Nach den Hinweisen auf einen Terroranschlag bleibt es rund um den Dom friedlich. Die Polizei spricht von einer "normalen" Silvesternacht.
Silvester in KölnSo erlebte die Stadt den Jahreswechsel - zwischen Terrorwarnung und Partylaune
Es ist ein für viele Kölnerinnen und Kölner beunruhigender Kontrast, der in der Silvesternacht rund um den Kölner Dom zu beobachten ist. Auf der einen Seite diejenigen, die voller Vorfreude das neue Jahr erwarten. Feiernde, die vermeintlich unbekümmert in der Kölner Altstadt unterwegs sind oder in den anliegenden Clubs und Bars feiern. Auf der anderen Seite die vielen Polizisten: teilweise schwer bewaffnet, ausgestattet mit Maschinenpistolen und schusssicheren Westen stehen sie vor der Kathedrale. Vorbereitet auf Anschläge aller Art sind sie, so heißt es noch am Freitag im Kölner Polizeipräsidium. Nicht jeder, der am Sonntag am Hauptbahnhof von außerhalb anreist, hat mitbekommen, warum sich am Dom ein solches Bild bietet. „Wir haben gar nichts mitbekommen, deswegen haben mich die Sicherheitsmaßnahmen verwundert, als wir hier angekommen sind“, sagt ein Ehepaar aus Schwelm bei Wuppertal.
Nach den Hinweisen auf einen islamistischen Terroranschlag, die die Stadt an Heiligabend erreichten, erhöhte die Polizei die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Kölner Dom schon an den Weihnachtstagen. In der Silvesternacht sind gut 1000 Beamte in Köln unterwegs, große Teile davon direkt am Dom. Nachdem neue Hinweise in der Nacht zu Sonntag offenlegen, dass ein Pkw eine Rolle bei einem möglichen Anschlag spielen sollte, verstärkt die Polizei ihr Aufgebot erneut. Sicherheitskräfte durchkämmen das Parkhaus unter dem Dom mit Spürhunden und überwachen seit dem Morgen Ein- und Ausfahrt. In Duisburg, Herne und Nörvenich im Kreis Düren setzt die Polizei drei Kontaktpersonen des 30-Jährigen Tadschiken fest, den die Beamten schon an den Weihnachtstagen aus dem Verkehr gezogen hatten. In Bochum nimmt die Polizei am Abend einen weiteren Mann in Gewahrsam.
Wie groß war oder ist die Gefahr wirklich? Wie nah stand Köln vor einem Terroranschlag? Fragen, die in dieser Nacht viele der Feiernden beschäftigen. Auch auf dem Bahnhofsvorplatz, der sich am Abend schnell füllt, sind die Anschlagshinweise das alles überschattende Thema. Während die einen über die Drohungen scherzen, machen sich andere ernsthafte Gedanken. „Es ist schon komisch, heute hier zu sein. Es ist anders als sonst“, findet ein Ehepaar aus Aachen. „Aber wir feiern jedes Jahr hier am Dom und wollten es uns auch in diesem Jahr nicht nehmen lassen.“ Der 18-jährige Ahmed, der mit seinen Freunden aus Afrika angereist ist und nichts von der Terrorwarnung wusste, macht sich keine Sorgen. „Ich denke, es ist sicher hier“, sagt er mit Blick auf die Maßnahmen der Polizei. Im Jahresabschlussgottesdienst im Dom dankt Rainer Maria Kardinal Woelki den Besuchern, dass sie trotz der besonderen Umstände den Weg in die Messe gefunden haben. Den Sicherheitskräften wünscht er eine ruhige und friedliche Nacht.
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Der Wunsch nach einer friedlichen Nacht geht ersten Erkenntnissen nach in Erfüllung „Einzelne Auseinandersetzungen oder Schlägereien im gewöhnlichen Bereich“ habe es gegeben, sagt ein Polizeisprecher. Vereinzelt habe es auch Verletzungen gegeben. Größere Vorfälle seien ausgeblieben. Es sei eine „normale“ Silvesternacht gewesen, teilt die Polizei am Montag mit. Insgesamt seien weniger Menschen als in den vergangenen Jahren unterwegs gewesen, die sich zudem schneller als vermutet wieder auf den Heimweg gemacht haben. Auch auf den Ringen blieb die Lage größtenteils friedlich. Auch Feuerwehr und Rettungsdienst erleben eine weitestgehend normale Silvesternacht (siehe Bilanz unten).
Insbesondere direkt am Dom bleibt es rund um den Jahreswechsel ruhig. Hier hat die Stadt eine Feuerwerksverbotszone eingerichtet. Nicht einmal Wunderkerzen dürfen die Besucher dort mit sich führen. Die meisten halten sich an das Verbot. Und das, obwohl die Kontrollen der über 300 von der Stadt beauftragten Sicherheitskräfte an den Schleusen teilweise ziemlich inkonsequent ausfallen. Der Ordnungsdienst trifft in der Verbotszone 27 ordnungsbehördliche Maßnahmen, in 21 Fällen stellen die Einsatzkräfte Material sicher, teilt die Stadt am Montag mit.
Ohrenbetäubend laut ist es schon lange vor Mitternacht wenige Meter entfernt am Rheinufer. Hier gilt zumindest das Böllerverbot, das die Stadt in diesem Jahr erstmals großflächig im Bereich zwischen Rhein und Ringen eingeführt hat: eine Reaktion auf die Auswüchse im vergangenen Jahr, als es im Rheingarten zu regelrechten Böllerschlachten kam. Ganz verschwunden sind sie zwar nicht, die Böller mit reiner Knallwirkung. Stark reduziert sind sie auf jeden Fall. Schon lange bevor das neue Jahr beginnt, häufen sich am gut gefüllten Rheinufer dumpfe Donnerschläge. Auch Feuerwerkskörper, die mehr als nur knallen können, haben ordentlich Wumms.
„Wir wollten dahin, wo das Feuerwerk am besten zu sehen ist“, sagt ein junger Vater, der mit seinen beiden Söhnen unter der Hohenzollernbrücke steht. „Dass es so voll wird, hätte ich nicht gedacht.“ Die Massen stauen sich unter anderem auch, weil Stadt und Polizei schon früh am Abend die Deutzer Brücke für Fußgänger sperrt. Diejenigen, die das Feuerwerk aus erhöhter Perspektive verfolgen wollen und abgewiesen werden, drängen Richtung Rheingarten. Als das neue Jahr beginnt, erreicht das Feuerwerk seinen Höhepunkt, eine große Rauchwolke legt sich über den Rhein. Nach gut einer halben Stunde ist der Großteil des farbenfrohen Spektakels vorbei, in Massen ziehen die Besucher wieder ab, deutlich schneller als die Polizei das nach den Vorfällen im vergangenen Jahr erwartet hätte. Anderswo feiern die Menschen bis in die frühen Morgenstunden weiter. Bis auf wenige Ausnahmen friedlich.
Silvester in Köln: Feuerwehr und Polizei ziehen erste Bilanz
807 Einsätze koordinierte die Leitstelle der Feuerwehr in der Silvesternacht. 177 davon waren Feuereinsätze, etwas mehr als im Vorjahr. „Glücklicherweise waren keine größeren Feuer zu verzeichnen“, teilte die Feuerwehr mit. 588 Mal wurde der Rettungsdienst alarmiert, ebenfalls etwas häufiger als im vergangenen Jahr. Die Feuerwehr sicherte das Stadtgebiet mit 40 zusätzlichen Einsatzfahrzeugen und verstärkte in der Nacht das Personal der Leitstelle. „Es gab keine Meldungen über Gewaltübergriffe an Einsatzkräfte oder Behinderungen von Einsätzen“, hieß es am Montag.
Bis in die frühen Morgenstunden erteilten Einsatzkräfte in Köln und Leverkusen 65 Platzverweise, nahmen 23 Personen in Gewahrsam und leiteten Strafermittlungen ein, unter anderem wegen Körperverletzung, sexueller Belästigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigung. In fünf Fällen wurden Einsatzkräfte mit pyrotechnischen Gegenständen angegriffen, blieben jedoch unverletzt. Nach dem Beschuss von Einsatzkräften mit Feuerwerkskörpern im Stadtteil Bocklemünd räumte die Polizei kurzfristig die Platzfläche im Görlinger Zentrum und nahm eine Frau über Nacht in Gewahrsam, weil sie sich der Personenfeststellung gewaltsam entzog.
Einsatzleiter Martin Lotz zog am Montag eine erste Bilanz: „Unsere Einsatzkonzeption ist aufgegangen. Durch starke Präsenz und das entschlossene Eingreifen unserer Polizistinnen und Polizisten ist es gelungen frühzeitig gegen Randalierer vorzugehen und Straftaten durch Personengruppen weitestgehend zu verhindern.“
„Nach dem Hinweis auf ein mögliches Anschlagsszenario für den Kölner Dom haben wir alles in unserer Macht Stehende getan, um die Bevölkerung zu schützen“, sagte der Kölner Polizeipräsident Johannes Hermanns. „Wir sind froh, dass wir in Köln ein friedliches Weihnachtsfest erlebt haben und die Menschen gemeinsam rund um den Dom auch mit verstärkten Schutzmaßnahmen Silvester feiern konnten.“