Nach tödlichem UnfallWie die Galopprennbahn für Pferde sicherer werden soll
- Beim Pfingstmontagrennen der Galopprennbahn Weidenpesch stürzte der Hengst „Astone Man“ tödlich.
- Der Unfall stellte die Gefahren für Rennpferde erneut unter Beweis.
- Doch die Leiter der Rennbahn möchten zeigen, dass es Pferde bei ihnen gut haben.
Köln-Weidenpesch – Die Prinzessin darf sich heute pflegen. „Sword Peinture“, so heißt sie richtig, ist Andreas Suborics’ beste ältere Stute im Stall. Am Wochenende war sie im Rennen im Einsatz. Heute nach dem morgendlichen Training, führt er sie in ein Paddock mit feinem Sand. Ein paar prüfende Schritte nach hier und nach dort, dann lässt sie sich fallen und wälzt sich genüsslich auf dem Rücken. Prinzessin nennt der Trainer sie, weil sie seit kurzem ein Halfter mit Glitzersteinen trägt: „Dafür hat meine Frau gesorgt.“
Neun Uhr Montag morgens auf der Galopprennbahn Weidenpesch. Um vier geht es hier morgens los mit Füttern, wenn es hell wird, drehen die ersten Reiter ihre Runden mit den Tieren. Zwischen 350 und 380 Pferde werden in Köln trainiert, „wir sind der größte Trainingsstandort für Vollblüter in Deutschland“, sagt Phillip Hein, Geschäftsführer des Kölner Renn-Vereins.
Immer wieder neue Gruppen von Pferden laufen vorbei, die einen im Renntempo, die anderen eher gemütlich. „Der da arbeitet montags etwas weniger. Der hat schon in jungen Jahren Arthrose gehabt. Deshalb läuft er auch nur, wenn es geregnet hat, sonst ist der Boden zu hart“, erzählt Suborics. Sein Name ist bekannt im Rennsport: Der 48-Jährige war über 30 Jahre lang erfolgreicher Jockey, bevor er sich 2018 als Trainer selbstständig machte. Er hat zur Zeit 36 Pferde im Stall, dessen Boxen er vom Renn-Verein mietet. Elf Arbeitsreiter trainieren täglich die Tiere. Die Stute Ancona reitet er oft selbst, „die ist etwas speziell“.
Schwere Kritik nach dem Unfall
Er und Philipp Hein möchten an diesem Morgen zeigen, dass es Pferde bei ihnen gut haben. Das ist nötig, denn eines ist gestorben. Hengst „Astone Man“ stürzte beim Rennen Pfingstmontag und brach sich beide Vorderbeine. Just an diesem Renntag standen Mitglieder der Tierrechtsorganisation Animals United, die grundsätzlich gegen den Einsatz von Tieren für den Menschen sind, vor dem Eingang zur Rennbahn und demonstrierten; einige waren auch als Zuschauer auf der Tribüne und filmten den Sturz mit. Bei Besuchern, aber auch den Medien stieß ihre Kritik am Pferderennsport nach dem Unfall auf offene Ohren: Die Tiere würden mit zwei bis drei Jahren viel zu jung ins Rennen geschickt, lebten in ständiger Überforderung und Angst, bluteten deshalb aus der Lunge und bekämen Magengeschwüre.
Suborics ist auf sie und Peta, eine weitere Tierrechtsorganisation, nicht gut zu sprechen. „Ich habe schon bei Peta angerufen, sie könnten jederzeit bei mir schauen kommen“, sagt er. Seinen Tieren gehe es besser als so manchem Pferd im Reitbetrieb: „Sie werden jeden Tag bewegt, es wird zwei mal am Tag gemistet.“ Überforderung sieht er nicht: „Meine Tiere kommen zu 90 Prozent staubtrocken von der Bahn. Und wenn es mal nicht so ist, dann weiß ich, mit dem Tier stimmt etwas nicht, dann wird es untersucht.“ Ebenso, wenn es aus den Nüstern bluten sollte: „Manchmal platzen Äderchen in der Lunge, das schaut sich dann sofort der Tierarzt an.“
Wenn ein Pferd stürzt
Nicht jedes Pferd, das stürzt und sich verletzt, wird zwangsläufig eingeschläfert. „Bei Beinbrüchen kann man schon viel machen“, sagt Philipp Hein vom Kölner Renn-Verein. Der Hengst Astone Man, der an Pfingstmontag in Weidenpesch stürzte, habe sich jedoch zwei Beine gebrochen. Da hätten die Tierärzte entschieden, dass das Pferd bis zur Wiederherstellung zu lange leiden müsse. „Wenn ein Pferd stirbt, ist das schrecklich“, sagt Hein – von den Besitzern über Jockeys und Trainer bis zu den Pflegern seien auch bei Astone Man alle geschockt gewesen.
Notärzte für Mensch und Tier fahren in Weidenpesch immer direkt hinter dem Rennen her. Kommt es zu einem Unfall, versorgen sie als Erstes die Verletzten. Ein zweites Team kommt mit Rettungswagen, sobald das gefahrlos möglich ist. Eine Sichtschutzwand wird errichtet, um Pferd – oder Reiter – geschützt vor den Blicken der Zuschauer versorgen zu können. Astone Man erhielt dahinter eine Berunigungsspritze und wurde dann für weitere Untersuchungen abtransportiert.
Auch Andreas Suborics hat als Trainer schon ein Pferd verloren, durch einen Aortenabriss. Aber zwei Pferde mit Brüchen seien genesen, eines komme sogar wieder in den Rennbetrieb.
Im Stall greift Suborics mit beiden Händen in einen der großen Strohballen: „Hier, wir achten auf Stroh, das wenig staubt, weil das besser für die Atemwege ist.“ Sein Futtermeister Ralf Wilhelms stellt für jedes Tier zusammen, was es zu fressen bekommt, „viel Hafer, aber auch Kraftfutter, dazu Leinöl und bei den jungen Tieren Magnesium für die Gelenke und die Wachstumsfugen“.
Vollblutrasse ohne Rennsport vom Aussterben bedroht?
Denn die habe man im Blick. „Der hier“, sagt Suborics und klopft einen Pferdehals, „ist zwei Jahre erstmal gar nicht gelaufen, weil er so schnell gewachsen ist.“ Für den Besitzer sei das kein Problem gewesen. Dafür würde sein Pferd jetzt Rennen gewinnen.
Warum aber Pferde für das Vergnügen von Menschen Hochleistungen bringen müssen? Darum gehe es gar nicht, meint Philipp Hein: „Bei aller Show sind Rennen eigentlich Zuchtleistungsprüfungen.“ Im Galopprennen bewiesen Vollblutpferde Stärke und Schnelligkeit und bewährten sich für die Zucht. „Ich bin überzeugt, dass ohne den Rennsport die Vollblutrasse aussterben würde.“
Etwa drei Jahre würde eine Stute im Rennbetrieb arbeiten, „danach hat sie noch 20 Jahre ein Leben als Mutter auf der Koppel“, sagt Andreas Suborics. Seine Hengste und Wallache arbeiten fünf bis sechs Jahre. Suborics kennt jeden davon genau. Wallach „Wow“ zum Beispiel: „Der hat hier hinten eine Stelle, wenn ich ihn da kraule, schnüffelt er wie ein Hund.“
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Letztendlich würde er die Pferde auch hegen und pflegen, weil sie das Kapital seines Betriebes seien: „Wenn Sie einen Porsche fahren, zerkratzen Sie den ja auch nicht.“ Und doch ist da ein Unterschied: Ein Porsche gibt keine Küsschen. Anders als Wallach Ardashir, von dem Suborics nicht nur Trainer, sondern auch Besitzer ist. „Gib Küsschen“, sagt Andreas Suborics und hält seinem Pferd das Gesicht entgegen. Und das schlabbert ihm bereitwillig über die Wange. (sab)
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