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Pro und Contra PkwOhne Auto in Köln - Gut möglich oder zu schwierig?

Lesezeit 5 Minuten
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Peter Ruther (52, Agnesviertel)

  1. Das Bündnis im Stadtrat will den PKW zurückdrängen - obwohl die Zulassungszahlen steigen. Zwei Kölner berichten aus ihrem Alltag: Einer hat das Auto ab-, der andere angeschafft

Köln – Für ihn ging es nicht ohne: Am Wochenende wurde es schwer. Joris Kalle (44, Neuehrenfeld) kaufte im vergangenen Jahr einen Camper-Van

Rund acht Jahre hat Joris Kalle (44) auf das Auto verzichtet. Eine Zeit lang ist er damit gut gefahren. "Ich war mit Car- Sharing, Bus und Bahn und vor allem mit dem Fahrrad unter- wegs". Doch dann stand eine neue Lebensphase für den Kölner aus Neuehrenfeld an. Ohne Auto wurde es langsam kompliziert. Vor allem, wenn es um die Vater-Sohn-Zeit geht. "Mein Sohn lebt bei seiner Mutter in Dortmund", berichtet Kalle. Ihn besuchen, ihn abholen, das ginge auch ohne Auto, aber nur unter Aufwand und mit Zeitverlust.

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Joris Kalle (44, Neuehrenfeld)

Joris Kalle machte vor einigen Jahren die Rolle rückwärts, zurück zum eigenen Pkw. Erst im vergangenen Jahr stand ein Neuerwerb an. Er hat sich einen Camper-Van zugelegt. Hauptgrund für den Wagen sei ganz klar sein Sohn gewesen. "Mit der Bahn brauche ich locker das doppelte an Zeit, um ihn zu besuchen." Und Car-Sharing? "Gerade an den Wochenenden wurde es immer komplizierter, an ein Auto zu kommen", erinnert sich Kalle. Es habe Fälle gegeben, da sei der Vormieter des Sharing-Autos eine halbe oder gar eine ganze Stunde zu spät gekommen. "Erklären sie einem Kind mal, warum sie wieder nicht zur abgesprochenen Zeit kommen." Auch für seine vierjährige Tochter, die bei ihm in Ehrenfeld wohnt, gibt es Termine zu managen. Geburtstagsfeiern mit Event irgendwo außerhalb der Stadt, fällt ihm da sogleich als Paradebeispiel ein. Die Kinder waren der Hauptgrund für den eigenen Wagen.

Es gibt aber auch "Nebengründe", die ihn gerade den Camper haben anschaffen lassen. "Wir sind unheimlich gerne unterwegs", erzählt Kalle von der Freizeit mit seiner Familie. Am Wochenende ans Meer, oder wochenlang durch Europa: "Der Camper ist wie unser zweites Wohnzimmer." Aber mit so einem Wagen in Neuehrenfeld einen Parkplatz finden? "Klar, das ist die Hölle", räumt Kalle ein.

Die Größe seines Wagens sei dabei eher Nebensache. "Erst einmal überhaupt eine Parklücke finden." Habe er dann eine, passe es schon irgendwie. Früher, in der Zeit ohne eigenen Pkw, habe er oft bei seiner Mutter oder Bekannten angefragt, ob er sich ihren Wagen mal leihen darf fürs Wochenende oder den Urlaub. "Aber das will man irgendwann ab 30 doch auch nicht mehr." Im Alltag braucht er seinen Wagen zumeist nicht. "Ich arbeite in Mülheim, das mache ich alles mit dem Fahrrad." Das hat nebenbei den Vorteil, dass er seinen Wagen unter der Woche nicht aus der kostbaren Parklücke wegbewegen muss. Natürlich kostet so ein Auto. "Wir haben kein Eigentum, wohnen zur Miete." Der Camper sei das Stück Lebensqualität, das man sich leiste.

Den Wagen wieder abzuschaffen, grundlegend vorstellen könne er sich das schon. "Aber dafür müsste die Infrastruktur von Bus und Bahn viel besser aus- gebaut sein, mehr dem Straßennetz gleich kommen", sagt Kalle.

Peter Ruther kommt in Köln auch ohne Auto klar

Es ist einfacher, als ich dachte. Peter Ruther (52, Agnesviertel) legt fast alle seine Wege mit dem Fahrrad zurück.

Peter Ruther (52) hatte gute Argumente für sein Auto. Für den Beruf musste der Lehrer nach Düsseldorf pendeln. "Klar, das wäre auch mit der Bahn gegangen. Aber das hätte die Zeit für den Weg verdreifacht." Er ist verheiratet und hat einen mittlerweile 17 Jahre alten Sohn.

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Peter Ruther (52, Agnesviertel)

"Als mein Sohn noch klein war, war der Wagen auch echt hilfreich für die Familienurlaube" erinnert sich Ruther zurück. Das kleine Fahrrad, die Eimerchen und Schüppchen einfach hinten rein. Passt. Wenn auch eine Belastung für sein Öko-Gewissen.

Peter Ruther ist ehrenamtlich bei den Grünen im Innenstadtbezirk aktiv. Die CO2-Bilanz sei ihm auf jedem Fall wichtig, betont er. Da schnitt sein Toyota Prius als einer der ersten Serien-Hybrid-Pkw auf deutschen Straßen gar nicht so schlecht ab. Dennoch hat Peter Ruther vor rund anderthalb Jahren einen Schnitt gemacht. Er hat seinen Wagen verkauft.

Fortan sollte es ohne eigenes Auto gehen. Dafür gab es neben den Klimaaspekten durchaus eine ganze Reihe von pragmatischen Gründen. Peter Ruthers "Revier" ist das Agnesviertel. "Hier zu parken, das ist die Hölle, und Suchverkehr und Autos belasten die Anwohner." Zu seiner Düsseldorfer Zeit wusste er, wenn er im Laufe des Nachmittags nach Hause kam, ging es noch mit ein bisschen Glück. "Abends habe ich den Wagen aber nicht mehr weggesetzt.

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Nach 20 Uhr einen Parkplatz finden - keine Chance." Vor allem hat Ruther mal Bilanz gezogen, aufgelistet, was ihn sein Auto so kostet." Das machen ja die wenigsten, aber wenn man Kfz-Steuer, Versi cherung, Reparaturen, Service und Benzin mal ehrlich zusammenrechnet, da kommt richtig was zusammen." Natürlich habe er sich vor dem Schritt, den Wagen aufzugeben, Gedanken darüber gemacht, wie kompliziert es wohl werden würde.

"Aber ehrlich, es ist einfacher als ich dachte", lautet sein Resümee. 90 Prozent seiner Wege lege er nun mit dem Fahrrad zurück. Der Rest seien Fußwege oder Fahrten mit der Stadtbahn. "Meine Einkäufe kriege ich eigentlich problemlos in die Packtaschen am Rad." Wasser werde gesprudelt. "Wobei, das habe ich eigentlich auch schon vor dem Autoverkauf gemacht." Im Schnitt alle zwei Wochen leihe er sich mal ein Auto bei einem Car-Sharing-Anbieter. Wenn der Sohn mal ein Auswärtsspiel habe oder wenn ein Ausflug ins Bergische anstehe. "Klar, da kostet dann so eine Fahrt an die 40 Euro. Aber wenn ich die Kosten fürs eigene Auto gegenrechne, dann ist das nicht wirklich teuer."

Gerade sonntags sei es aber schon mal schwieriger, einen Leihwagen zu kriegen." ;Dann muss ich eventuell etwas laufen, um an einen heranzukommen, der frei ist." Dennoch, zurück zum eigenen Pkw, dass kann sich Ruther nicht vorstellen: "Da müsste schon viel passieren. So wie es jetzt läuft, war es für mich definitiv eine gute Entscheidung."