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Skandal an Alfred Schütte-AlleeFlüchtlinge in Köln müssen Verkehrsberuhigung weichen

Lesezeit 4 Minuten
Halteverbotsschilder an der Schütte-Allee

Weil die Stadtverwaltung die Halteverbotsschilder nicht abmontieren will, müssen Ukraine-Flüchtlinge ihre Unterkünfte verlassen.

Wie die Stadtverwaltung mit einem Unternehmer umgeht, der in der Flüchtlingskrise Hilfe anbietet, lässt den Atem stocken.

Eigentlich klingt es nach einer äußerst fairen Abmachung. Mehr noch: Es war ein sehr humanes Angebot, dass Carl Martin Welcker, als Geschäftsfüher der Alfred H. Schütte GmbH & Co der Stadt machte. Er stellt eine Parkplatzfläche auf seinem Firmengelände kostenlos zur Verfügung, damit dort aus Containern eine Flüchtlingsunterkunft errichtet werden kann. Dafür wird für seine Mitarbeiter an der Alfred-Schütte-Allee unter den Bäumen am Straßenrand das Parken wieder freigegeben. 2022 wurde das so besiegelt, laut Welcker sogar vertraglich fixiert. Aber den kleinen Teil, den die Stadt Köln zum Gelingen beitragen sollte, war der Verkehrsdezernent Ascan Egerer wohl nicht bereit zu erbringen. Das Parken unter den Bäumen ist weiterhin untersagt. Mehr noch: Durch Bügel und Findlinge im Bereich der Baumstämme sogar unmöglich gemacht worden. Welker sieht sich darum zu einem drastischen Schritt gezwungen: „Mit dem heutigen Tag kündigen wir den Grundstücksvertrag außerordentlich und mit sofortiger Wirkung“, schreibt er vor rund einem Monat an Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Die Folgen sind dramatisch

Die Folgen sind dramatisch: 98 Unterbringungsplätze waren laut einer Stadtsprecherin auf dem Schütte-Gelände entstanden. Durchaus hochwertige: mit eigenen Küchen und Gemeinschaftssanitäreinrichtungen. „An dem Standort sind überwiegend Familien untergebracht“, so die Stadtsprecherin weiter. Dem Vernehmen nach vorrangig aus der Ukraine. Aktuell befänden sich vor Ort noch 28 Kinder und Jugendliche.

Noch, denn: „Es ist geplant, den Standort bis zum 10. Dezember 2024 leerzuziehen. Sofern die dort untergebrachten Geflüchteten bis dahin keine eigenen Mietwohnungen in Köln beziehungsweise dem Umland finden, werden sie vom Sozialen Dienst des Amtes für Wohnungswesen in mehreren anderen städtischen Unterkünften adäquat – und unter weitgehender Berücksichtigung ihrer gesonderten Bedarfe – untergebracht“, beschreibt die Stadt auf Nachfrage der Rundschau, wie es nun weitergeht. Wer die dramatische Lage bei der Unterbringungen von Flüchtlingen auch in Köln kennt, weiß: Was bei dieser Antwort nach geordnetem Rückzug klingt, wird in Wirklichkeit eine Herkulesaufgabe. Es fehlt an Unterkünften.

Kosten für Container-Miete laufen weiter

Mehr noch, es fehlt selbst an Flächen, auf denen neue Unterkünfte entstehen könnten. Darum: „Es stehen keine Ausweichflächen für die Wohncontainer zur Verfügung. Diese wurden nur angemietet und werden nach Mietvertragsende wieder von der/dem Eigentümer*in abtransportiert“, so eine Stadtsprecherin auf Anfrage. Doch das Vertragende liegt noch in weiter Ferne. „Die Vertragslaufzeit für die Anmietung der Wohncontainer endet nach derzeitigem Sachstand zum 30. September 2025. Die monatlichen Mietkosten für die Anmietung der Containeranlage belaufen sich auf 37 714 Euro.“ Eine Unterbringung im Einzugsbereich der derzeit von Kindern und Jugendlichen besuchten Schulen und Kindertagesstätten im Umfeld der Poller Geflüchtetenunterkunft wird demnach wohl bestenfalls nur für einen kleinen Teil der Betroffenen möglich sein; viele Kinder und Jugendliche werden ihre Schule wechseln müssen, für die jüngeren Kinder müssen Plätze in Kitas am neuen Unterbringungsort gefunden werden, um den Eltern eine Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.

Familien mit Kindern auf der Odyssee

Familien, Kinder und Jugendliche müssen auf eine Odyssee geschickt werden, wegen ein bisschen Parken unter Bäumen? „Ich bedauere diese Entwicklung außerordentlich, zumal wir von unserer Seite alles unternommen haben, um eine solche Entwicklung zu verhindern, zuletzt bei einem Vor-Ort-Termin am 7. Juni“, schreibt Welker an die Oberbürgermeisterin. Aber es sei offenbar zwischen den Ämtern der Stadt Köln nicht möglich, innerhalb von zwei Jahren den Abbau von ein paar Parkverbotsschildern zu beschließen und vorzunehmen. Und dann folgt ein Satz in dem Schreiben, aus dem sich die aufgestaute Wut des Unternehmers herauslesen lässt: „Es ist mir unbegreiflich, wie in einer vermeintlich weltoffenen Stadt die ideologisch motivierte Vernichtung von Parkraum Vorrang vor der gebotenen Hilfe und Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge hat.“ Ihm seien nunmehr die Hände gebunden, denn: „Unsere Mitarbeiter sind nicht zuletzt vor dem Hintergrund des desolaten Bahnverkehrs gezwungen, mit dem Auto zu kommen.“

Dezernent freut sich über Maßnahme

Wie reagiert Kölns Mobilitätsdezernent Ascan Egerer auf die Kritik. Auf die Frage, warum das Parken unter den Bäumen nicht wieder ermöglicht werden kann, so wie es vor 2022 üblich war, wird auf eine Internetseite der Stadt zur Verkehrsberuhigung auf der Alfred-Schütte-Allee verwiesen. Dort lässt sich Egerer wie folgt zitieren: „Ich freue mich sehr, dass wir die Maßnahmen zur verkehrlichen Beruhigung der Alfred-Schütte-Allee jetzt unter Berücksichtigung unterschiedlicher Belange umgesetzt haben.“ Zwei Sätze weiter kündigt er an: „Im Anschluss an die straßenbaulichen Maßnahmen wird die Stadt Köln zwischen Mai und Juni 2024 auf rund 600 Metern der Alfred-Schütte-Allee zum Schutz der dortigen Bäume im Bereich der Baumscheiben Bügel installieren und Findlinge setzen.“ Zu diesem Zeitpunkte loderte die Auseinandersetzung um das Parkproblem schon kräftig.