aktuell viele unterwegs. Viele Schiffe verladen ihre Ware zum Weitertransport auf Lkws. „Es ist schade. Die Schiffer sind richtig nette Leute. Die haben hier schon für tolle Abende gesorgt.“ Ordentlich einen getrunken, hätten sie. Aber immer nett und freundlich, seien sie gewesen.

50 Prozent Verlust zahlt der Auftraggeber

Jolanta Ibrom hat das Wasser im Hafen schon einige Male kommen und gehen gesehen. Noch sei die Situation nicht besonders dramatisch. Im Durchgang zum Gastraum hängt ein Foto von 1993. Damals hatte der Rhein den gesamten Hafen überflutet. Auch die „Hafen Gaststätte“ war betroffen.

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Finanzielle Probleme bereitet der kurze Stopp Ron Brevoord nicht. Seine 4200 Tonnen Sand wird er später abliefern. 50 Prozent der Verluste zahlt der Auftraggeber. Der restliche Verlust sei einkalkuliert, Hochwasser gehöre eben zum Geschäft dazu. Trotzdem freut sich Brevoord darauf, seine Fahrt mit frisch lackiertem Maschinenraum fortsetzen zu können. Zu Beginn der kommenden Woche soll das Wasser wieder zurückgehen. Am Dienstag, vielleicht auch erst am Mittwoch, soll die „Caron“ auslaufen.