- Anne Lena Ritter (39) ist seit Mai 2020 Leiterin des Amtes für Schulentwicklung der Stadt Köln.
- Das Amt ist zuständig für rund 270 Kölner Schulen, ihre Ausstattung, Ganztagsversorgung und mehr.
- Die frühere Grundschulleiterin war zuvor Schulrätin.
Köln – Testen, Lüften, Maske tragen – das Corona-ABC im Schulalltag kennen die etwa 140 000 Kölner Schülerinnen und Schüler bereits. Nun geht es in die nächste Runde: Mittwoch startet das neue Schuljahr unter erschwerten Pandemie-Bedingungen mit Präsenzunterricht. 9658 Erstklässler haben an den städtischen Grundschulen ihren großen Tag.
„Es gibt viel zu tun. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“,so Anne Lena Ritter. „Die Gesamtstrategie hat sich im vergangenen Schuljahr unter Corona-Bedingungen bewährt mit Testen und Lüften.“ Sie wird ausgeweitet.
Der Schulverwaltung liegt sehr am Herzen, dass unter Beachtung bewährter AHA-Regeln das Bildungsangebot in Präsenz möglichst aufrecht erhalten wird. Die Belastungen für Familien und Schulen in Home-Schooling und Wechsel-Phasen waren groß.
Wie läuft die Teststrategie?
Mit zwei Tests die Woche geht es im neuen Schuljahr weiter. Das Land stellt Lollitests für Grund- und Förderschulen sowie Antigen-Schnelltests für die weiterführenden Schulen bereit. Das Selbsttestverfahren des Landes wird an weiterführenden Schulen durch die Lolli-Pool-Tests (PCR) der Kommune ergänzt. Für die Lollitests des Landes organisiert das Amt für Schulentwicklung die Logistik der 18 Routen vom Labor zu den Kölner Schulen und zurück. Die Universität zu Köln entwickelte das Pool-Modell , es machte landesweit Schule.
Diese leichter handhabbare und genauere PCR-Methode mit Wattelutschern darf jetzt auch anstelle von Antigen-Tests genutzt werden, so Ritter. „Die weiterführenden Schulen können entscheiden, welchen sie anwenden möchten. 50 Prozent nehmen das kommunale Angebot an.“ Für die ersten beiden Wochen nach den Ferien werden wöchentlich zwei Lolli-Testungen angeboten. Kurz vor den Ferien gab es unter 2000 Testbehältern nur zwei positive Pool-Fälle, bei der Nachtestung war je eine Einzelprobe davon positiv.
Wie sind die Quarantäne-Regeln? Wer muss bei einem positiven Test in der Schule mit in Quarantäne?
Das wird in Köln sehr differenziert betrachtet. Die Frage entscheidet sich auf der Grundlage der aktuellen Richtlinien des Robert-Koch-Instituts (RKI) zur Kontaktpersonen-Nachverfolgung, die auch vom Schul-Kita-Team der Stadt angewandt werden. Entscheidend dabei sind die Kriterien Abstand, Lüftung, das korrekte und durchgehende Tragen eines medizinischen Mundschutzes bzw. einer FFP2-Maske.
Das könnte Sie auch interessieren:
Diese werden in Gesprächen mit Schule, Lehrkräften und betroffenem Kind ermittelt. „So versucht das Gesundheitsamt, den Personenkreis einzuschränken, der für eine Quarantäne in Frage kommt“, erläutert Stadt-Pressesprecher Benedikt Mensing. Laut RKI-Richtlinien sind auch bei der Delta-Variante vollständig Geimpfte und Genesene als Kontaktpersonen von der Quarantäne ausgenommen, das gilt momentan auch für Schülerinnen und Schüler. Die Empfehlungen hängen vom Infektionsgeschehen ab und könnten sich auch wieder ändern.
Gibt es neue Impfaktionen?
Viele Lehrkräfte sind geimpft, auch einige Schüler über zwölf Jahren. Wobei es für unter Zwölfjährige noch keinen Impfstoff gibt. „Es ist sehr wichtig, dass sich Eltern impfen lassen“, betont Anne Lena Ritter, „damit Schulen noch sicherer werden.“ Neben bestehenden Angeboten prüft die Verwaltung Möglichkeiten, Impfungen an Schulen durchzuführen, etwa mit Impfbussen.
Kommen mehr Luftreinigungsgeräte zum Einsatz?
Regelmäßiges Lüften hat weiterhin oberste Priorität. Die Wirksamkeit von vielfach geforderten Luftreinigungsgeräten in Klassenräumen ist nicht eindeutig belegt. Das Land sehe derzeit laut Förderrichtlinien keinen flächendeckenden Einsatz vor, nur in minimal zu lüftenden Räumen. „Wir warten noch auf die genauen Förderbedingungen“, sagt Ritter.
Allerdings beschloss der Krisenstab der Stadt mit Blick auf die Delta-Variante ein Programm zur Beschaffung geeigneter Geräte für alle Schulen, die dies möchten, und erhöht den NRW-Standard. „Die Schulen können jetzt benennen, wie viele Geräte sie gern hätten.“ Es gibt ein zweistufiges Ausbauprogramm mit Ad hoc zu beschaffenden Geräten, etwa 300. Im zweiten Schritt sollen nach der Ausschreibung eines Rahmenvertrags mehr beschafft werden, rund 10 000 – aber erst ab Herbst. Die Verwaltung fragt gerade den Bedarf ab.
Nimmt die Digitalisierung weiter Fahrt auf?
Durch die Pandemie und Homeschooling erhielt die Digitalisierung einen Schub, wobei die Ausstattung sehr unterschiedlich ist und nicht überall ausreicht. Durch Landesmittel konnte die Zahl der iPads an Schulen verdreifacht werden. Sie können im Bedarfsfall ausgeliehen werden. „Aber wir haben keine Eins-zu-Eins-Ausstattung“, so die Amtsleiterin. „Wir erarbeiten gerade einen Medienentwicklungsplan, wie wir die Schulen künftig noch besser aufstellen können.“
Werden mehr Schulplätze geschaffen?
Neben der Pandemie ist die wohl größte Herausforderung der seit Jahren bestehende Schulplatzmangel und Schulbaunotstand. Dringend nötig wären zeitnah mindestens je drei Gesamtschulen und Gymnasien, mittelfristig über 50 neue Schulen. Schon jetzt platzen viele Bauten aus den Nähten, sie sind mit zusätzlichen „Mehrklassen“ als Behelfslösung an Kapazitätsgrenzen angelangt.
Im startenden Schuljahr eröffnet keine neue Schule, nächstes Jahr sind es zwei, darunter ein Gymnasium an der Aachener Straße in einem ehemaligen Bürobau. Ritter: „Ohne zusätzliche Anstrengungen können wir den wachsenden Bedarf nicht decken. Wir wünschen uns mehr Fortschritt und setzen auch auf neue Wege wie etwa Anmietungen und Interimsstandorte.“
Noch offen ist, wie das nächste Anmeldeverfahren für weiterführende Schulen gestaltet wird. Nach einer plötzlichen Änderung mit Wegfall des Zweitwunsches für Gymnasien gab es Elternproteste. Gespräche laufen.