JubiläumVerein „Freie Volksbühne Köln“ feiert 100-jähriges Bestehen
Köln – „Die Kultur ist der öffentliche Raum, in dem die Werte unserer Gesellschaft verhandelt werden – deshalb haben Diktatoren Probleme mit der Kultur“, sagte Hans-Georg Bögner beim Festakt „100 Jahre Freie Volksbühne Köln“. Das Jubiläum wurde im Colonia-Haus gefeiert, das der Verein unter Bögners Vorsitz seit Mitte der 60er-Jahre besitzt. Besser bekannt ist die Adresse Aachener Straße 5 als früheres Millowitsch-Theater, inzwischen Spielstätte der Volksbühne am Rudolfplatz, die trotz der Namensähnlichkeit ein eigenständiges Unternehmen ist.
Vorbild war die erste Volksbühne in Berlin
Nach dem Vorbild der ersten Volksbühne in Berlin gründete sich die Institution in Köln am 24. April 1922. „Um das Korsett dramaturgischer Formen, der Zensur und engen gesellschaftlichen Erwartungen zu sprengen sowie neue Distributionswege für Kultur zu finden“, erklärte Iris Laufenberg, designierte Intendantin des Deutschen Theaters Berlin, in ihrer Festrede. „Volksbühnen speisen sich aus den Ideen einer vielfältigen Gesellschaft, sie sind am Puls der Zeit, und weisen, obwohl sie im Lokalen verankert sind, weit darüber hinaus“, fuhr die aus Köln stammende Theatermacherin fort.
In der Neuzeit kämpfen die Volksbühnen nun mit anderen Problemen als staatliche Zensur und fehlende kulturelle Bildungsmöglichkeiten für alle Bevölkerungsschichten. „Jetzt müssen Volksbühnen der kulturellen Entwöhnung entgegenwirken“, verdeutlichte NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. Einen Publikumsschwund bemerken Kulturschaffende jedoch nicht erst, seit wegen der Pandemie Theater geschlossen bleiben mussten oder nur vor einer begrenzten Anzahl Zuschauenden spielen durften. „Die Fast-Food-Kunst durch die elektronischen Medien nahm zu, doch bieten Streaming-Dienste und Gaming-Portale meistens wenig nahrhafte Marshmellows“, beschrieb Iris Laufenberg neue Herausforderungen.
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„Wir müssen in Zukunft wieder verstärkt für den Theaterbesuch werben“, bestätigte Hans-Georg Bögner. Der Kulturmanager sprach von „Aufbauarbeit“ nach den Verlusten durch die Pandemie, richtete seinen Dank aber gleichzeitig an die Kulturministerin für die Hilfsprogramme. „Kultur sollte allen offenstehen, das ist der Volksbühne ohne Zweifel gelungen“, würdigte Pfeiffer-Poensgen die Leistung des Vereins. Mit einem Wermutstropfen: „Öffentlich geförderte Angebote werden noch nicht so genutzt, wie wir es uns wünschen.“
Freie-Volksbühne-Geschäftsführerin Jutta Unger begrüßte die Festakt-Gäste auch zu einem Unterhaltungsprogramm mit Studierenden der Kölner Musikhochschule. Beliebte Evergreens aus Oper und Operette von der Zauberflöte über den Vogelhändler und die lustige Witwe bis zur Fledermaus sowie gesellschaftskritische Chansons boten die Sopranistinnen Anna Christin Sayn, Elena Plaza, der Tenor Maximilian Fieth, der Bariton Michael Terada und die Pianistin Yoshiko Terada frisch dar. Zum Schluss prosteten alle Fünf der Jubiläumsgesellschaft mit dem Trinklied „Im Feuerstrom der Reben“ von Johann Strauss fröhlich zu.