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„Ich bin zutiefst erschüttert“So reagieren Kölnerinnen und Kölner auf den Angriff auf Israel

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Ihre Solidarität mit den Opfern der Anschläge hatten am Samstag hunderte Menschen auf der Domplatte zum Ausdruck gebracht.

Ihre Solidarität mit den Opfern der Anschläge hatten am Samstag hunderte Menschen auf der Domplatte zum Ausdruck gebracht.

Der Krieg der Hamas gegen Israel zieht Kreise bis nach Köln — Reservisten werden einberufen, Menschen sitzen fest.

Es sei gewesen, als wäre er in die Tage des Jom-Kippur-Kriegs zurückversetzt worden, berichtet Felix Schotland, Vorstand der Synagogen-Gemeinde an der Roonstraße. Der Beginn des Überfalls der Hamas auf Israel am vergangenen Samstag habe ihn sogleich an den 6. Oktober 1973 erinnert, als ägyptische und syrische Truppen einen Überraschungsangriff auf Israel unternahmen. Doch so wie er erfuhren nicht alle Gemeindemitglieder sogleich von dem Angriff. Die Nachricht sickerte nur langsam durch. Doch von Stunde zog der Krieg in Israel Kreise, die auch nach Köln reichten.

Die streng orthodoxen Gemeindemitglieder nutzen kein Handy. Andere feierten das Palmfest (Hoschana Rabba) am vergangenen Samstag oder waren zudem im Urlaub. „Wir mussten viele Gemeindemitglieder erst informieren“, berichtet Schotland. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Es wurde nach Israel telefoniert, voller Sorge um das Wohlergehen der dortigen Verwandten. Schotland berichtet: „Mein Sohn studiert in Israel, ist aber gerade zu Besuch in Köln.“ Regelmäßig sei er auf das Festival gegangen, das nun von Terroristen überfallen worden war. „Er hat versucht, seine Freunde zu erreichen um zu hören, ob sie da waren, ob ihnen etwas passiert ist.“

Reservisten, die zurzeit in Köln studierten oder hier arbeiteten, seien nun einberufen worden. „Morgen fliegen einige zurück“, berichtet der Synagogenvorstand. Mit der Frage, wie konnte das passieren, wie konnte Israel so überrascht werden, beschäftige sich nun niemand. „Jetzt geht es darum, zu helfen.“ Es gebe israelische Staatsangehörige, die hier nun stecken geblieben seien. „Wir organisieren für sie Unterkünfte. Die Solidarität der Kölner ist enorm“, berichtet Schotland. Die Gemeinde habe ein Video für die israelischen Verteidigungskräfte gedreht. Darin haben sie nicht nur den Dank dafür ausgesprochen, dass die Truppe nun Israel verteidige. Es gehe auch darum, Unterstützung zuzusichern. Und die ist oft ganz grundsätzlich. So gehe es auch um Nahrungsmittel für die Soldaten.

In großer Sorge um Freunde und Bekannte

In großer Sorge um ihre langjährigen Freunde und viele Bekannte in Tel Aviv ist Monika Möller, Vorsitzende des Partnerschaftsvereins Köln/Tel Aviv-Yafo. Verbunden ist sie Israel seit fast vier Jahrzehnten, vor 28 Jahren gründete sie den Partnerschaftsverein mit. Drei Söhne befreundeter Familien seien als Reservisten in den Süden des Landes geschickt worden. „Viele der Menschen in Tel Aviv haben Angst vor neuen Angriffen aus dem Süden“, weiß Möller aus zahlreichen Telefongesprächen. „Und auch ein Mitglied unseres Vereins, eine Mutter mit ihrem vierjährigen Sohn, ist gerade in Tel Aviv und wartet darauf, heraus zu kommen.“

Barbarisch und unmenschlich

Ebenso wie Monika Möller verurteilt auch der Vorsitzende des Partnerschaftsverein Köln-Bethlehem, Albrecht Schröter, die terroristischen Attentate der Hamas als „barbarisch und unmenschlich“. „Ich bin zutiefst erschüttert und in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer, bei den Eltern der jungen Menschen, die während des Rockfestivals getötet wurden.“ Der Verein steht für die Partnerschaft Kölns mit dem palästinensischen Teil Bethlehems; er wurde 1996 vom damaligen Oberbürgermeister Norbert Burger ins Leben gerufen — als erste deutsche Städtepartnerschaft mit einem palästinensischen Ort.

Reservisten, die zurzeit in Köln studieren oder arbeiten, werden gerade einberufen.
Felix Schotland Synagogen-Vorstand

Große Angst herrsche auch bei palästinensischen Familien in Bethlehem, so Schröter, der viele Freunde und Bekannte dort hat. „Ein Vater, der mit seinen drei kleinen Kindern in einem Lager in Bethlehem lebt, fürchtet massive Vergeltungsaktionen. Wie viele andere hat auch er Angst, dass die Lage durch die Mobilmachung eskaliert und viele Menschen, die mit der Hamas nichts zu tun haben, getötet oder vertrieben werden.

Die Terrorakte der Hamas verurteilte auch Prof. Dr. Jürgen Wilhelm, Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. „Es handelt sich um ein Regime, das seine eigene Bevölkerung brutal unterdrückt, inhaftiert, hinrichtet.“ Unser Mitgefühl gehört den Angehörigen aller Getöteten und zwar auf beiden Seiten des Krieges. Unschuldige sind getötet worden und werden weiter getötet werden. Deshalb müsse am Ende trotz der verständlichen Reaktion Israels ein friedliches Nebeneinander beider Völker das Ziel sein.

„Als Christ ist für mich ganz klar: Es kann keinen Weg zum Frieden geben über Gewalt“, sagt Schröter. Der Freiheitsbewegung der palästinensischen Bevölkerung hätten die brutalen Terrorakte sehr geschadet. Und: „Das Existenzrecht Israels ist unbestritten. Aber wir müssen es schaffen, eine gute politische Lösung für die seit vielen Jahrzehnten ungelöste ‚Palästinenserfrage‘ zu finden. Sonst werden unsere Kinder den Krieg immer weiter führen.“