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Leiter des Gesundheitsamts im InterviewWann endet die Ausgangssperre, Dr. Nießen?

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Der Leiter des Gesundheitsamts Dr. Johannes Nießen.

  1. Dr. Johannes Nießen (63) leitet das Gesundheitsamt. Thorsten Moeck sprach mit ihm über neue Studien zur Pandemie und den Mechanismus für Lockerungen.

Am Wochenende könnte Köln unter die Inzidenz-Marke von 100 fallen. Fällt die Ausgangssperre dann direkt weg?Nießen: Wir rechnen mit einer Fortsetzung der abnehmenden Entwicklung. Zuletzt sank die Inzidenz in täglichen Zehnerschritten von 170 aus. Ich bin zuversichtlich, dass wir am Montag bei einer zweistelligen Zahl angekommen sein werden. Wir werden dann im Krisenstab überlegen, was wir tun. Neben der Sieben-Tage-Inzidenz spielt für uns maßgeblich die Auslastung der Intensivbetten eine wichtige Rolle. Dies hat uns das OVG Münster in seinem aktuellen Urteil bestätigt. Meist kommt die Inzidenzentwicklung auf den Intensivstationen mit einer Verzögerung von zwei bis drei Wochen an. Wir warten das kommende Wochenende ab und entscheiden am Montag.

Also muss die Stadt die Ausgangssperre erst offiziell aufheben.

Die aktuelle Allgemeinverfügung gilt bis Montag, deshalb beraten wir dann neu. Mit Maßnahmen wie der vorgezogenen Ausgangsbeschränkung ab 21 Uhr und dem Alkoholkonsumverbot haben wir einen guten Weg eingeschlagen. Das bringt den Erfolg, den wir gerade erleben. Der Entscheidung des Krisenstabs kann ich nicht vorgreifen. Wir werden das abwägen.

Das Land hat am Freitag in einem Erlass endlich eine Impfstofflieferung für das Pilotprojekt in den Gebieten mit hohem Infektionsgeschehen angekündigt. Sind Sie erleichtert?

Ja, das ist eine gute Nachricht für Köln. Wir haben ja vor zwei Wochen einfach angefangen zu impfen, einerseits in Unterkünften für Geflüchtete, andererseits in den Infektions-Brennpunkten. Wir sind froh, dass wir jetzt nochmal 5552 Dosen für die besonders gefährdeten Stadtteile erhalten. Vielleicht schaffen wir es, Stadtteile wie Kalk, Meschenich und Mülheim weitestgehend zu impfen. In der kommenden Woche können wir dort weitermachen, wo wir wegen Impfstoffmangel aufhören mussten.

Im Gesundheitsamt, an der Universität und in anderen Bereichen laufen viele Untersuchungen zur Corona-Pandemie. Was passiert in Ihrem Amt alles im Hintergrund?

Eine Doktorandin hat beispielsweise untersucht, wie viele Corona-Infektionen bei bereits geimpften Menschen auftreten. Weitere von den eingestellten 100 jungen Ärztinnen und Ärzte arbeiten an einer Doktorarbeit zur Corona-Thematik. Das Fraunhofer-Institut begleitet und seit einem halben Jahr und untersucht die Pandemieentwicklung in den Stadtteilen. Bei den Schulen und Kitas kooperieren wie eng mit der Uniklinik. Die Universität lässt über die Stadt 6000 Kölnerinnen und Kölner anschreiben, sich zweimal testen zu lassen, um die Infektionsverbreitung in Köln feststellen zu lassen. Das ist eine hochinteressante Studie, die wir eng begleiten.

Es wurde festgestellt, dass sich 1789 Geimpfte mit Corona infiziert haben. Bereitet Ihnen das Sorgen?

Durchaus. Es bereitet mir Sorgen, weil wir mit der zunehmenden Durchimpfung der Bevölkerung hoffen, die CoviD-19 Infektion einzudämmen. Dafür benötigen wir eine Herdenimmunität von etwa 70 Prozent. Wir sind in Köln derzeit bei einer Erstimpfquote von 36,9 Prozent bei fast 500 000 Impfungen sehr weit gekommen. 8,9 Prozent haben auch schon die Zweitimpfung erhalten. Von daher relativiert sich diese die Anzahl der 1789 infizierten Menschen und ist mit der 95 prozentigen Wirksamkeit der Impfstoffe erklärbar.

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Betrifft das alle Impfstoffe?

In 94 Prozent der Fälle waren die Betroffenen mit Biontech geimpft worden. Es sind in den allermeisten Fällen aber nur leichte Infektionen, die dann trotz Impfung erfolgen. Wie bei anderen Impfungen schützt diese Impfung auch nicht komplett gegen leicht veränderte Virus-Varianten, aber eben doch in hohem Maße. Für die brasilianische und südafrikanischen Varianten wird das noch untersucht. Insgesamt spüren wir gerade eine zunehmende Akzeptanz, sich impfen zu lassen. Da spielen sicherlich Anreize wie Urlaubsreisen eine Rolle, die nur mit Impfung möglich sind. Wir alle haben den Wunsch, uns mal wieder in ein Restaurant oder einen Biergarten zu setzen.