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Der längste SchlafMelanie Raabe verarbeitet im neuen Roman eigene Schlaflosigkeit

Lesezeit 3 Minuten
Melanie Raabe

Berichtet offen von ihren Problemen: Melanie Raabe.

Melanie Raabe, die sich vor allem als Autorin von Thrillern einen Namen machte, mischt im neuen Roman raffiniert die Elemente einer Fantasy- und Spukgeschichte mit Versatzstücken eines Krimis.

Schlafstörungen sind hierzulande weit verbreitet. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) gab 2023 bekannt, dass zwischen sechs und zehn Prozent der Bevölkerung darunter leiden. Was zwischen fünf und 8,4 Millionen Menschen entspricht. Auch die Kölner Bestseller-Autorin Melanie Raabe gehört zu denjenigen, die von „Insomnia“, der Unfähigkeit, ein- oder durchzuschlafen, betroffen sind.

Sie schreibt: „Ich liebe Schlaf und brauche jede Menge davon, idealerweise die vollen acht Stunden. Allerdings leide ich seit meiner Jugend immer wieder an Schlaflosigkeit, die meisten kennen es. Man legt sich abends hin – und die Gedanken hören einfach nicht auf zu kreisen. Oder schafft es tatsächlich mal, problemlos einzuschlafen – nur um mitten in der Nacht wieder aufzuwachen und sich bis zum Weckerklingeln im Bett herum zu wälzen.“

Melanie Raabe machte sich als Autorin von Thrillern einen Namen

In ihrem neuen Roman „Der längste Schlaf“, der am 18. September erscheint, widmet sie sich diesem Thema. Ihre Heldin, die den sprechenden Namen Mara Lux (lateinisch Licht) trägt, ist Neurowissenschaftlerin und auf dem Gebiet der Schlafforschung eine Koryphäe. Dass sie sich für diesen Werdegang entschieden hat, kommt nicht von ungefähr.

Als Kind träumte sie nachts von Ereignissen, die dann tatsächlich eintrafen. Aber es waren immer schreckliche Dinge, bis hin zum Unfalltod ihrer Eltern, die ihren Warnungen keinen Glauben schenkten. Irgendwann hörten diese Träume von selbst auf. Aber die nächtliche Ruhe bliebt ihr dennoch verwehrt: „Ich schlafe seit Jahrzehnten schlecht, was einigermaßen ironisch ist, wenn man mein Forschungsgebiet bedenkt, und rund um den Todestag meiner Eltern, der ausgerechnet auf meinen Geburtstag fällt, den ich seitdem nie wieder gefeiert habe, ist es immer besonders schlimm.“

Plötzlich sind die prophetischen Träume wieder da – und Mara beginnt, den Schlaf zu fürchten. Als ein Unbekannter ihr anonym ein Herrenhaus „in der deutschen Provinz“ schenkt, kommt ein triviales Element in diese bis dahin, dank guter Recherche, wissenschaftlich fundierter Geschichte, in der man vieles über Schlaf und Schlaflosigkeit erfährt, was man vorher nicht wusste.

Natürlich reist Mara, die in London lebt, ins fiktive Limmerfeld, um sich das Herrenhaus anzuschauen. Und natürlich hat dieses ein Geheimnis… Dank der lebendigen Dialoge und der sinnlichen Art, Orte zu beschreiben – mitsamt der Gerüche, Geräusche und taktilen Eindrücke – wird man in „Der längste Schlaf“ regelrecht hineingesogen.

Was Mara, die Ich-Erzählerin, reizvoll macht, ist der Widerspruch zwischen ihrer nüchternen, pragmatischen Art („in meinem Kleiderschrank hängen acht Paar Jeans, sechzehn weiße T-Shirts und vier verschiedene schwarze Jacketts“) und ihren „übersinnlichen“ Fähigkeiten. Raabe, die sich vor allem als Autorin von Thrillern einen Namen machte, mischt hier raffiniert die Elemente einer Fantasy- und Spukgeschichte mit Versatzstücken eines Krimis. Denn es geht, in einer Parallelhandlung, um ein Geschwisterpaar, das in einem Brunnenschacht gefangen ist und in Lebensgefahr schwebt.

Die Spukszenen sind überaus gelungen, sie sorgen nicht nur bei Mara Lux (allein im Haus) für Grusel – Poltergeist lässt grüßen! Ein Roman, den man nicht mehr aus der Hand legen kann bis zu einem verblüffenden Schluss, der alle Erzählfäden bravourös zusammenführt und keine Fragen mehr offen lässt. Ihre wissenschaftlichen Recherchen hatten für Raabe übrigens einen erfreulichen Nebeneffekt: „Ich schlafe inzwischen deutlich besser!“

Melanie Raabe: Der längste Schlaf. btb, 352 S., 24 Euro.