PanamericanaJunkersdorfer auf längster Straße der Welt
Köln-Junkersdorf – In Kanada sagen sich Bären und Bisons gute Nacht. Menschen müssen manchmal lange nach ihresgleichen suchen. Als Klaus und Rita Klütsch aus Junkersdorf im kanadischen New Brunswick ihrem Motorrad und einem Campingbus unterwegs waren und am späten Nachmittag nach einem geeigneten Lager für die Nacht Ausschau hielten, fuhren sie 200 Kilometer – ohne ein einziges Haus zu sehen. Der Sprit wurde knapp. Ihre Hoffnung sank. Sie wollten nicht einfach in der Wildnis campen.
Denn neben vielen netten Menschen waren ihnen auch verschrobene Gesellen begegnet: „Viele sind mit Gewehren bewaffnet“, erzählt Klaus Klütsch, „Es gibt Hillbillis, die viel Alkohol trinken, mit 40 noch bei Mutter wohnen und einen mit ihrem Pick-Up verfolgen.“ Um Ärger aus dem Weg zu gehen, suchten sie nach einem Unterschlupf – und erreichten mit den letzten Sprittropfen einen Parkplatz mit einer Tankstelle. So endete eine ihrer abenteuerlichen Etappen auf der Panamericana. Die längste Straße der Welt, streng genommen ein Straßennetz, führt von Alaska bis nach Feuerland, durch riesige Weiten, über etliche Grenzen, durch verschiedenste Klimazonen und unterschiedliche Kulturen.
Das schönste war für die beiden Kölner das Fahren
Diese Tour einmal zu machen, war schon immer der große Wunsch von Klütsch. 2018 hat er ihn mit seiner Frau endlich umgesetzt und nun ein bebildertes Tagebuch zur Tour herausgegeben.„Der Traum ist während meines Erwachsenwerdens entstanden“, beschreibt er dort. Es war geprägt von einer „Suche nach Weite und Halt“, von Interrailtouren und Ausflügen in die Literatur. Henri Charriéres, der von der französischen Justiz zu Unrecht lebenslang ins Gefängnis nach Französisch-Guayana verbannt wurde, beflügelte mit seinem autobiografischen Roman „Papillon“ seine Fantasie.
„Meine Eltern kennen nur die Eifel“, sagt Klütsch. „Gespräche waren schwierig. Ich bin mit 17 ausgezogen. Wir waren eine Generation, die sich abgrenzen, anders leben wollte – und den vorgegebenen Pfad trotzdem nicht verlässt, weil sie noch so stark davon geprägt ist.“Klütsch stieg in das Versicherungsbüro seines Vaters ein und betreut mittlerweile als Freiberufler, für den Pax-Versicherungsdienst, Caritasverbände, Krankenhäuser und Sozialeinrichtungen. Mit über 60 Jahren hat er den Absprung aus dem Versicherungsgeschäft geschafft – zumindest 17 Monate lang – und sich auf den Weg gemacht, durch Steppen, Wälder, über Pässe durch Wüsten und über sagenumwobene Bauwerke.
In Ecuador findet das Paar einen kleinen Nachbau des Kölner Doms
„Nachts um halb zehn sind wir vom Norden über Golden Gate Bridge nach San Francisco gefahren“, erzählt Klütsch. In Yellowstone im amerikanischen Wyoming stießen auf eine riesige Bisonherde. Es waren 100 Stück“ schätzt Klütsch, „in zehn Meter Entfernung.“ Auf den Galapagos-Inseln sahen sie die riesigen Schildkröten. In Mexiko besichtigten sie den großen Vulkan Popocatépetl. In Quito, Ecuador, stießen sie zu ihrer Überraschung auf kulturelle Exporte aus der Heimat, einen kleinen Nachbau des Kölner Doms, die Catedral Metopoliitana, und das „Hänneschen-Thiater“, das statt mit Stockpuppen allerdings mit Marionetten bespielt wird. Nicht alles ging glatt.
In Ecuador benötigten sie sieben Tage, um die Grenze nach Peru zu passieren, denn der Zollbeamte beschlagnahmte das Motorrad, eine alte BMW. Das bleibe da, sagte er, das Paar können gerne mit dem VW-Bus weiterfahren. „Ich bin jeden Morgen zu der Zollstation gefahren und habe mich dort gesetzt“, erzählt Klütsch. Sein Sitzstreik und die Hilfe der Botschaft in Quito bewirkten, dass der Zoll das Motorrad wieder frei gab mit einer lapidaren Begründung: Es habe sich um ein Missverständnis gehandelt.Sie trafen auch Landsleute, die das Leben nach Lateinamerika verschlagen hat, wie den 89-jährigen Hans von der Hamburger Reeperbahn, der in der Hansestadt sein eigenes Striplokal betrieben hatte, bis die Erotik- und Pornokassetten ihm das Geschäft vermasselten.
Er bekam eine Konzession für ein Kasino in Quito angeboten und zog mit 70 Jahren nach Ecuador. „Das ist wohl in die Hose gegangen“, meint Klütsch. „Jetzt kann und will er nicht zurück, nicht in eine kleine Wohnung auf die Reeperbahn.“ Stattdessen vermietet er Zimmer an Reisende, wie das Ehepaar Klütsch und erzählt seine Geschichten.
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Rita und Klaus Klütsch haben ihre Erlebnisse in einem Buch veröffentlicht. Auch einen Blog gibt es zu der Tour. Das Highlight der Reise lässt sich nicht so richtig abbilden. „Das schönste“, sagt Klaus Klütsch, „war eigentlich das Fahren.“