Kölner Serie „Häuser mit Historie“In der Bahndirektion fanden einst 1000 Beamte Platz
- Alles außer dem Dom: In unserer Serie „Häuser mit Historie“ stellt Anselm Weyer Bauten in Köln, ihre Geschichte und ihre Nutzungen vor.
- Die Eisenbahndirektion am Rheinufer bot Anfang 20. Jahrhunderts 1000 Beamten Platz.
Köln – Klassizistische Schlösser nahm sich die Königliche Eisenbahndirektion zum Vorbild. Und die Maße des Neubaus rechtfertigten ohne Frage großes Denken. Immerhin sollten an herausgehobener Stelle 118 Meter des Rheinpanoramas bebaut werden, gerahmt von St. Kunibert und Kölner Dom. Königlich wie der Bau war auch die Einweihungsfeier, die am Samstag, dem 29. März 1913, begann und zwei Tage dauerte. Dabei sollte alles eigentlich viel bescheidener ausfallen.
Die Eisenbahn als von Preußen verstaatlichtes Unternehmen hatte durch die Zusammenlegung verschiedener Streckennetze und den wachsenden Schienenverkehr einen großen Raumbedarf für die schließlich etwa 1000 Beamten ihrer Zentrale. Das führte 1904 zu Neubauplänen. Als auf hohem bossiertem Sockel freistehender, breitgelagerter Vierkantbau mit 29 Achsen und Werksteinfassade entwarf der Königliche Landbauinspektor Carl Biecker mit Unterstützung von Heinrich Kayser und Martin Kießling in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hauptbahnhof die Bahndirektion am Rheinufer, das damals noch Kaiser-Friedrich-Ufer hieß. Innen gab es fünf Lichthöfe, von denen drei kleinere nur zur Beleuchtung der Flure und Treppen dienten, während an den beiden größeren auch Büroräume lagen.
Ein Geschenk an die Stadt
„Bei der äußeren Gestaltung der Gebäude ist ihr Charakter als Geschäftsgebäude gewahrt, der hervorragenden Lage Rechnung getragen“, verteidigte Eisenbahndirektionspräsident Friedrich Martini in seiner Rede zur Einweihung das prunkvolle Erscheinungsbild. „Der Hauptbau ist in seinen Umrisslinien möglichst einfach gehalten, ohne besondere Giebel und Türme, mit Rücksicht auf das bereits turmreiche Städtebild. Nur der Mittelbau ist durch eine mächtige Säulenstellung ausgezeichnet worden, um die Fassade nicht einförmig wirken zu lassen.“ Quasi als optisches Geschenk der Eisenbahn an die Stadt wird also der Mittelrisalit mit Eingangsportikus durch zehn freistehende Säulen strukturiert, was nicht nur in der Fassadengliederung durch Pilaster am Rest des Gebäudes fortgeführt wurde, sondern auch fast schon notgedrungen zu Anpassungen in der Innenarchitektur führte.
Das Buch zur Serie
Begleitend zur Serie ist der Architekturführer Köln erschienen. Anselm Weyer erläutert auf 400 Seiten die Baugeschichte der Stadt von der Römerzeit bis zur Gegenwart, markiert neue Entwicklungen, zeigt Widersprüche zwischen Tradition und Modern auf und erzählt, wie in der Serie, lesenswerte Baugeschichte(n). Das Buch ist im Shop der Rundschau zu haben.
Anselm Weyer: Architekturführer Köln, Dom-Publishers, 400 Seiten, 650 Abbildungen, 38 Euro. Erhältlich im Shop der Kölnischen Rundschau, Quincy, Breite Straße 80-90, 50667 Köln, Telefon: (0221) 56 79 93 03
Geplant worden sei der Eingangsbereich als schlichter Lichthof. Der zuständige Minister Paul von Breitenbach persönlich, übrigens bis 1906 selbst Präsident der Eisenbahndirektion in Köln, sei es gewesen, so verrät Präsident Martini, der „bei einer gelegentlichen Besichtigung des Neubaues die Verbesserung der Eingangsräume anordnete, um sie mit den draußen stehenden Säulen besser in Einklang zu bringen“.
Direkt neben die Direktion, mit einer Brücke über die Servasgasse miteinander verbunden, entstand zeitgleich das Verwaltungs- und Dienstwohnungsgebäude, in welchem sich auch das Domizil des Präsidenten der Eisenbahndirektion befand. Der ursprünglich zweigeschossige Bau glänzt angesichts des Mittelrisalits und einem Seitenrisalit sowie einem Nordportal mit Balkon am Nordflügel ebenfalls nicht sonderlich durch Bescheidenheit. Auch dies interpretierte Eisenbahndirektionspräsident Friedrich Martini als Zugeständnis an die Nachbarschaft, indem das Bauwerk „mit seiner etwas reicheren Gliederung den Übergang zu den anschließenden Villen des Kaiser-Friedrich-Ufers“ aufnehme.
Als nach dem Zweiten Krieg die Direktion der Bundesbahn einzog, ersetzte zunächst ein flachgedecktes Dachgeschoss das zerstörte Mansardgeschoss mit hohem Walmdach. Nachdem die Bahn wiederum 2001 auszog, stand das Gebäude abgesehen von punktueller Nutzung für Feiern oder Messen leer. 2011 wechselte es den Besitzer, der es komplett entkernte, sodass nur noch die Sandsteinfassade stehen blieb und dahinter ein achtgeschossiger Neubau entstand. Allein die denkmalgeschützten Teile des Innenlebens, also die historische Eingangshalle samt Ausstattung – schmiedeeiserne Eingangstüren, Mosaikböden und vieles mehr – wurde zeitweise eingelagert und später wieder integriert.
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In Anlehnung an die historische Dachgestaltung wurden terrassenartige Staffelgeschosse hinzugefügt, die von horizontalen Stahllamellen umhüllt sind. Während die Fassaden der Nord-, Süd- und Ostseite komplett restauriert sind, wurde die Westseite aus den 1950er Jahren nicht für erhaltenswert befunden – abgesehen von einem historischen Portal, welches in den Neubau integriert wurde. Ankermieter ist seit Wiedereinweihung im Jahr 2016 die Agentur der Europäischen Union für Flugsicherheit.
Königliche Eisenbahndirektion Cöln Konrad-Adenauer-Ufer 3 Carl Biecker, Heinrich Kayser, Martin Kießling /Arge kadawittfeldarchitektur gmbh, architekturbüro graf & graf, 1906–1913/2016 (Umbau)