Konrad-Adenauer-SerieSo kam Konrad Adenauer in Köln zu Geld
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Köln – Vor 100 Jahren wurde Konrad Adenauer zum Oberbürgermeister von Köln gewählt, vor 50 Jahren starb der erste Kanzler der Bundesrepublik. Im Jubiläumsjahr beschreibt Anselm Weyer in einer Rundschau-Serie Adenauers Leben und Wirken in Köln.
Ohne Testament verstarb Konrad Adenauer 1967 – dabei hätte sich ein letzter Wille bei der Verteilung seines Vermögens durchaus gelohnt. Am Ende seines Lebens hatte er überschaubare private Ausgaben, so dass er seine Bezüge zuerst als Bundeskanzler, nach seinem Rücktritt als Mitglied des Bundestags und vor allem die Einkünfte aus seinen mehrbändigen Erinnerungen in Bundesanleihen anlegen konnte.
Familie Adenauer war finanziell nicht auf Rosen gebettet
Seine autobiografischen Schriften beginnen mit dem Jahr 1945, so dass die Geschichte, wie er mit seinem guten Namen seine ersten 30.000 Mark verdiente, dort nicht nachzulesen ist. An seine ersten Einkünfte erinnern aber bis heute zwei Kölner Glocken.
1958 stiftete Bundeskanzler Adenauer die kleinste Glocke des Geläutes von St. Mauritius, die heute noch erklingt. Er tat das in Erinnerung daran, dass er hier am 25. Januar 1876 auf den Namen Conrad Hermann Joseph getauft wurde, womit er seiner Familie 30.000 Mark einbringen sollte. Familie Adenauer war finanziell nicht auf Rosen gebettet, als der invalide ehemalige Soldat Johann Conrad Adenauer, der sich hochgearbeitet hatte zum Appellationsgerichtssekretär, am 5. Januar 1876 zum dritten Mal Vater wurde.
Zur Aufbesserung der Haushaltskasse holten sich die Adenauers Untermieter in ihr Mietshaus in der Balduinstraße 6. Die ersten Söhne hatten die Namen August und Johannes bekommen. Als nun das Neugeborene getauft werden sollte, fand man einen Paten in den eigenen vier Wänden: Conrad Hermann Joseph Tonger, praktischerweise ein Junggeselle ohne eigene Nachkommen.
Conrad Hermann Joseph Adenauer erhielt also bei der Taufe von seinem Patenonkel dessen drei Vornamen und eine goldene Uhr, die sich bis zum Tod in seinem Besitz befand. Und als Tonger kurze Zeit später verstarb, vermachte er der Familie sein gesamtes Vermögen von 30.000 Mark – sozusagen 10.000 Mark pro weitergegebenem Vornamen. Zum Vergleich: Ein Lehrer verdiente damals bis zu 2000 Mark im Jahr.
Summe sollte in die Ausbildung der drei Adenauer-Söhne gestellt werden
Investiert werden sollte diese Summe in die Ausbildung der drei Adenauer-Söhne – aber leider wurde das Geld wenig glücklich angelegt, so dass Conrad wegen zu geringer finanzieller Mittel statt eines Jura-Studiums eine Banklehre begann, bevor dann doch die Stadt mit einem jährlichen Stipendium über 400 Mark half. Nach dem in kürzester Zeit absolvierten Studium stand Konrad Adenauer ab 1897 eine fünfjährige Zeit als Referendar bevor – ohne Einkünfte.
Der Vater musste sich schriftlich verpflichten, dass er ihm einen standesgemäßen Unterhalt zur Verfügung stellt. Konrad zog zurück zur inzwischen in der Lütticher Straße 37 wohnhaften Familie. Nur weil er einen erkrankten Staatsanwalt vertreten durfte, hatte er als 26-jähriger erstmals eigene Einkünfte vorzuweisen – abgesehen von Einnahmen durch Nachhilfestunden.
Dann aber heiratete Konrad Adenauer 1904 die überaus wohlhabende Emma Weyer und wurde 1906 Dezernent der Stadt mit einem für die damalige Zeit durchaus ansehnlichen Jahresgehalt von zunächst 7000 jährlich – etwa das Doppelte des väterlichen Verdienstes. Das junge Ehepaar wohnte zunächst im ersten Stock der Klosterstraße 70, mietete dann eine repräsentative Villa in der Friedrich-Schmidt-Straße 4, Dienstmädchen, Köchin, Gärtner und anderes Personal inklusive.
1909 stieg Adenauer auf zum Ersten Beigeordneten und somit Stellvertreter seines angeheirateten Onkels, des Oberbürgermeisters Max Wallraf, Jahresgehalt: Zunächst 15 000 Mark, später wurde die Summe noch beträchtlich erhöht. 1917 schließlich wurde Konrad Adenauer selbst Oberbürgermeister, wobei er beachtliche Erfolge verantwortete, die Köln bis heute prägen.
Die Stellung hatte zum einen durchaus Prestige für den aufstrebenden Politiker. Zudem aber war sie auch einträglich. „Gelegentlich habe ich auch schon Engländern gesagt, dass die englische Königskrone einmal in Köln verpfändet gewesen sei“, illustrierte Adenauer später gerne den traditionellen Grad Kölner Wohlstands, den Adenauer jedoch kurzfristig minderte: Am erzwungenen Ende seiner Amtszeit als Oberbürgermeister hatte er Köln mit seinen ehrgeizigen Projekten zur am höchsten verschuldeten deutschen Großstadt der Weimarer Republik gemacht.
Villenerweiterung zahlte die Stadt
Nicht wirklich ins Gewicht fiel hierbei die eigene Bezahlung, wenngleich diese beträchtlich war. Inklusive der mit dem Amt verbundenen Aufsichtsratsposten waren Adenauers Bezüge, 30.000 Mark plus 12.000 Mark Dienstaufwandsentschädigung, doppelt so hoch wie die des Reichspräsidenten von Hindenburg. Hinzu kamen besondere Vergünstigungen.
Beispielsweise war die Stadt Köln so gut, das Nachbargrundstück der Max-Bruch-Straße 6, Adenauers 1911 erworbenes Domizil, zu kaufen, um es ihm zunächst zu verpachten und anschließend zu günstigen Konditionen zu verkaufen. Auf dieses Grundstück baute er eine Erweiterung seiner Villa, wofür er von der Stadt wiederum einen Ausgleich für die entstandenen Baukosten erhielt. Er als Oberbürgermeister und Repräsentant der Stadt habe, so argumentierte Adenauer, einen Anspruch auf eine repräsentative Dienstvilla. Würde die Stadt ihm eine solche stellen, so wäre dies mit Kosten verbunden, die er, Adenauer, der Stadt erspare, indem er sein Haus zur Verfügung stelle.
Wieder war der Reichtum nicht von Dauer. Adenauer spekulierte mit Aktien, die im Zuge der Weltwirtschaftskrise ab 1927 beträchtlich an Wert verloren, weshalb er bald Schulden bei der Deutschen Bank hatte – delikat, weil Adenauer zu diesem Zeitpunkt im Aufsichtsrat der Deutschen Bank saß. Auch die Machtergreifung der Nationalsozialisten schadete seinen Einkünften empfindlich. Fürderhin war er in finanziellen Fragen konservativer und investierte lieber in sein Haus in Rhöndorf. Seine Verbundenheit und seinen Dank an die Stadt Köln drückte Adenauer aber 1958 aus, indem er dem Glockenspiel im Rathausturm die größte der 45 Glocken stiftete, die noch heute erklingt.