Kraftwerk in Köln-NiehlRheinenergie nutzt Wasserstoff-Motor zur Stromerzeugung
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Die Zusammenarbeit der Deutz AG mit dem Energieversorger trägt erste Früchte: Am zentralen Rheinenergie-Kraftwerk in Niehl ging ein Wasserstoff-Motor zur Stromerzeugung in die Testphase.
In einem späteren Abschnitt soll auch die Abwärme des Motors genutzt werden.
Köln – „Wenn sich zwei Kölner Traditionsunternehmen zusammentun, kann daraus auch etwas sehr nach vorne gerichtetes entstehen.“ Was Rheinenergie-Chef Dieter Steinkamp mit einem kleinen Lächeln verkündete, ist durchaus ernst gemeint: Die Zusammenarbeit der Deutz AG mit der Rheinenergie soll nichts weniger als den Einstieg des Energie-Versorgers in die Wasserstoff-Technik (H2) begründen. Vorerst allerdings noch im relativ begrenzten Maßstab: In zwei jeweils halbjährlichen Pilotphasen speist der Deutz-Motor zunächst nur Strom, später auch Abwärme direkt ins Niehler Kraftwerk ein.
„Was elektrische Mobilität angeht, da sind uns andere Länder mittlerweile längst voraus. Beim Wasserstoff allerdings können wir auf eine hier entwickelte Technologie zurückgreifen“, betonte Deutz-Vorstand Michael Wellenzohn.
Wasserstoff-Farbenkunde
Als farbloses Gas hat Wasserstoff an sich keine Farbe, die Aufteilung in grünen, blauen, türkisen oder grauen Wasserstoff dient dazu, die Herstellungsarten und letztlich das Maß an Klimaneutralität zu unterscheiden.
Grüner Wasserstoff wird durch Elektrolyse (Aufspaltung von Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff) hergestellt. Erneuerbare Energiequellen wie Windkraft, Wasserkraft oder Sonnenenergie liefern den dafür benötigten Strom.
Türkiser Wasserstoff ist das Produkt von Methanpyrolyse. Dabei wird das Methan im Erdgas in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten.
Grauer Wasserstoff wird durch die Dampfreformierung fossiler Brennstoffe erzeugt. Dabei entsteht als Abfallprodukt CO2.
Blauer Wasserstoff wird ebenfalls durch Dampfreformierung erzeugt, das entstandene CO2 allerdings danach unterirdisch gelagert (Kohlenstoffabscheidung). (two/ Quelle: EnBw)
Tatsächlich beruht das kleine Wasserstoff-Kraftwerk auf dem Parkplatz vor Niehl II auf dem Deutzer 7,8-Liter-Triebwerk, das künftig den „Off-Highway“-Bereich abdecken soll – alles außer Straßenanwendungen. In Landwirtschaftsmaschinen etwa, in Off-Road-Fahrzeugen oder in Baumaschinen. Die Wasserstoff-Reservoires geben einen Eindruck davon, welche Energiemengen dafür benötigt werden.
Extrem ruhiger Motorlauf
TCG 7.8 H2 nennt sich das Aggregat im Fachjargon, in letzter Konsequenz ist es ein weiterentwickelter ehemaliger Sechszylinder-Diesel mit geändertem Kopf und neuem Schmiersystem. Auffallend bei der Präsentation war, dass die Maschine sehr ruhig und gleichmäßig vor sich hin säuselte – kein Vergleich mit den gewohnten, mächtigen Diesel-Generatoren. In der ersten Testphase werden bis zu 170 Kilovoltampere (KVA) elektrische Leistung erzeugt, die direkt in das Kölner Stromnetz eingespeist werden. Die reichen in etwa aus, um 400 Haushalte ein Jahr lang mit Strom zu versorgen. In einem zweiten Schritt soll später auch die Abwärme aus dem Aggregat zur Wärmeerzeugung genutzt werden.
Russlands Krieg in der Ukraine habe den Zwang zur Dekarbonisierung (die Reduzierung von Kohlendioxidemissionen durch den Einsatz kohlenstoffarmer Energiequellen) noch einmal verschärft, erklärte Steinkamp. Die Richtung sei aber ohnehin schon vorgegeben gewesen: „Es ist nicht so, als wären wir erst seit gestern auf diesem Weg.“ Was ganz konkret den Wasserstoff-Motor angeht, hatten die ersten, damals noch losen Gespräche vor etwa zwei Jahren stattgefunden. Daraus entwickelte sich schnell eine für beide Seiten ernsthafte Angelegenheit: Denn das Deutzer Aggregat bewegt sich in einer Größenordnung, die sich die Rheinenergie auch sehr gut für dezentrale Blockheizkraftwerke vorstellen kann. Die Dezentralisierung der Energieversorgung ist ohnehin ein Schritt, den sowohl die Rheinenergie wie auch die Projektentwickler im Wohnungs- und Gewerbebau im Blick haben.
Auch wenn bei der Verbrennung nur umweltfreundlicher Wasserdampf entweicht, gibt es beim Wasserstoff als Energie-Lieferanten momentan allerdings noch einen Pferdefuß: Die Versorgung mit „grünem“ oder „blauem“ H2 (s. Kasten) ist aktuell flächendeckend noch kaum möglich. Daher kommt „graues“ H2 zum Einsatz. Aber auch das, versprechen Steinkamp und Wellenzohn, werde sich in den nächsten Jahren ändern. Und dann soll es möglich sein, dass irgendwann nur noch ein laues Lüftchen aus der Energie-Erzeugung übrig bleibt.