Neue VerkehrstechnikKölner Ampeln mit Wärmebildkamera ausgestattet

Das Kölner Ampelsystem wurde unter anderem durch eine Wärmebildkamera erneuert. Diese stellt fest, ob nach einer Grünphase immer noch Fußgänger auf der Straße sind.
Copyright: Moritz Rohlinger
Köln – Ausgerechnet die Corona-Pandemie sorgt für Neuerungen an Kölner Ampeln. Als die Schülerinnen und Schüler im Sommer 2021 die Busse mieden und den Schulweg entweder zu Fuß oder mit dem Rad bestritten, stauten sich Kinder und Jugendliche an der Kreuzung Stadtwaldgürtel und Rautenstrauchstraße.
Das fiel Dennis Kuhlmann und dem Team für Planungen von Lichtsignalen im Amt für Verkehrsmanagement auf, die prompt reagierten: Die Ampel hat seitdem eine Wärmebildkamera.
Wärmebildkamera für Sicherheit der Schüler/innen
Die Bilder, auf denen Personen aufgrund ihrer Körperwärme in strahlend rot zu sehen sind, werden sonst eher militärisch oder bei der Jagd genutzt. An der Ampelanlage am Rande der Innenstadt dient das Wärmebild der Sicherheit der Pänz.

Dennis Kuhlmann bestimmte früher die Konfliktpunkte per Kurvenlineal, heute macht das der Computer für ihn.
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Über diese Kamera stellt die Ampel fest, ob noch Personen auf der Straße sind und verlängert im Zweifel die Grünphase. Ein Beispiel für die Definition von verkehrsabhängigen Ampeln.
Kuhlmann ist Gruppenleiter für die Planung von Lichtsignalanlagen (LSA) – wie Ampeln in der Fachsprache heißen. Er sagt: „Wir haben die Anlage komplett erneuet und sind mit dem Ergebnis bisher sehr zufrieden.“ Von außen ist die Kamera kaum zu sehen, sie befindet sich oben am Ampelmast.
346 Konfliktstellen an einem einzigen Knotenpunkt
Der 44-Jährige hat noch gelernt, wie Konfliktpunkte bei einer neuen Kreuzung und Ampelanlage mit dem Kurvenlineal berechnet werden. Heute macht das der Verkehrsrechner für ihn.
Am Beispiel der großen Kreuzung Opladener Straße/Deutz-Mülheimer Straße wird deutlich, wie viel Arbeit das ist: Allein dieser Knotenpunkt hat 346 Konfliktstellen, an denen etwas passieren könnte. Anhand dieser Stellen berechnet der PC dann sogenannte „Schutzzeiten“.
Kölns Ampeln in Zahlen
953
Ampelanlagen gibt es laut dem Amt für Verkehrsmanagement in Köln. Dabei ist eine Anlage in der Regel mehr als eine Ampel, sondern eher eine ganze Kreuzung mit allen Ampeln, die dazugehören. 168 dieser Anlagen sind älter als 25 Jahre, 264 sind zwischen 15 und 25 Jahre alt und 425 sind nach 2007 gebaut worden.
Erst nachdem der Stadtrat 2007/08 ein Erneuerungsprogramm verabschiedet hat, konnten diverse Anlagen auch ausgetauscht und überarbeitet werden. Mittlerweile sind 641 Ampeln an den Verkehrsrechner angeschlossen. 366 dieser Lichtsignalanlagen (LSA) arbeiten verkehrsabhängig, 203 noch in Festzeit.
492
Ampeln sind dabei noch ohne Blindensignal. 110 haben lediglich ein taktiles Signal: Einen Pfeil, der bei grün vibriert, unterhalb des gelben Detektors zum Drücken. 265 haben diese taktile und auch ein akustisches Signal, das sich der Lautstärke der Umgebung anpasst.
Seit 2008 hat die Stadt eine Vereinbarung mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband, dass jede Ampel bei der Überarbeitung ein Signal erhält.
Seit September 2021 gibt es neue Radardetektoren, die nicht mehr gedrückt werden müssen. Es reicht, sich im Umfeld von 10 bis 70 Zentimetern aufzuhalten. Zu erkennen sind sie an dem „Bitte Warten“-Leuchtsignal am Drücker. (rom)
Diese Zwischenzeiten sind die Sekunden, berechnet aufs Hundertstel genau, die eine Ampel für die eine Richtung noch rot bleibt, wenn die Ampel für den kreuzenden Verkehr gerade umgesprungen ist. Kuhlmann: „Der wesentliche Aspekt einer Ampel ist Sicherheit.“
Diese Zwischenzeiten werden mehrfach überprüft, bei einer neu eingestellten oder überarbeiteten Anlage auch per Ortstermin. Elmar Rosa ist Sachgebietsleiter für die Planung von Signalanlagen. Auf die Frage nach den langen Berechnungszeiten betont er: „Klar ist das ein zeitraubender Vorgang, aber auch einer der wichtigsten. Was hier gerechnet wird, ist heilig.“
Möglichkeit, besser auf den Verkehr zu reagieren
Nur mit diesen Berechnungen ist es auch möglich, auf den Verkehr zu reagieren. Sie fließen in unterschiedliche Programme ein, die vom Verkehrsrechner aus jederzeit im Betrieb umgestellt werden können.
Ein Beispiel: Auf der Aachener Straße in Richtung Stadion ist eine Grünphase im Normalfall 86 Sekunden lang. Spielt jedoch der 1. FC Köln, wird das Programm getauscht und die Ampel für die Autofahrer steht 25 Sekunden länger auf Grün – eine Steigerung von fast 30 Prozent.
Längere Grünzeit bei FC-Spielen
Und das kann die Ampelanlage vor Spielbeginn auf dem Weg zum Stadion, aber auch nach dem Abpfiff, wenn die Fans wieder nach Hause wollen.
„Wir wollen, dass unsere Ampelanlagen nicht nur von uns, sondern auch von den Kölnern gemocht werden“, sagt Susanne Rosenstein, Abteilungsleiterin „Planung, Bau und Betrieb von Lichtsignalanlagen“. Deswegen können die Kölner auch Verbesserungsvorschläge einbringen.
Kölner können Verbesserungsvorschläge über Social Media einbringen
Entweder über Soziale Medien oder die Ampelhotline der Stadt. Zudem erklärt Rosenstein: „Köln hat auch eine Vorreiterrolle. Längst nicht alle deutschen Städte und Kommunen setzen Zusatzeinrichtungen für Blinde und Sehbehinderte so konsequent ein.“
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Mehr als ein Drittel der Anlangen habe mindestens ein Blindensignal. Seit September erhält jede Ampel bei der Überarbeitung neben dem Blindensignal auch einen Radardetektor (siehe Kasten), noch eine Neuerung, deren Entwicklung die Pandemie beschleunigt hat. (ma)