Kölner FernsehturmWarum ist der Colonius eigentlich kein Denkmal?
- Das Denkmal-Fördergeld hilft anderen Städten bei der Sanierung der Fernsehtürme.
- In Köln wird das Geld nicht abgeschöpft, der Turm bleibt weitgehend ungenutzt.
- Dabei ließe sich allerhand machen: Restaurant, Besucherplattform - das zeigt nicht zuletzt der Blick in andere Städte.
Köln – In drei Jahren soll es soweit sein, nach mehr als 20 Jahren soll der Hamburger Fernsehturm wieder seine Besucherplattform öffnen. Die neuen Betreiber haben im Juni ihre Pläne für eine Aussichtsplattform mit Restaurant vorgestellt, sprechen vom Hamburger Wahrzeichen, vom Publikumsmagneten.
Doch vorher muss der Fernsehturm von 1968 saniert werden, das kostet viel Geld, rund 37 Millionen Euro. Die Hälfte zahlt die Stadt Hamburg, die andere der Bund – denn der Fernsehturm ist ein Denkmal, erhält Geld aus diesem Fördertopf. Auch in Dresden, Frankfurt am Main und Schwerin sollen die Türme wieder öffnen, dort übernimmt der Bund bis zu 50 Prozent – in Köln nicht. Denn der „Colonius“ steht nicht unter Denkmalschutz, die Fördergelder kommen nicht infrage.
Besitzer: „Denkmalschutz wäre nicht nachteilig“
Der Turm gehört der Deutschen Funkturm GmbH (DFMG), seit Ende der 90er-Jahre ist er für die Öffentlichkeit geschlossen. Bevor ein möglicher Betreiber gefunden wird, müsste geklärt werden, wer den Turm saniert, damit Besucher hoch dürfen – es geht vor allem um den Brandschutz. Wie viel das kostet, ist unklar, der Stadtrat hat auf Drängen der Ratsgruppe Gut die DFMG mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt. Ein Ergebnis liegt noch nicht vor.
Könnte der Denkmalschutz ein Weg sein, den „Colonius“ zu sanieren und einen Betreiber zu finden? Es geht um viel Geld, in Dresden um rund 25 Millionen Euro, 12,8 Millionen Euro trägt der Bund, die andere Hälfte Land und Stadt. In Frankfurt sind es 48 Millionen Euro, 24 Millionen Euro würde der Bund zahlen. DFMG-Sprecher Benedikt Albers sagt: „Dieses Modell ist so nicht eins zu eins auf Köln übertragbar.“ Aber: „Der Denkmalschutz wäre sicher nicht nachteilig für ein solches Projekt.“ Auf die Frage, warum der „Colonius“ nicht unter Denkmalschutz stehe, sagt er: „Gute Frage.“
In Köln ist Stadtkonservator Thomas Werner für den Denkmalschutz zuständig, er sagt: „Ob der Kölner Fernsehturm in den Reigen der bereits unter Schutz stehenden Türme aufgenommen werden kann, ist fraglich. Auf Grund seiner Bauzeit und Fertigstellung von 1981 gehört er an das Ende der historischen und baukonstruktiven Entwicklung der Fernsehtürme.“ Die Türme in Schwerin (1964), Hamburg (1968), Dresden(1969) und Frankfurt (1979) stammten aus den 60er und 70er Jahren – der Frankfurter ist aber nur zwei Jahre älter als der Kölner.
Werner sagt: „Die Messlatte, ab wann ein Gegenstand (Gebäude) zum Denkmal deklariert wird, ist auf Grundlage des Denkmalschutzgesetzes zu recht sehr hoch angelegt.“ Der „Colonius“ sei weder innovativ in seiner Form wie der Turm am Berliner Alexanderplatz oder besonders konstruiert wie das Stuttgarter Exemplar. „Einzig und allein seine städtebauliche Qualität würde hier in Frage stehen, die allerdings durch ein umfassende fachliche Bewertung überprüft werden müsste. Eine solche ist nicht geplant; dementsprechend gibt es auch kein laufendes Verfahren hierzu.“
Vor allem der Blick nach Frankfurt lohnt sich: Erst im Oktober 2019 hatte das hessische Landesamt für Denkmalpflege den Fernsehturm zum Denkmal erklärt, schon im Monat darauf beschloss der Haushaltsausschuss des Bundestages, bis zu 50 Prozent der Sanierung zu bezahlen. Ist die zeitliche Nähe ein Zufall? Oder hat das Landesamt den Europaturm aus diesem Grund unter Denkmalschutz gestellt? „Das hat unsere Haltung nicht beeinflusst“, sagt eine Mitarbeiterin der Rundschau.
Bauwerke sind wieder en vogue
Es scheint, als sei der Schutz ein mögliches Vehikel, die teuren Sanierungen dieser Sonderbauten zu finanzieren. Allerdings hat Hessen ein anderes Verfahren beim Denkmalschutz als Nordrhein-Westfalen. In Hessen reicht es, wenn ein Bau die geforderten Kriterien erfüllt, dann gilt er als Denkmal und wird in die Liste eingetragen. In NRW braucht es dagegen einen förmlichen Verwaltungsakt, erst danach ist der Eintrag rechtswirksam. Die Mitarbeiterin des hessischen Landesamtes sagt: „Das geht bei uns etwas einfacher.“
Rund 500 Fernsehtürme stehen in Deutschland, die meisten sind im Besitz der Deutschen Funkturm. Eigentlich heißen sie Fernmeldetürme, doch im Alltag firmieren sie meist unter dem Begriff Fernsehturm. Die Bauwerke sind wieder en vogue, nachdem in den 90er-Jahren die Besucherzahlen zurückgegangen waren, auch in Köln. Zunächst schlossen Restaurant und Plattform zu Beginn der 90er-Jahre, am Ende des Jahrzehnts folgte das Aus für einzelne Events wie Silvester-Partys.
Interessenten für den Betrieb gab es immer wieder
Sprecher Albers sagt zum neuen Hype: „Viele Menschen möchten ihre Stadt (wieder) entdecken. Unsere Fernsehtürme prägen die Skylines vieler Städte. Die Menschen kennen die Türme – aber nur von außen. Somit sind sie Sehnsuchtsorte.“An möglichen Interessenten für den Betrieb des „Colonius“ fehlte es trotz des jahrelangen Stillstands nicht. „Es gibt immer mal wieder Ideen für eine Wiederbelebung des Colonius, jedoch noch keine mit einem nachhaltigen wirtschaftlichen Konzept“, sagt Albers. Jahrelang galt die Lage des „Colonius“ als Makel, Touristen kommen nicht zwangsläufig zu ihm. Im Gegensatz zum Berliner Fernsehturm oder dem Rheinturm in Düsseldorf liegt er abseits der üblichen Besucherpfade, das Laufpublikum fehlt. Mal eben hoch zum „Colonius“ nach dem Dom-Besuch? Eher umständlich.
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Aber selbst im Falle des Denkmalschutzes: Kann die Stadt Köln sich ihren möglichen Anteil an einer Sanierung überhaupt leisten, sie ächzte schon vor Corona unter ihren Schulden. Oder ist ein Fernsehturm ein einträgliches Aushängeschild, das Touristen anzieht? Den Berliner Fernsehturm etwa besuchen jährlich 1,2 Millionen Gäste – die Messlatte für Köln liegt hoch.