Manufaktur in Köln-DellbrückHier werden Kerzen wie vor 1000 Jahren hergestellt
Köln – „Wir lieben Kerzen“, sagen Oswin Soritz, Lea und Yannic Heidkamp im Brustton der Überzeugung. Im September gründeten die drei in Dellbrück eine Manufaktur nach dem 1000 Jahre alten mittelalterlichen Wachszieher-Kodex. Das Regelwerk schreibt vor, ausschließlich mit reinem Bienenwachs zu arbeiten. Die traditionelle Herstellungstechnik verbindet das Trio allerdings mit modernem Design. Und hat für die dünnen farbigen Platten, aus denen die eleganten Leuchterkerzen gewickelt werden, auch schon eine Rezeptur entwickelt. Die bleibt freilich ein gut gehütetes Geheimnis in dem jungen Familienunternehmen.
Eine Kunst aus fast vergessener Zeit
Die fast in Vergessenheit geratene Wachsziehkunst entdeckte der Österreicher Oswin Soritz vor 40 Jahren neu. In der Steiermark, wo der heute 65-Jährige einen Biobauernhof betreibt, kultivierte er das Kunsthandwerk. Dort sahen ihm eines Tages Lea und Yannic Heidkamp beim Kerzenmachen über die Schulter. Das alte Handwerk faszinierte das Paar aus Nippes, das hauptberuflich in der Messe- und Veranstaltungsbranche tätig ist. Aus privaten Gründen verlegte Soritz dann 2018 seinen Lebensmittelpunkt nach Köln, seine Butter-and-Lamp-Werkstatt gleich mit, und lernte die 33-jährige Lea und den 34-jährigen Yannic im Kerzenziehen an.
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Tatsächlich mittelalterlich mutet die handbetriebene Maschine an, mit der die Wachsstöcke hergestellt werden. Die beiden Walzen, zwischen denen die Dochtstränge hin und her gespult werden wie Fäden, sind etwa 100 Jahre, schätzt Soritz. Zwischen der Walzenkonstruktion befindet sich eine Wanne mit flüssigem, bis zu 72 Grad heißem Bienenwachs.
Butter and Lamp
Kerzen verschickt die Werkstatt „Butter and Lamp“ in Kartons, die mit Schafwolle von Soritz’ steirischem Biobauernhof gepolstert sind. Bastler, die selbst Kerzen ziehen wollen, erhalten Wachs-Pastillen in Gläsern.
Um das Licht von Wachsstock-Kerzen sicher zu genießen, empfiehlt die Werkstatt, sie in Keramikschalen mit ein wenig Wasser auf dem Boden zu setzen.
Dass im Firmennamen „Butter“ erscheint, ist eine Verbeugung vor der buddhistischen Tradition, bei Zeremonien Butterlampen anzuzünden. Um gute Wünsche zu bekräftigen und die Dunkelheit zu vertreiben.
Bei „Butter and Lamp“ kostet ein Wachsstock je nach seiner Länge zwischen 16 und 41 Euro. Eine Leuchterkerze gibt es für sieben Euro, die Zierkerze 19 Euro, die Stumpenkerze zehn Euro. Bienenwachspastillen für Do-it-yourself-Kerzenzieher gibt es für neun Euro.
Die Wannen sind die gleichen metallenen Behälter, die Gastronomie-Caterer für die Lieferung von warmen Speisen verwenden. Sie stehen in einem Wasserbad, dessen Temperatur ein Thermostat regelt. Darin eingehängt ist eine Scheibe mit verschieden großen Löchern, durch die der Docht hindurchläuft. Etwa 15 Mal muss der Strang vollständig von einer Seite zur anderen hin- und herlaufen, damit die Wachsschichten den gewünschten Durchmesser von ein bis eineinhalb Zentimetern erreichen. Ein Durchgang nimmt etwa 20 Minuten in Anspruch.
Soritz erläutert, was Wachsstöcke sind, denn das weiß nach seiner Erfahrung heute kaum noch jemand. „Bis in die 50er-Jahre waren das noch ganz normale Kerzen, die jeder verwendet hat.“ Er nimmt einen flachen Wachsstock zur Hand und steckt ihn sich in die innere Jackentasche. „So nahmen die Leute früher, wenn sie zur Kirche gingen, Wachsstöcke mit. Wenn sie ankamen, war das Wachs angewärmt, und sie konnten das erste Stück abbiegen, um die Kerze anzuzünden. Daher der Name Tasche für diese Form“. Andere Formen heißen Bindu, Mandala oder, wenn sie wie ein Stumpen für einen Kerzenhalter mit Dorn gemacht sind, schlicht Rolle. Zehn Zentimeter Wachsstock entspricht einer Brenndauer von 30 Minuten.
„Als ich Oswins reine Bienenwachskerzen kennenlernte, hat mich erstaunt, wie rußfrei sie brennen und dass sie nicht tropfen“, erzählt Yannic Heidkamp von seinen ersten Erfahrungen mit den hochwertigen handwerklichen Erzeugnissen. Über die Qualität des Grundmaterials für die Kerzen gibt Lea Heidkamp Auskunft: „Wir legen Wert auf Nachhaltigkeit, deshalb beziehen wir unseren Rohstoff von einem Lieferanten in Bremen, der das Bienenwachs nicht nur von mechanischen Verunreinigen reinigt, sondern auch im Labor auf eventuelle Rückstände untersucht, denn leider sind Bienen heute von Pestiziden und Insektiziden sehr belastet.“