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Mordversuch mit Insulin?Diabetes-Experte widerspricht Kölner Rechtsmedizinern

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Landgericht Köln_RUST

Am Landgericht Köln wird gegen eine aktuell 42-Jährige verhandelt. Sie soll versucht haben, ihren Schwiegervater zu töten..

Köln – Seit rund 20 Monaten sitzt die zweifache Mutter (42) in Untersuchungshaft und bestreitet vehement die Vorwürfe der Anklage. Laut dieser soll sie im Juli 2020 bei einem Besuch mit ihrer kleinen Tochter beim Großvater versucht haben, ihren Schwiegervater (81) mit einer Überdosis Insulin zu ermorden. Erst am darauffolgenden Morgen wurde der Senior ohnmächtig von einer Haushälterin aufgefunden. Der 81-Jährige überlebte zwar, sein Gehirn wurde aber so stark geschädigt, dass er heute ein schwerer Pflegefall ist.

Das rechtsmedizinische Gutachten in dem Prozess geht davon aus, dass die Frau die Überdosis zwischen 16 und 17.30 Uhr am 5. Juli 2020 verabreicht habe, also rund 18 Stunden, bevor der 81-Jährige von seiner Haushälterin bewusstlos aufgefunden worden war.

Gutachter widerspricht Rechtsmedizin

Diese Annahme wurde am Donnerstag nun von dem von der Verteidigung bestellten Gutachter Prof. Martin Pfohl aus Duisburg angegriffen. Laut dem Diabetes-Experten widerspreche es „jeder klinischen Erfahrung“, dass 18 Stunden nach Verabreichung einer Insulin-Überdosis noch ein so hoher Insulinwert feststellbar sei, wie er bei dem Geschädigten am Morgen des 6. Juli 2020 gemessen worden war. „Wenn man die Insulin-Konzentration gesehen hat, dann fällt einem Kliniker bei der Blickdiagnose auf, dass das unrealistisch ist“, sagte Pfohl und verwies auf die Untersuchungsergebnisse, auf die sich auch die Rechtsmedizin bei ihrem Gutachten stützte.

Zwar habe die Rechtsmedizin „korrekt gerechnet“. Aus klinischer Sicht jedoch – also aus der des Praktikers, der tagtäglich mit Diabetikern zu tun hat – stelle sich die Frage nach der Plausibilität der Ergebnisse. Insulin habe eine Wirkung von vier bis acht Stunden. „Anschließend fällt die Wirkkurve ab“, sagte Pfohl. Das Insulin habe dem 81-Jährigen zwischen 6 und 8 Uhr am Morgen des 6. Juli verabreicht worden sein müssen.

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Gegen die Plausibilität der Ergebnisse der Rechtsmedizin spricht aus Sicht des Sachverständigen auch dies: Der beim Opfer um 9.53 Uhr am 6. Juli 2020 – also wenige Stunden nach seinem Auffinden – gemessene Insulinwert würde bei einer Gabe 18 Stunden zuvor – also während des Besuchs der Angeklagten bei dem Geschädigten – bedeuten, dass dem Senior 3800 Insulin-Einheiten hätten verabreicht werden müssen. „Theoretisch müssten es noch mehr sein, ich habe sehr konservativ gerechnet“, sagte Pfohl.