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Neues Kloster muss herBenediktinerinnen in Köln können sich vor Zulauf kaum retten

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Neue Wege will Schwester Emmanuela als Priorin der Benediktinerinnen gehen.   

Köln – Der Flügel im Wohnbereich? Rausgeflogen. Der Buffettisch im Essensraum? Wird für Sitzplätze gebraucht. Selbst Büros wurden schon zu Wohnräumen umgewidmet. Doch nun hilft auch kein Rücken, Rauswerfen und Umbauen mehr. „Letztens sagte eine Mitschwester zu mir: Jetzt sind uns die Wände im Weg.“ Schwester Emmanuela, Priorin des Klosters der Benediktinerinnen an der Brühler Straße im Kölner Süden, lacht aus vollem Herzen. Und sie hat auch allen Grund dazu.

Benediktinerinnen gründen ein neues Kloster

Landauf, landab schließen Klöster, weil sie keinen Nachwuchs mehr finden. Die Benediktinerinnen in Köln hingegen können sich vor Zulauf kaum retten. Oder, wie Schwester Emmanuela es sagt: „So doll wie die letzten Jahre war es noch nie.“ Darum treten die Schwestern die Flucht nach vorne an. Sie gründen ein weiteres Kloster.

Nur durch schwere Gitter dürfen Besucher mit den Schwestern sprechen. Balustraden grenzen die Wege für die Benediktinerinnen ab. Telefoniert eine Schwester über den Festnetzapparat nach draußen, steht eine weitere zur Kontrolle hinter ihr. So war es vor nicht allzu vielen Jahren hinter dem schweren Backsteingemäuer an der Brühler Straße. Schwester Emmanuela selbst kann sich noch daran erinnern. „Die Gitter sind abgeschafft. Über die Balustraden hüpfen wir drüber. Alle haben Handys. Als mal das W-Lan ausgefallen war, mussten wir uns gegenseitig versichern, dass das nicht so schlimm ist.“ Die Priorin lacht so kräftig, dass sie ihr Habit neu richten muss.

Demut heißt für Emmanuela Offenheit

Sicher: Demut ist immer noch ein wichtiges Wort im Glaubensleben der Benediktinerinnen. Aber wofür der Begriff einst hinter den Klostermauern stand, das bezeichnet die Ordensschwester heute als „Entmündigung“ und „geistiger Missbrauch“. „Demut bedeutet für mich Offenheit und Wahrheit“, stellt sie klar.

Ist diese Weltzugewandheit der Grund für den Zulauf? „Nein“, sagt Schwester Emmanuela. „Aber es ist wohl der Grund dafür, dass die Schwestern bleiben wollen.“ Kommen würden sie nach wie vor, weil sie sich gerufen fühlen. Weil sie eine Sehnsucht nach Spiritualität antreibe. „Denn mit dem Glauben an Jesus verhält es sich so wie mit einem heftigen Verliebtsein.“ Doch warum gerade ihr Kloster in Köln so viel Zulauf erfahre, da muss Schwester Emmanuela ein wenig mit den Schultern zucken: „Es hat auch ein Element des Unerklärlichen.“

Warum gerade die Benediktinerinnen?

30 Benediktinerinnen wohnen zurzeit in dem Kölner Kloster. „Mit 25 ist das Haus eigentlich schon gut gefüllt“, sagt die Priorin. Vier der Schwestern seien über 80. Eine um die 70. „Alle anderen sind in einem Alter der Berufstätigkeit, angefangen bei 20 Jahren“, erklärt Schwester Emmanuela.

Einnahmen

70 Prozent betrug laut Schwester Emmanuela der Rückgang an Oblaten. Früher waren die Benediktinerinnen aus Köln bekannt dafür Oblaten zu backen. „Wir haben unsere Backmaschine liebevoll Henriette genannt“, sagt die Priorin. Doch das Modell aus den 1970er Jahren ist defekt. Eine neue würde über 30 000 Euro kosten. Das rechne sich nicht mehr bei dem verminderten Absatz, dessen Grund laut der Schwester in der Corona-Pandemie liege.

Auch das Sticken von Priestergewändern (Paramente) – auch dafür sind die Benediktinerinnen bekannt – sei kaum noch ein Arbeitsfeld für die Ordensschwestern.

Durch Zusammenlegung vieler Gemeinden zu großen pastoralen Einheiten bei immer weniger Priestern und den in jeder Kirche vorhandenen Paramenten gibt es da kaum noch eine Nachfrage“, sagt Schwester Emmanuela.

Beratungen und Schulungen sind stattdessen zu immer größeren und wichtigeren Geschäftsbereichen der Ordensschwestern geworden. (ngo)

Auch werde die Klostergemeinschaft immer internationaler. „Es gibt türkische, polnische und chinesische Wurzeln bei uns. Manche kommen auch aus den Beneluxländern. Da gibt es ja praktisch keine Klöster mehr.“ Einige kämen aus einem katholischen Umfeld, einige seien konvertiert, andere stammten aus einem muslimischen Haushalt oder auch aus einem atheistischen.

Bei den Expansionsplänen gehe es nicht nur darum, neuen Raum zu gewinnen. „Es geht auch um unser Gemeinschaftsleben.“ Das wird nun im Norden von Düsseldorf einen Ableger bilden. „Wir haben uns intensiv über die Neugründung beraten. Abgestimmt, lange gebetet, wieder abgestimmt.

Die Beschlüsse waren immer einstimmig“, sagt Schwester Emmanuela mit ersichtlichem Stolz. Im Stadtteil Angermund steht das „neue“ Kloster. In den 1960er Jahren gebaut. Für die Dominikanerinnen. Drei von ihnen wohnen noch da. Doch sie haben Nachwuchsprobleme und ziehen aus – und die Benediktinerinnen aus Köln ziehen ein. „In einem ersten Wurf kommen wir mit sieben Schwestern“, so die Priorin.

Neues Haus als Zeichen der Hoffnung

Es schwingt Vorfreude mit, wenn sie sagt: „ In Köln wohnen unsere Gäste unterm Dach. Dort haben wir 30 perfekte Gästezimmer. Wir wollten immer schon mal einen Klosterladen haben.

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Das Haus in Angermund ist optimal dafür.“ Und sie wird das alles aus Köln aus leiten, nebst dem Kloster an der Brühler Straße? „Oh nein“, winkt Schwester Emmanuela ab. „In Düsseldorf erfinden wir uns neu. Dort wird alles am Küchentisch miteinander entschieden.“ Denn das neue Haus, „das soll ein Zeichen der Hoffnung sein“, sagt die Priorin. „Wir wollen zeigen, dass es auch anders geht.“