Bei dem Angriff wurde ein Unschuldiger lebensbedrohlich verletzt.
Nach Schüssen auf der ZoobrückeEhemaliger Rocker zu fast zehn Jahren Haft verurteilt
Eigentlich sollte es eine Größe der rivalisierenden „Hells Angels“ erwischen. Doch als im Dezember 2018 auf einem Zubringer der Zoobrücke aus einem gemieteten Mercedes auf den Golf des „Hells Angels“-Granden geschossen wurde, saß ein Unbeteiligter am Steuer und erlitt einen lebensbedrohlichen Durchschuss des Beckens. Nur durch mehrere Operationen konnte das Leben des damals 21-Jährigen gerettet werden.
Am Dienstag wurde nun ein 33 Jahre alter ehemaliger Rocker der Gruppierung „Bandidos“ wegen versuchten Mordes vom Landgericht zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt.
„Es handelt sich um ein hochgefährliches Delikt“, sagte die Vorsitzende Richterin Sibylle Grassmann bei der Urteilsbegründung. Dabei beleuchtete die Richterin auch die Vorgeschichte der Tat. Damals, Ende 2018 und Anfang 2019, hatte es wiederholt bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Rockergruppen auf Kölns Straßen gegeben, bei denen jeweils Schlag auf Gegenschlag folgte.
Nur wenige Tage vor den Schüssen auf der Zoobrücke hatten Mitglieder der „Hells Angels“ auf ein von „Bandidos“ frequentiertes Café in Kalk geschossen. Mehrere Personen wurden verletzt. Hintergrund der Schüsse war ein von Bandidos veröffentlichtes Video, in dem sie sich über einen Granden der „Hells Angels“ lustig machten. Den Angriff auf das Café konnten dann aber wiederum die Bandidos nicht auf sich sitzen lassen. Und so planten der damalige Chef der Bandidos sowie der Angeklagte, der den Rang eines „Sergeant-at-Arms“ bekleidete und für die Sicherheit seiner Rocker-Freunde zuständig war, mit weiteren Mittätern eine Vergeltungsaktion.
Auto wurde von sechs Schüssen getroffen
Mit einem gemieteten Mercedes legten sie sich vor einer von „Hells Angels“-Mitgliedern frequentierten Shisha-Bar auf die Lauer, wo sie den Golf ihrer Zielperson identifizierten. Als das Auto rund zwei Stunden später losfuhr, wähnten der Angeklagte und seine Mittäter die von ihnen gesuchte „Hells Angels“-Größe am Steuer und nahmen die Verfolgung auf. Auf einem Zoobrückenzubringer überholten sie den VW Golf und feuerten aus mehreren Pistolen — darunter ein großkalibriger Revolver — auf den Wagen, der vom Kofferraum bis zur Motorhaube von sechs Schüssen getroffen wurde. Ein Schuss aus der Automatikpistole des Angeklagten traf dabei den Fahrer. Die beiden Mittäter waren bereits im Januar vom Landgericht zu jeweils 15 Jahren Haft verurteilt worden.
Anders als der 33-Jährige hatten die beiden Männer die Tat nur halbherzig eingestanden. Der 33-Jährige hingegen hatte ein „vollumfängliches und glaubhaftes Geständnis“ abgelegt, wie Grassmann sagte. Zudem hatte der 33-Jährige im Prozess gegen die beiden Mittäter ausgesagt und sie schwer belastet. Wegen dieser Aufklärungshilfe und weil die Tat im Versuchsstadium stecken geblieben war, kam der 33-Jährige nun in den Genuss eines gehörigen Strafrabatts. „Ihre Angaben hier haben dazu geführt, dass auch andere Beteiligte belangt werden konnten“, sagte Grassmann weiter.
Mit dem Strafmaß folgte das Gericht dem Antrag von Verteidigerin Karin Bölter. Die hatte in ihrem Schlussvortrag nochmal alles für ihren Mandanten in die Waagschale geworfen. „Das ist kein Engelchen, das hier neben mir sitzt. Er war früher tief in kriminelle Kreise verstrickt, hat jetzt aber reinen Tisch gemacht“, sagte Bölter und wies nochmals auf die von ihrem Mandanten geleistete Aufklärungshilfe in dem Fall hin. Die Staatsanwaltschaft hatte elf Jahre und sechs Monate gefordert.