Serie „Häuser mit Historie“Dieses Gebäude gab dem Appellhofplatz in Köln seinen Namen
Köln – Alle Gebäude in Köln haben eine Hausnummer, sogar der Kölner Dom – alle Gebäude bis auf das Appellationsgericht. Dieses Gebäude war so bekannt, dass die Ortsbezeichnung „Appellhofplatz“ auszureichen schien. Der erste Bau des Rheinischen Appellationsgerichtshofs zu Köln geht direkt auf den Wiener Kongress zurück, als die Preußen das Rheinland zugesprochen bekamen. Als besonderes Privileg gewährte damals Friedrich Wilhelm III. dem Rheinland und mit ihm der ehemaligen Reichsstadt Köln, den von den Franzosen eingeführten Code Napoléon als Rechtsstandard behalten zu dürfen. Der Preußenkönig sah es aber andererseits überhaupt nicht ein, dass dieses Entgegenkommen ihn irgendetwas kosten durfte. Somit konnte Köln im Wettkampf mit Düsseldorf darum, wo das entsprechende Gerichtsgebäude stehen sollte, damit entscheidend punkten, dass es anbot, sämtliche Baukosten selbst zu tragen. „Vom 1. September ab“, so hieß es in einer Anordnung aus Berlin vom 21. Juni 1819, „übt der Rheinische Appellationsgerichtshof zu Köln die Gerichtsbarkeit aus, welche den Appellationshöfen zu Düsseldorf, Köln und Trier zustand.“
Grundsteinlegung im Jahr 1824
Am 11. Februar 1824 wurde der Grundstein für das von Stadtbaumeister Johann Peter Weyer entworfene Gerichtsgebäude gelegt, wo ehemals der Weingarten des Mariengartenklosters war, also in der Mariengartenstraße. Eingeweiht wurde der Appellationsgerichtshof dann am 6. November 1826, wobei sich bald als Name des Platzes beim südlichen Gebäudeeingang die Bezeichnung „Appellhofplatz“ einbürgerte.
Ein Grund: Etliche Auswärtige werden nach dem Weg gefragt haben – schließlich war hier die Berufungsinstanz für Klagen von Saarbrücken bis nach Kleve. Zudem wurden die Verhandlungen nicht mehr auf der bloßen Grundlage von Aktenaufnahmen geführt, sondern in Form von transparenten öffentlichen, mündlichen Verhandlungen. Deshalb erinnerte das Gebäude mit seinem halbkreisförmigen Grundriss auch an ein Amphitheater, das der ganzen Polis offen steht. Innen gab es fünf große Sitzungssäle, in denen interessierte Bürger den Verhandlungen beiwohnen durften. Zieht man nun noch hinzu, dass die Bevölkerung Kölns weiter stark wuchs und zudem die Reichsjustizgesetze von 1879 zu einer sprunghaften Zunahme der Gerichtsverfahren führten, kann es kaum verwundern, dass der Weyer-Gerichtsbau schnell zu klein wurde.
60 Jahre später am selben Platz neu gebaut
So wurde schon 1883, also kaum 60 Jahre später, an gleicher Stelle wieder neu gebaut, nur wesentlich größer. Ursprünglich sollte hierbei nur der nördliche Teil des alten Gebäudes abgerissen werden. Schon während aber von 1883 bis September 1887 ein neuer Gebäudetrakt nach Plänen des damaligen Regierungsbaumeisters Paul Thoemer entstand, entschied man sich für einen kompletten Neubau, zu dem auch Regierungsbaurat Rudolf Mönnich beitrug. Abriss und Neubau erfolgten im laufenden Betrieb – und erfuhren diesmal sogar finanzielle Unterstützung vom Kaiser. Das neue dreigeschossige Gebäude mit Satteldach folgt in seinem Südteil ungefähr dem halbkreisförmigen Grundriss des Vorgängerbaus, allerdings in Form eines zweistufig vorspringenden Mitteltraktes.
Auch ansonsten versuchten die Architekten, die Offenheit des Vorgängerbaus möglichst weiterzuführen, wenngleich ein Gebäuderiegel den Halbkreis gen Norden abschloss. Dafür gibt es immer noch etliche Eingänge, neben den Haupteingängen im Norden und Süden zwei, inzwischen geschlossene, Nebeneingänge, zudem direkten Zugang zu den Treppenhäusern, die zu den Sitzungssälen führen. Der offene Platz ist in einen Innenhof umgewandelt, der mittels ursprünglich zweier Durchfahrten zugänglich war.
Serie „Häuser mit Historie“
Viel mehr als der Dom: In unserer Serie „Häuser mit Historie“ stellt Anselm Weyer Bauten in Köln vor, ihre Geschichte und ihre Nutzungen. Das Appellationsgericht – eine bekannte Adresse weit über Köln hinaus.
„Das neue Justizgebäude oder, wie die Festschrift es weniger geschmackvoll nennt, das 'Geschäftshaus für die Gerichtsbehörden in Köln' darf als eines der hervorragendsten und schönsten Bauwerke bezeichnet werden, welche in den letzten Dezennien in Köln geschaffen worden sind“, jubelte der Kölner Local-Anzeiger zur Eröffnung am Samstag, dem 8. Juli 1893. „Die äußere Erscheinung desselben mit seinen ragenden Dächern und weitschauenden Giebeln lehnt sich an die dem Mittelalter entnommene Bauweise der deutschen Renaissance an. Reicherer Schmuck zeichnet nur die Portale des nördlichen Teiles aus, von denen das mittlere durch hermenartige Figuren der urteilsprechenden und ausübenden Gerichtsbarkeit, durch die Köpfe eines Germanen und eines Römers, welche die Schlusssteine der seitlichen Öffnungen bilden.“ Am eindrucksvollsten sei jedoch der südlichste Vorsprung gestaltet, „wo die mächtigen Lichtöffnungen des Schwurgerichtssaales und der hohe Aufbau des von lebhafter Architektur getragenen dreiteiligen Giebels zu bedeutsamer Wirkung sich vereinigen.“
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Schon am Eröffnungstag war die Arbeitsbelastung des Gerichts bereits abermals so gewachsen, dass bei Einweihung das Gebäude schon wieder zu klein war. Deshalb musste das Oberlandesgericht Köln im Oktober 1911 in einen von Paul Thoemer entworfenen Neubau am Reichenspergerplatz umziehen. Der Zweite Weltkrieg verschonte das Gebäude, in dem während der Herrschaft der Nationalsozialisten sogenannte Sondergerichte Todesurteile aussprachen, nicht. Es wurde schon 1945 stark vereinfacht wieder aufgebaut. Im Jahr 1995 erfolgten zwei Anbauten im Innenhof.
Appellationsgerichtshof Appellhofplatz Paul Thoemer, Rudolf Mönnich 1883–1893