Überstunden ohne Gegenleistung?Verdacht der Untreue bei Kölner Kulturdezernentin
Köln – Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Kölner Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach (60) sowie ihren früheren persönlichen Referenten und seine Nachfolgerin. Es geht um die Bezahlung von Überstunden in der Stadtverwaltung, die aber möglicherweise nicht geleistet worden sind. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft geprüft, ob ein Anfangsverdacht für Untreue und Beihilfe zur Untreue vorliegt. Nun steht fest: ja. Die Behörde veranlasst aktuell die Vernehmung von Zeugen. Die Fragen und Antworten.Worum geht es überhaupt?Um die Frage, ob im Kulturdezernat in zwei Fällen die Überstunden illegal pauschal abgerechnet worden sind. Haben Laugwitz-Aulbachs früherer persönlicher Referent sowie seine Nachfolgerin ihre Überstunden bezahlt bekommen, ohne sie geleistet zu haben? Und welchen Anteil daran hat Laugwitz-Aulbach als Chefin der rund 800 Mitarbeiter? Wichtig: Überstunden städtischer Beamter sind durch Freizeit auszugleichen, die Auszahlung ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn Freizeitausgleich nicht möglich ist.
Wie sah diese Lösung in der Praxis aus?
Laugwitz-Aulbachs früherer Referent beispielsweise wollte aus der Besoldungsstufe A13 in A14 aufsteigen, hatte aber nicht die Qualifikation. Laut seines Anwalts Christoph Arnold hat das städtische Personalamt ihm daraufhin vorgeschlagen, 20 Überstunden monatlich pauschal zu genehmigen und nicht einzeln. Arnold sagt: „Das war gelebte Praxis bei der Stadt.“ Darauf habe sein Mandant sich verlassen, die Stadt könne ihm nun schlecht Betrug vorwerfen, wenn sie die Lösung selbst präsentiert habe. Der Anwalt der aktuellen Referentin wollte sich wie die Stadt nicht äußern.
Verwaltung prüft Überstundenpraxis
4 weitere Fälle bei der Stadtverwaltung hatte die Staatsanwaltschaft untersucht. Wie berichtet, erkannte sie keinen Anfangsverdacht, es ging um die fehlende Genehmigung von bezahlten Überstunden.
In einem Prüfbericht hatte das Rechnungsprüfungsamt kritisiert, dass häufig die nötige Prüfung fehlte, ob Überstunden nötig sind. Es sei „nirgendwo ersichtlich“, auf welcher Grundlage die Dienststelle rechtssicher festgelegt habe, ob die gemeldeten Stunden hätten vergütet werden dürfen.
Deshalb hat die Stadt eine Gruppe gegründet, sie prüft alle Mehrarbeitsvergütungen. Bei Beamten ist die Bezahlung von Überstunden nur in Ausnahmen erlaubt, bei Beschäftigten ist es möglich. 2019 etwa gab es insgesamt 49 Beschäftigte, die insgesamt 342 800 Euro erhielten. Bis März will die Gruppe Resultate liefern. (mhe)
Was bedeutet das neue Ermittlungsverfahren?Jürgen Sauren, Kölner Anwalt für Strafrecht, sagte zum Schritt vom Prüf- zum Ermittlungsverfahren: „Es müssen konkrete Tatsachen für einen strafrechtlich relevanten Verdacht vorliegen und nicht nur vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen. Die reichen nicht aus.“Was sagt Laugwitz-Aulbach zu den Ermittlungen?Ihr Anwalt Christoph Jarno Burghoff teilte mit: „Unsere Mandantin sieht den Ermittlungen nach wie vor gelassen entgegen. Sie hat sich nichts vorzuwerfen, sondern hat ordnungsgemäß gehandelt.“
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Wie rechtfertigt sich die Kulturdezernentin?Burghoff sagte: „Unsere Mandantin hat einer Auszahlung von Überstunden zugestimmt, weil sie darauf vertraute, dass der Referent – wie er es versichert hat – zusammen mit der Personalentwicklung, mit der der Referent dies alleine besprochen hat, eine tragfähige und zulässige Regelung gefunden hat.“ Zudem wusste die Dezernentin, dass ihr Referent die 20 Überstunden auch leistet und damit nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden vergütet wurde. „Unsere Mandantin vertraute darauf, dass insbesondere das Personalamt und das Rechnungsprüfungsamt, die jeweils mit der entsprechenden juristischen Kompetenz ausgestattet sind, diesen Vorgang ebenfalls prüfen.“ Die Dezernentin habe monatlich vorab entsprechende Stellen informiert, ohne Beanstandung. Laut Burghoff ist die damalige Dienstanweisung nicht eindeutig, dass Beamte in Ausnahmen nicht doch bezahlt werden dürfen.Wie kam es zu dem Verfahren?Das städtische Rechnungsprüfungsamt monierte die Praxis und schaltete das Landeskriminalamt ein, das wiederum an die Staatsanwaltschaft übergab. Was heißt das für Laugwitz-Aulbachs Zukunft?Auf die Frage, ob sie für die Dauer des Verfahrens ihr Amt ruhen lasse, sagte Burghoff: „Unsere Mandantin hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Daher stellt sich diese Frage für sie nicht.“ Die Kulturdezernentin geht in das letzte Jahr ihrer achtjährigen Amtszeit, am 1. September 2013 hatte sie in Köln angefangen. Sechs Monate vor der Wahl muss der Rat ihr mitteilen, ob sie eine weitere Amtszeit bleiben soll. Das wäre im März/April. Eine Verlängerung scheint ausgeschlossen, schon 2017 wollten CDU, Grüne und FDP sie abwählen, weil die Sanierung der Kulturbauten schlecht lief. Doch das Trio hatte nicht die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Rat.
Das Ermittlungsverfahren gegen die damalige Kölner Kulturdezernentin Laugwitz-Aulbach wegen des Verdachts der Untreue wurde von der Staatsanwaltschaft Köln am 27.01.2023 mit Zustimmung des Amtsgerichts Köln gemäß § 153 Absatz 1 StPO eingestellt.