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lit.CologneSpezial Was Melanie Raabe an Traumreisen fasziniert

Lesezeit 3 Minuten
Arbeitet am liebsten in den Morgen hinein: Melanie Raabe im Gespräch mit Ulrich Noller.

Arbeitet am liebsten in den Morgen hinein: Melanie Raabe im Gespräch mit Ulrich Noller.

Ihr neuer Roman dreht sich um eine Schlafforscherin in London. Im Rahmen der lit. Cologne war sie in Köln zu Gast.

Ist sie die Nachtigall oder die Lerche? „Ganz klar. Ich bin eine Lerche“, sagt Melanie Raabe zu Beginn ihrer Lesung im Rahmen der lit.Cologne Spezial. Am morgen ist sie sehr kreativ, 21 Uhr, der Starttermin des Abends, sei schon zeitkritisch - von Müdigkeit ist in den nächsten eineinhalb Stunden im WDR-Funkhaus dennoch nichts zu spüren.

„Der Schlaf ist ein Zwischenreich“, sagt Raabe, und zwar ein großes. Die Magie des nächtlichen Verarbeitens und Erlebens habe sie fasziniert. Jeder kennt es, aber niemand wisse so genau, was in den Träumen passiert, welche Botschaften aus unserem Innersten nach oben gelangen. Dabei sei der Schlaf umfassend und elementar. „Ein Drittel meines Lebens weiß ich nicht genau, was passiert. Wow.“

Sie schreibe gerne selbst aus der Nacht heraus in den frühen Morgen, erklärt sie im Gespräch mit dem Journalisten Ulrich Noller. Es sei schön, in der Ruhe des Sonnenaufgangs zu arbeiten, keine Mails, kein Telefon. Eine Zeit der Ruhe. Überhaupt: „Übergänge finde ich spannend.“

Raabe ist in Jena geboren, in Wiehl im Oberbergischen groß geworden und lebt seit 20 Jahren in Köln („Hier gehe ich nicht mehr weg“). Nach journalistischer Arbeit unter anderem bei der Kölnischen Rundschau hat sie unblutige Psychothriller geschrieben, teils beklemmende Kammerstücke, mit denen sie eine treue Anhängerschaft gefunden hat. Aber sie will sich als Schriftstellerin weiter ausprobieren, neues Terrain entdecken. „Ich habe Spaß daran, meine Figuren auszustaffieren mit all meinen Erfahrungen“, sagt sie.

Gibt es Parallelen zwischen träumen und schreiben?

Spannende Frage, sagt die 43-Jährige. „Träumen ist sehr assoziativ“, auch beim Schreiben verarbeite sie oft Dinge, die vorher nicht bewusst da waren.„ Ich kann meinem Bewusstsein beim Schreiben nicht komplett entgehen.“ So habe sie unbewusst einmal einen Garten beschrieben, den ihre Mutter als Garten der Oma identifizierte.

„Unbewusst fürchte ich mich vor meinen Träumen“, sagt Mara im Roman. Und so wandelt sie durch die Nacht, denkt an den Todestag der früh verstorbenen Eltern und die Arbeit, trinkt Tee, arbeitet an ihrem Sachbuch und kommt per Traumreise zu einem Herrenhaus in der deutschen Provinz. Und die Kleinstadt kommt ihr bekannt vor. Sie hat diesen Ort schon einmal gesehen. In einem Traum.

Raabe erzählt, dass sie einen stärker werdenden Hang zum Surrealismus habe. „Ich schaue Nachrichten, da gibt es mehr Realismus als wir uns wünschen.“ Aber sie erlebe viele magische Momente, im Wald etwa, diese besondere Atmosphäre, oder die Magie zwischen zwei Menschen. Sie zeigt den Lesenden gerne über surreale Bilder, wie sie die Welt sieht. „Ich wollte immer schon Zootiere durch eine Großstadt spazieren lassen. Am liebsten über die 5th Avenue in New York. Nun ist es Kensington in London geworden. Auch schön.“ All das erzählt sie mit vielen Spannungsbögen. „Spannung ist eine interessante Technik nicht nur dieses Genres. Viel zu schade, um sie nur zu verwenden, wenn ein Kommissar ermittelt oder ein Mörder umhergeht.“